Gedenkbuch

Mager, Bernhard

Am 6. Oktober 1925 kam Bernhard Kokotek/Mager in Düsseldorf zur Welt. Seine Eltern waren Leo Leib Kokotek und Laja Magier (später Mager). Beide waren in Bedzin (manchmal auch Bendzin geschrieben) zur Welt gekommen. Die Stadt liegt etwa 65 km nordwestlich von Krakau und 10 km nordöstlich von Katowice im nordöstlichen Teil des Oberschlesischen Industriegebiets. In der Stadt gab es eine große jüdische Gemeinde. Am 24. März 1919 war noch in Bedzin seine älteste Schwester Itla geboren worden. In den 1920er Jahren war die Familie nach Düsseldorf gezogen. Dort wohnten sie zunächst am Stufstock 13. Im nächsten Haus Nr. 15 wohnte zu selben Zeit Josef Magier mit seiner Familie. Auch er wurde in Bedzin geboren. Möglicherweise war er ein enger Verwandter. Am 6. Dezember 1923 waren dann seine Zwillingsgeschwister Moritz und Regina in Düsseldorf zur Welt gekommen.

1933 wohnte Bernhard Kokotek mit seiner Familie in einer Wohnung am Hellweg 33. Im Düsseldorfer Adressbuch des Jahres 1933 wird der Beruf seines Vaters Leo Kokotek mit „Händler“ und „Invalide“ verzeichnet. Im Jahr 1929 war er noch mit „Fabrikarbeiter“ angegeben worden. Möglicherweise hatte sein Vater einen schweren Arbeitsunfall. Am 25. Mai 1936 verstarb sein Vater im Alter von 42 Jahren. Mittlerweile wohnte die Familie in der Karlstraße 99 und ab dem 27. November 1936 in der Kurfürstenstraße 59. Nach dem Tod seines Vaters wurde sein Nachname in „Mager“ geändert. Im Hausbuch Kurfürstenstraße 59 wurde dazu vermerkt, dass seine Eltern nicht standesamtlich verheiratet gewesen waren, sondern “nur” rituell religiös.

Bernhard Mager und seine Familie wurden ein Opfer der Überfälle während des Novemberpogroms 1938. Da einige jüdische Familien im Haus wohnten war das Erlebte sicherlich ein Schock. Im Jahr 1939 emigrierte Bernhard Mager mit seiner Mutter und den Geschwistern nach Belgien. Sie galten mittlerweile als „staatenlos“. Nur seine Schwester Itla Mager blieb in Düsseldorf.

Obwohl sich Belgien zunächst als relativ sicherer Zufluchtsort für jüdische Flüchtlinge erwies, gab es in der belgischen Gesellschaft und Politik heftige Diskussionen über den Zustrom von Flüchtlingen. Eine Maßnahme der belgischen Regierung bestand darin, mehrere Lager für deren Unterbringung einzurichten. Ab Endes des Jahres 1938 wurden jüdische Flüchtlinge in Brüssel und Antwerpen gezielt in verschiedenen Zentren untergebracht.

Als die deutsche Wehrmacht am 10. Mai 1940 in das neutrale Belgien einfiel, verhaftete die belgische Polizei Tausende von männlichen deutsch-jüdischen Flüchtlingen, und schob sie nach Südfrankreich ab, wo die meisten von ihnen in das Internierungslager Saint-Cyprien bei Perpignan eingewiesen wurden. Von dieser Maßnahme scheinen Bernhard Mager und seine Angehörigen verschont geblieben zu sein. Sie lebten weiterhin in Antwerpen. Dort verschlechtern sich kontinuierlich die Lebensbedingungen für Juden. Die letzte Adresse von Bernhard Mager und seiner Familie in Antwerpen war Somersstraat 38.

Ab Juli 1941 wurde auch in Belgien „Jood/Juif“ in die Ausweisdokumente gestempelt. Im Juni 1942 wurde der „Judenstern“, der äußerlich sichtbar an der Kleidung angebracht werden musste, eingeführt. Ende Juli 1942 fanden die ersten Verhaftungsaktionen gegen die jüdische Bevölkerung statt.

Anfang August des Jahres 1942 begannen die Deportationen jüdischer Menschen aus Belgien. Am 15. August 1942 führten die Deutschen eine große Razzia in der Stadt durch. Per Anweisung des Leiters des Antwerpener Judenreferats, SS-Oberscharführer Erich Holm, sperrten 50 belgische Polizisten und drei Offiziere Straßen ab und durchsuchten die Häuser. Die erste Razzia wurde zwischen der Lange Kievitstraat, der Provinciestraat, der Somersstraat und der Van Immerseelstraat durchgeführt. Scheinbar wurden seine Mutter Laja Mager und Bernhard bei dieser Razzia in der Wohnung in der Somersstraat 38 verhaftet. Sie wurden mit den etwa 1000 Verhafteten in das 25 km entfernte Durchgangslager Mechelen (Malines) gebracht und am 18. August 1942 in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort ermordet.

Sein Bruder Moritz Mager wurde erst am 10. Oktober 1942 aus dem Durchgangslager Mechelen mit dem XIII. Transport deportiert. Möglicherweise hatte er sich am Tag der Razzia außerhalb der Wohnung aufgehalten oder verstecken können. Doch in den folgenden zwei Monaten hatten noch viele Razzien und Verhaftungen stattgefunden. Am 10. Oktober 1942 verließen zwei Züge das Lager Mechelen. Insgesamt wurden dabei 1.673 Personen deportiert. Bei der Ankunft im Vernichtungslager Auschwitz am 12. Oktober 1942 wurden nur 28 Männer und 88 Frauen in das Lager aufgenommen, die übrigen wurden am gleichen Tag ermordet. Möglicherweise könnte Moritz Mager einer der 28 aufgenommenen Männer gewesen sein. Im Gedenkbuch der Bundesrepublik wird sein Todesort mit dem Zwangsarbeitslager Cosel verbunden. Auch er hat nicht überlebt. Der Verbleib seiner Schwester Regina ist unklar. Sie ist weder im Gedenkbuch der Bundesrepublik noch auf den vorliegenden Deportationslisten verzeichnet.

Autorin: Hildegard Jakobs, Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf