Weyl, Carl
Am 27. Dezember 1876 kam Carl Weyl in Bocholt zur Welt. Seine Eltern Samuel und Bertha Weyl, geborene Isaak, hatten 1872 geheiratet. Sein Vater stammte aus Haltern, seine Mutter aus Olfen bei Coesfeld. Sie hatten noch sechs weitere Kinder, die alle in Bocholt zur Welt kamen: Ernst (1873-1942), Julius (1874-1942), Rosa (1877-1942), Otto (1878-1932), Willi (1880-1938) und Anna (Aenne) (1888-1930).
Seiner Familie gehörte eine mechanische Weberei mit 450 Webstühlen. Sein Vater Samuel Weyl führte mit seinen Brüdern die Firma zunächst unter dem Namen „Weyl & Cohen“ und ab 1879 als „Weyl & Sohn“. Der Bocholter Firmensitz wurde später um eine Zweigstelle in (Wuppertal) Elberfeld erweitert. Carl Weyl erhielt eine kaufmännische Ausbildung, um später die elterliche Firma führen zu können.
Im April 1899 heiratete seine Schwester Rosa Weyl den Iserlohner Bankier Josef Löwenstein und zog zu ihm zunächst nach Iserlohn. Sein Bruder Julius, der studierter und promovierter Kinderarzt geworden war, heiratete 1907 Lilly Löwenstein aus Trier und zog mit seiner Frau nach Düsseldorf.
Am 26. März 1909 heiratete Carl Weyl in Iserlohn Elfriede Dalberg. Seine Frau, die im Familienkreis Elly genannt wurde, stammte aus Brilon, wo sie am 16. Mai 1886 zur Welt gekommen war. Die beiden lebten gemeinsam in Bocholt. Am 3. Juli 1912 kam ihr einziges Kind, die Tochter Erna, zur Welt.
Am 31. Dezember 1915 verstarb Carl Weyls Vater im Alter von 73 Jahren in Haltern. Die elterliche Fabrik wurde nun von Carl und seinen Brüdern und ihrer Mutter verwaltet. 1921 wurde die Weberei an die Firma Rudolf Karstadt, Berlin, verkauft. Vier Jahre später verstarb seine Mutter Bertha Weyl am 30. September 1925 in Olfen, Coesfeld. Sie wurde 75 Jahre alt.
Carl Weyl blieb zunächst mit seiner Familie in Bocholt in Friedenstraße 2 wohnen. Seine Schwester Aenne lebte mit ihrem Ehemann Otto Cosmann in Wuppertal und nach dem Tod ihres Mannes ab dem 6. August 1924 in Düsseldorf in der Lindemannstraße 35. Sie verstarb am 1. August 1930. Sein Bruder Otto Weyl lebte zuletzt in Wuppertal-Elberfeld. Er verstarb dort am 19. April 1932.
Carl Weyl wohnte seit dem 2. November 1933 in Düsseldorf. Er hatte das Haus seiner Schwester in der Lindemannstraße 35 geerbt. Das Haus war eigentlich ein Einfamilienhaus mit 18 Zimmern. Über die Jahre zogen aber noch andere jüdische Mieter dort ein. Am 1. Juni 1935 zog das Ehepaar Isidor und Berta Herz ein.
Währenddessen absolvierte seine Tochter Erna in Berlin eine Ausbildung zur Säuglingsschwester. Möglicherweise hatte Carls Bruder Julius sie zu dem Beruf inspiriert. Carls Schwester Rosa lebte mittlerweile ebenfalls mit ihrem Ehemann Josef Löwenstein in Düsseldorf. Sie wohnten in der Prinz-Georg-Straße 54. Sein Schwager verstarb am 13. März 1936 in Düsseldorf. Am 16. Juni 1936 zog seine verwitwete Schwester zu Verwandten nach Berlin-Wilmersdorf.
Am 28. September 1938 emigrierte seine Tochter Erna Weyl nach Amerika. Im November 1938 lebten neben Carl Weyl und seiner Frau noch das Ehepaar Isidor und Grete Herz sowie ab dem 2. Juni 1938 Eugen und Hermine Simson in seinem Haus. Während des Novemberpogroms 1938 wurde das Haus überfallen. In der Wohnung von Carl Weyl wurde besonders viel zerstört: wertvolle Gemälde wurden aus den Rahmen gerissen, Teppiche und Möbel auf die Straße geworfen. Carl Weyl wurde bei dem Überfall so schwer misshandelt, dass er am 28. Dezember 1938 seinen Verletzungen erlag. Rabbiner Dr. Eschelbacher schrieb in seinem Bericht über den Pogrom in Düsseldorf, dass Weyl so auf den Schädel geschlagen wurde, dass er wie tot liegen blieb. Carl Weyl wurde auf dem jüdischen Friedhof an der Ulmenstraße begraben.
Im Januar 1940 zog seine Witwe Elly Weyl aus dem Haus Lindemannstraße 35 in die Beethovenstraße 8. Etwa um die gleiche Zeit zogen alle anderen jüdischen Mietparteien aus. Vermutlich wurde das Haus in dieser Zeit (zwangs)verkauft. Seine Frau lebte in ihrer neuen Unterkunft noch etwa zwei Jahre. Sie beantragte einen Paß, um vermutlich zu ihrer Tochter nach Amerika auszuwandern. Aber es gelang nicht mehr rechtzeitig. Am 22. April 1942 wurde sie vom Güterbahnhof Düsseldorf Derendorf in das Ghetto Izbica deportiert und ermordet.