Gedenkbuch

Kaufmann, Leonhard

Der Futtermittelhändler Leonhard Kaufmann kam am 24. Dezember 1869 als Sohn des Viehhändlers Jakob Kaufmann und seiner Frau Karolina, geborene Levy, in Neuss zur Welt. Mit Sibilla (geboren 1856) hatte er eine ältere Schwester. Leonhard Kaufmann heiratete die ebenfalls in Neuss geborene Ida Hoffmann (1876-1942). Mit Charlotte (geboren 1901) und Richard (geboren 1903) bekamen die Eheleute zwei Kinder. Leonhard Kaufmann und seine Familie wohnten auf der Kanalstraße 65 in Neuss, wo Leonhard Kaufmann eine Futtermittelhandlung führte. Zudem engagierte er sich in der jüdischen Gemeinde, wo er gemeinsam mit Max Salm dem Israelitischen Jünglingsverein vorstand. 1925 leitete er den Friedhofsauschuss und gehörte 1933 zum Vorstand der Gemeinde.

Sein Sohn Richard absolvierte eine Ausbildung zum kaufmännischen Angestellten. 1918 zog er für drei Jahre nach Bedburg und kehrte im Anschluss für kurze Zeit in sein Elternhaus zurück, bevor er 1923 nach Köln zog. Während der NS-Zeit wohnte er in Düsseldorf.

Die Auswirkungen der nationalsozialistischen Machtübernahme waren für die zahlenmäßig kleine jüdische Gemeinde mit 227 Mitgliedern in Neuss schnell spürbar. 1935 gab Leonhard Kaufmann sein Geschäft wegen der Boykottmaßnahmen auf, auch zahlreiche andere Geschäfte mussten schließen. 1938 wurde die Familie Opfer des Novemberpogroms. Leonhard Kaufmann floh vor der SA auf das Dach seines ehemaligen Geschäftes. Dort wurde er jedoch aufgegriffen und dann im Keller des Hauses misshandelt. Anschließend wurden er und sein Sohn Richard, der zu dieser Zeit seine Eltern in Neuss besuchte, festgenommen, zunächst in Düsseldorf inhaftiert und von dort am 16. November in das Konzentrationslager Dachau deportiert. Beide wurden im Januar 1939 aus der Haft entlassen und kehrten in die Kanalstraße 65 zurück. Hier wohnten neben der Familie Kaufmann nun auch die Eheleute Max und Helene Müller mit ihrer Tochter.

Leonhards Tochter Charlotte Kaufmann heiratete 1938 den Kapellmeister Isaak Klein (geboren 1896), mit dem sie ein Jahr später, im August 1939, nach Großbritannien emigrierte. Isaak Klein war wenige Monate zuvor wie sein Schwiegervater ebenfalls im Zuge der Novemberpogrome festgenommen und im Januar 1939 aus der Haft entlassen worden.

Leonhard Kaufmann und seine Frau wohnten noch zwei weitere Jahre in Neuss und zogen von hier in das jüdische Altenheim auf der Grafenberger Allee 78 in Düsseldorf. Im Hausbuch wurde ihr Einzug für den 19. Dezember 1941 dokumentiert.

Am 21. Juli 1942 wurden der 72-jährige Leonhard Kaufmann und die 65-jährige Ida von Düsseldorf aus in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Seine Frau Ida Kaufmann verstarb nur wenige Wochen später am 24. September 1942. Leonhard Kaufmann starb am 3. März 1943. Auf der Todesfallanzeige wurde „Altersschwäche“ als Todesursache dokumentiert.

Leonhards Sohn Richard Kaufmann war bereits am 27. Oktober 1941 von Düsseldorf aus in das Ghetto Litzmannstadt/Łódź deportiert und am 7. Mai 1942 im Vernichtungslager Kulmhof (Chełmno) ermordet worden. Auch Leonhards Schwester Sibilla Kaufmann, die gemeinsam mit ihrem Bruder Leonhard und ihrer Schwägerin Ida im jüdischen Altenheim auf der Grafenberger Allee 78 gewohnt hatte, war von Düsseldorf aus in das Ghetto Theresienstadt deportiert und im Vernichtungslager Treblinka ermordet worden.

Autorin: Frederike Krenz, Förderkreis der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf