Gedenkbuch

Sabel, Mathilde Tilly

geb. Horn

Mathilde kam am 8. Februar 1877 in Düsseldorf zur Welt. Im Kreise ihrer Familie wurde sie Tilly genannt. Ihre Eltern Moritz Horn und Eleonore Laura Altschüler hatten 1875 geheiratet. Mathilde hatte noch eine Schwester, Charlotte. Sie wurde am 26. März 1880 in Düsseldorf geboren und wurde im Familienkreis Lotte genannt. Ihr Bruder Hugo Horn kam am 2. Oktober 1878 in Düsseldorf zur Welt. Die jüngere Schwester Julie Horn wurde schließlich am 18. Oktober 1884 in Düsseldorf geboren.

Mathildes Vater Moritz Horn betrieb in Düsseldorf zunächst ein Haushaltwarengeschäft Ecke Kasernen-/Benratherstraße und wohnte in der Poststraße 13. Die Familie war strenggläubig. jedoch stimmte ihr Vater später für die Einführung einer Orgel in der neuen Synagoge, was fast zum Bruch mit seinem Stiefbruder Leopold Horn (1831-1915) geführt hätte.

Am 3. Oktober 1899 heiratete Mathilde Horn in Düsseldorf den Kaufmann Fritz (Friedrich) Sabel. Ihr Mann war am 3. November 1870 in Düsseldorf zur Welt gekommen. Eine gemeinsame Firma, das Haushaltwarengeschäft „Fritz Sabel“, ließen sie am 2. April 1900 in das Düsseldorfer Handelsregister eintragen. Die Geschäftsräume lagen später in der Friedrichstraße 26.

Ihr Sohn Alfred Louis wurde am 1. September 1900 in Düsseldorf geboren. Am 25. April 1905 kam in Düsseldorf ihre Tochter Ilse zur Welt. Die Familie wohnte auch zunächst in der Friedrichstraße 26. 1926 suchte Mathilde Sabel per Anzeige ein „Tüchtiges erfahrenes Alleinmädchen mit guten Kochkenntnissen“, möglicherweise arbeitete sie in dieser Zeit wieder intensiver im Geschäft mit. Ein Jahr später jedoch richteten sie einen großen Ausverkauf aus, um das Geschäft aufzugeben.

In den 1930er Jahren wohnte Mathilde Sabel mit ihrer Familie in der Beethovenstraße 35. Am 16. August 1933 feierte ihr Vater seinen 85. Geburtstag. Die Gemeindezeitung für den Synagogenbezirk Düsseldorf berichtete darüber. Am 5. April 1936 verstarb ihr Vater Moritz Horn in Düsseldorf. Er wurde auf dem neuen jüdischen Friedhof begraben.

Am 9. November 1938 wurden Mathilde Sabel und ihr Mann in ihrer Wohnung in der Beethovenstraße 35 überfallen und die gesamte Wohnung kurz und klein geschlagen. Ihr Sohn Alfred Sabel lebte 1938 in Duisburg in der Fuldastraße 7. Im Zuge des Novemberpogroms wurde auch er überfallen. Er wurde verhaftet und in das Konzentrationslager Dachau eingewiesen. Sicherlich waren diese Ereignisse ein Grund mehr für die Emigration der Familie.

Mathilde Sabel zog mit ihrem Mann am 13. Januar 1939 von Düsseldorf in die Niederlande. Sie bezogen eine Unterkunft in Amsterdam. Eine Adresse war Oost Handelskade 34. Ein erster Umzug erfolgte am 3. Juli 1939 in das Haus Merwedeplein 7 II. Am 22. September 1939 zogen sie in die Gaaspstraat 71 bov. Am 18. Juli 1940 bezogen sie eine Wohnung in der Uiterwaardenstraat 60 Ihg.

Ihre Tochter Ilse heiratete am 30. Oktober 1940 in Amsterdam den Bankier Siegmund Herbert Kaufmann. Er war 1904 in Mannheim zur Welt gekommen. Ilse war bereits im Oktober 1933 in die Niederlande emigriert. Aus Eindhoven war sie 1936 nach Amsterdam gezogen. Ab dem 6. August 1937 hatte sie unter der Adresse Merwedeplein 7 II gewohnt und im Jahr 1939 kurzzeitig Mathilde und Fritz Sabel aufgenommen. Seit dem 18. Juli 1940 wohnte Ilse mit ihrem Mann in der Gaaspstraat 65 II.

Im Sommer 1942 begannen auch in den Niederlanden die Vorbereitungen zur Deportationen in die Vernichtungslager. Erste Razzien und Deportationen erfolgten. Getarnt waren die Transporte als angebliche „Arbeitseinsätze“.

Am 1. Mai 1943 wurde Mathilde Sabel in der Wohnung von der berüchtigten Kolonne Henneicke aufgespürt und verhaftet. Ab dem 5. Mai 1943 befand sich Mathilde Sabel im Judendurchgangslager Westerbork. Dort wurde sie der Barracke 55 zugewiesen. Auf der Meldekarte ihres Mannes ist eingetragen worden, dass er erst einen Tag später ins Lager eingewiesen und auch einer anderen Barracke zugewiesen wurde (Bar. 84). Er hatte vermutlich nach der Verhaftung seiner Frau versucht, sich zu verstecken. In der Wohnung seiner Tochter Gaaspstraat 65 II wurde er verhaftet.

Die Kolonne Henneicke bestand aus insgesamt 54 niederländischen Männern, die als Kopfgeldjäger untergetauchte Juden an die deutschen Behörden meldeten. Geleitet wurde die Gruppe von Willem Briedé und Wim Henneicke. Angestellt waren diese Männer bei der Hausrat-Erfassungsstelle der „Zentralstelle für jüdische Auswanderung“. Die Abteilung sollte das Eigentum der deportierten Juden registrieren und dann verwalten und verkaufen. Nach den großen Razzien und Deportationswellen begannen die Männer um Briedé und Henneicke gezielt damit untergetauchte Juden zu jagen. Von März bis September 1943 haben sie in Amsterdam und Umgebung mehr als 8.000 Juden aufgespürt. Für jeden, den sie auslieferten, erhielten sie zusätzlich zu ihren regulären Gehalt (etwa 200 bis 270 Gulden) jeweils 7,50 Gulden. So erhielten sie auch 15 Gulden für das Düsseldorfer Ehepaar Sabel.

Am 15. Mai 1943 wurde das Zimmer von Mathilde und Fritz Sabel in ihrer Wohnung in Amsterdam von den Mitgliedern der Hausrat-Erfassungsstelle nach Besitz abgesucht. Der zuständige Mitarbeiter schrieb in seinen Bericht „Kein Besitz. Nichts zu räumen“.

Am 18. Mai 1943 wurde die 66-jährige Mathilde Sabel zusammen mit ihrem Mann aus Westerbork in das Vernichtungslager Sobibor deportiert und nach ihrer Ankunft am 21. Mai 1943 ermordet.

Ihre Tochter Ilse tauchte im September 1943 mit ihrem Mann Siegmund Herbert Kaufmann unter. Mit Hilfe der Widerstandsgruppe „Freie Gruppe Amsterdam“ konnten sie die Zeit bis zum Kriegsende an insgesamt 26 verschiedenen Adressen versteckt überleben. Die Straße sahen sie nur, wenn sie von einem Versteck ins nächste gebracht wurden. Dennoch waren die Strapazen und Belastungen vermutlich sehr groß. Ilse Kaufmann verstarb am 5. September 1950 in Amsterdam im Alter von nur 45 Jahren.

Autorin: Hildegard Jakobs, Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf