Gedenkbuch

Winter, Bernhard

Bernard Winter kam am 14. Juli 1891 als Sohn von Ludwig Winter und Berta Winter, geborene Löb, in Bingen am Rhein zur Welt. Im Ersten Weltkrieg (1914-1918) diente Bernhard Winter als Soldat des Infanterie-Regiments 190 und erhielt für seinen Einsatz das Eiserne Kreuz II. Klasse.
Bernhard Winter arbeitete als Metzger. Er heiratete die ausgebildete Buchhalterin Emma Cahn. Sie kam am 15. August 1899 als Tochter von Jacob Cahn (1857-1909) und Henriette Cahn (1854-1929), geborene Harf, in Beckrath im Kreis Grevenbroich zur Welt. Seine Frau hatte noch neun weitere Geschwister.
Am 9. März 1932 kam seine Tochter Ruth Winter in Düsseldorf zur Welt. Die Familie wohnte in Düsseldorf in der Pinienstraße 52.

Am 30. Januar 1933 kamen die Nationalsozialisten an die Macht. Nachdem Bernhard Winter nicht mehr als Metzger arbeiten durfte, führte er gemeinsam mit seiner Frau Emma einen Milchladen in der Siemensstraße 52. Allerdings durfte er nur jüdische Kundschaft beliefern. Den Umstand, dass er überhaupt noch ein eignes Geschäft führen konnte, hatte er dem Kreisfachschaftsleiter Nohl zu „verdanken“, der ihn schützte.

Bernhard Winter, seine Frau und seine Tochter erlebten die Gewalt- und Zerstörungswelle der Pogromnacht vom 9./ 10. November 1938. Bernhard Winters Laden und die Wohnung in der Siemensstraße 52 wurden, bis auf das Schlafzimmer, zerstört. Den Lieferwagen, mit dem er seinen kleinen Kundenkreis noch beliefern konnte, wurde nach dem Überfall in Beschlag genommen. Nun war nicht nur der private Lebensmittelpunkt, sondern auch die einzig noch verbliebene Existenzgrundlage Bernhard Winters von den Nationalsozialisten zerstört worden. In einer Akte, die die Gestapo über ihn anfertigte, heißt es zum Berufsstand von Bernhard Winter, dass er „(Metzger) Milchhändler bis 31.10.38, dann erwerbslos [war].“

Der Familienvater wurde „im Zuge der Vergeltungsaktion“, wie es in der Gestapo Akte heißt, am 11. November 1938 festgenommen und am 16. Dezember 1938 ins Konzentrationslager Dachau „überführt“. Bernhard Winter wurde am 17. November 1938 als „Häftling“ mit der Nummer 29485 im Konzentrationslager registriert. Der jüdische Rechtsanwalt Dr. Max Mendel wand sich am 3. Dezember 1938 an die Gestapo Düsseldorf und beantragte die „Entlassung aus [der] Schutzhaft“. Dem Antrag wurde stattgegeben und Bernhard Winter wurde am 12. Dezember 1938 aus dem Konzentrationslager Dachau entlassen. Infolge seiner Inhaftierung versuchte er die Ausreise seiner Familie zu ermöglich, allerdings ohne Erfolg.
Am 17. November 1939 zogen Bernhard Winter und seine Familie von der Germaniastraße 28 in die vierte Etage des Wohnhauses im Fürstenwall 198. Bernhard Winter musste Zwangsarbeit in Düsseldorf leisten, sein dazu ausgestelltes Arbeitsbuch hatte die Nummer 169/248417. Zwei Jahre später, am 27. Oktober 1941, wurden Bernhard Winter, seine Frau Emma und die gemeinsame Tochter Ruth, die zu diesem Zeitpunkt neun Jahre alt war, ins Ghetto Litzmannstadt/Łódź deportiert. Als die Familie im Ghetto ankam, wurden sie der sogenannten „Kollektivunterkunft“, einer Sammelunterkunft des „Düsseldorfer Transports“, in einem ehemaligen Schulgebäude in der Fischstraße 15 zugeteilt. Dort mangelte es an lebensnotwendigen Ressourcen, Hygieneeinrichtungen und Sanitäranlagen.
Im Ghetto musste Bernhard Winter erneut Zwangsarbeit leisten. Dazu musste er sich am 14. Dezember 1941 zusammen mit anderen Fleischern beim Kommissar der Fleischzentrale des Ghettos melden. Am 29. April 1942 wurde mit der Bekanntmachung Nr. 380 angekündigt, dass Jüdinnen und Juden „aus dem Altreich, Luxemburg, Wien und Prag nach Litzmannstadt-Ghetto eingesiedelten Juden“ ausgesiedelt, d.h. deportiert werden sollten. Bernhard Winter und seine Familie erhielten eine „Ausreiseaufforderung“. Er konnte jedoch eine Rückstellung vom elften (XI) „Aussiedlungstransport“ am 14. Mai 1942 erreichen. Mitte Mai 1942 wurden die „Kollektivunterkünfte“ aufgelöst, sodass Bernhard Winter mit seiner Familie in die Wohnung 6 in der Hanseatenstraße 16 zog. Damit konnte die Familie zunächst im Ghetto bleiben.

Am 4. September 1942 wurde bekannt gegeben, dass die „Aussiedlung“ von Kindern unter zehn Jahren, Erwachsenen, die älter als 65 Jahre alt waren und „nicht arbeitsfähigen Personen“, geplant wurde. Bernhards Tochter Ruth war erst vor wenigen Monaten zehn Jahre alt geworden und somit vorerst „sicher“ vor einer Deportation, wie der Judenälteste Chaim Rumkowski den verängstigten Ghettobewohner- und Bewohnerinnen in einer Ansprache mitteilen musste.
Dennoch wurde Bernhard Winter im September 1942 gemeinsam mit 160 Personen aus dem „Düsseldorfer Kollektiv“ ins Vernichtungslager Chełmno (Kulmhof) deportiert und dort ermordet.

Nach seiner Ermordung zogen seine Frau und seine Tochter am 15. Dezember 1942 in die Wohnung 11 in der Hohensteinerstraße 42. Zwei Monate später, am 14. Februar 1943, verstarb seine Frau Emma Winter. Als offizielle Todesursache wurde „Lungentuberkulose“ in der „Abmeldung“ verzeichnet.
Seine Tochter Ruth Winter war nun Vollwaise und im Ghetto auf sich alleine gestellt. Sie wohnte seit dem 10. Dezember 1943 in der Wohnung 36 in der Steinmetzstraße 9. Am 19. Juni 1944, wurde seine Tochter in das Gefängnis des Ghettos eingesperrt. Dort musste sie vier Tage ausharren und wurde am 23. Juni 1944, mit dem Transport Nr. 211, in das Vernichtungslager Chełmno/Kulmhof gebracht. Dort wurde Ruth Winter am 24. Juni 1944 mit zwölf Jahren ermordet.

Autorinnen: Hildegard Jakobs, Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf und Maren Marohn, Förderkreis der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf e.V.