Gedenkbuch

Müller, Flora

geb. Kahn

Flora Müller  wurde als Flora Kahn am 18. Januar 1878 in Oberingelheim am Rhein geboren. Ihre Eltern Moritz und Sophie Kahn, geborene Mayer, hatten insgesamt neun Kinder, vorbei zwei im Kleinkindalter verstarben. Ihr Vater Moritz Kahn führte seit 1872 am Markt in Ingelheim ein Geschäft für Hüte und Schirme. Als er 1904 verstarb führten das Geschäft Floras Brüder Moritz Eugen Kahn (geboren 1872) und Wilhelm Kahn (geboren 1880) bis zur Pogromnacht 1938 weiter. 

Flora Kahn heiratete den Kaufmann Simon Müller. Ihr Mann war am 16. August 1878 in Herleshausen geboren worden. Zunächst wohnte das Paar in Neunkirchen an der Saar. Hier wurde am 18. Februar 1907 der Sohn Hans geboren. Am 22. November 1908 folgte der zweite Sohn Walter.

Am 16. Oktober 1909 zog Flora Müller mit ihrem Mann und den beiden Söhnen nach Düsseldorf. Zunächst bezogen sie eine Wohnung in der Scheurenstraße 26. Am 1910 kam in Düsseldorf die einzige Tochter Grete zur Welt. Danach wohnte die Familie lange Jahre im Haus Berger Allee 3. Simon und Flora Müller besaßen ein Herrenbekleidungsgeschäft in der Bolkerstraße 28a bis 30/32 in der Düsseldorfer Altstadt. 

Ihre Tochter Grete verlobte sich Silvester 1933. Zu diesem Zeitpunkt wohnte sie noch bei ihnen in der Berger Allee 3. Kurze Zeit später zog die Familie Müller in die Königsallee 38/40. Am 6. September 1936 zogen sie dann zusammen mit Grete und ihrem Mann Erich Süßkind in das Haus Stromstraße 4.

Am 22. Juli 1938 schickte ihr Mann Simon Müller an seine Kunden ein Schreiben: „Hiermit erlaube ich mir, Sie zum Besuch meines diesjährigen Sommer-Schluß-Verkaufs einzuladen. […] Es ist dies die letzte Einladung, da mein Geschäft in Kürze in andere Hände übergeht oder ausverkauft wird. […] Daß mir der Abschied von meinem schönen, volkstümlichen Geschäft, welches ich in jahrzehntelanger mühevoller Arbeit aufgebaut habe, schmerzlich ist, werden alle verstehen, die meine Firma kennen. Falls Sie wegen Mangel an Bedarf oder sonstwie verhindert sind zu kommen, sage ich Ihnen hiermit auf diesem Wege verbindlichen Dank und herzlichst Lebewohl, Ihnen alles Gute wünschend mit bester Empfehlung. S. Müller“.

In der Pogromnacht vom 10. November 1938 wurden die Geschäftsräume vollkommen demoliert, das Geschäft musste aufgegeben werden. Simon und Flora Müller zogen am 18. September 1939 nach Duisburg, wo Floras Bruder Eugen Kahn seit 1930 lebte. Ihre Tochter Grete hatte sich zusammen mit ihrem Mann am 10. Juni 1939 aus Düsseldorf nach Bolivien abmelden können.

Am 10. Dezember 1941 wurden Simon und Flora Müller über Düsseldorf ins Ghetto von Riga deportiert. Sie haben nicht überlebt.

Autorin: Hildegard Jakobs, Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf