Gedenkbuch

Mager, Laja

Am 26. April 1895 kam Laja Mager (Magier) in Bedzin (manchmal auch Bendzin geschrieben) zur Welt. Die Stadt liegt etwa 65 km nordwestlich von Krakau und 10 km nordöstlich von Katowice im nordöstlichen Teil des Oberschlesischen Industriegebiets. In der Stadt gab es eine große jüdische Gemeinde.

Laja Mager heiratete den Kaufmann Leo Leib Kokotek (1893-1936). Am 24. März 1919 kam in Bedzin ihre Tochter Itla zur Welt. In den 1920er Jahren zogen sie nach Düsseldorf. Dort wohnten sie zunächst am Stufstock 13. Im nächsten Haus, Nummer 15, wohnte zu selben Zeit Josef Magier mit seiner Familie. Auch er wurde in Bedzin geboren. Möglicherweise war er ihr Bruder oder auf jeden Fall vermutlich ein enger Verwandter.

Am 6. Dezember 1923 wurden die Zwillinge Regina und Moritz in Düsseldorf geboren. Am 6. Oktober 1925 folgte schließlich der Sohn Bernhard. 1933 wohnte Laja Mager mit ihrer Familie in einer Wohnung am Hellweg 33. Im Düsseldorfer Adressbuch des Jahres 1933 wird der Beruf ihres Mannes Leo Kokotek mit „Händler“ und „Invalide“ verzeichnet. Im Jahr 1929 war er noch mit „Fabrikarbeiter“ angegeben worden. Möglicherweise hatte ihr Mann ja einen schweren Arbeitsunfall. Am 25. Mai 1936 verstarb ihr Mann im Alter von 42 Jahren. Mittlerweile wohnte die Familie in der Karlstraße 99 und ab dem 27. November 1936 in der Kurfürstenstraße 59.

Nach dem Tod ihres Mannes wurden die Namen aller Kinder in „Mager“ geändert. Im Hausbuch Kurfürstenstraße 59 wurde dazu vermerkt, dass Laja Mager und ihr Mann nicht standesamtlich verheiratet gewesen waren, sondern “nur” rituell religiös.

Die Witwe Laja Mager und ihre Familie wurden ein Opfer der Überfälle während des Novemberpogroms 1938. Da einige jüdische Familien im Haus wohnten, war das Erlebte sicherlich ein Schock. Im Jahr 1939 emigrierte Laja Mager mit ihren jüngeren Kindern nach Belgien. Sie galten mittlerweile als „staatenlos“. Nur ihre Tochter Itla Mager blieb in Düsseldorf. 

Obwohl sich Belgien zunächst als relativ sicherer Zufluchtsort für jüdische Flüchtlinge erwies, gab es in der belgischen Gesellschaft und Politik heftige Diskussionen über den Zustrom von Flüchtlingen. Eine Maßnahme der belgischen Regierung bestand darin, mehrere Lager für deren Unterbringung einzurichten. Ab Endes des Jahres 1938 wurden jüdische Flüchtlinge in Brüssel und Antwerpen gezielt in verschiedenen Zentren untergebracht. Der Alltag dort als jüdische Flüchtlinge war auf jeden Fall nicht leicht.

Als die deutsche Wehrmacht am 10. Mai 1940 in das neutrale Belgien einfiel, verhaftete die belgische Polizei Tausende von männlichen deutsch-jüdischen Flüchtlingen, und schob sie nach Südfrankreich ab, wo die meisten von ihnen in das Internierungslager Saint-Cyprien  eingewiesen wurden. Von dieser Maßnahme scheinen Laja Mager und ihre beiden Söhne verschont geblieben zu sein. Sie lebten weiterhin in Antwerpen. Dort verschlechterten sich aber kontinuierlich die Lebensbedingungen für Juden. Ab Juli 1941 wurde auch in Belgien „Jood/Juif“ in die Ausweisdokumente gestempelt. Im Juni 1942 wurde der „Judenstern“, der äußerlich sichtbar an der Kleidung angebracht werden musste, eingeführt. Ende Juli 1942 fanden die ersten Verhaftungsaktionen gegen die jüdische Bevölkerung statt.

Anfang August des Jahres 1942 begannen dann die Deportationen jüdischer Menschen aus Belgien. Am 15. August 1942 führten die Deutschen eine großflächige Razzia in der Stadt durch. Per Anweisung des Leiters des Antwerpener Judenreferats, SS-Oberscharführer Erich Holm, sperrten 50 belgische Polizisten und deutsche Kräfte bestimmte Straßen ab und durchsuchten die Häuser. Die erste Razzia wurde zwischen der Lange Kievitstraat, der Provinciestraat, der Somersstraat und der Van Immerseelstraat durchgeführt. Die letzte Adresse von Laja Mager und ihren Söhnen in Antwerpen war Somersstraat 38. Scheinbar wurden Laja Mager und ihr Sohn Bernhard bei dieser Razzia verhaftet. Zusammen mit den etwa 1000 Verhafteten wurden sie in das 25 km entfernte Durchgangslager Mechelen (Malines) gebracht und von dort am 18. August 1942 in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und ermordet. 

Ihr Sohn Moritz Mager wurde erst am 9. Oktober 1942 mit dem XIII. Transport deportiert. Möglicherweise hatte er sich am Tag der Razzia verstecken können. Auch er hat nicht überlebt. Der Verbleib seiner Zwillingsschwester Regina ist unklar. 

Autorin: Hildegard Jakobs, Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf