Gedenkbuch

Gladtke, Hermine

geb. Neu

Hermine Else Neu wurde am 18. November 1879 in Weinheim, Kreis Mannheim, als Tochter des Fellhändlers Louis Neu und dessen Ehefrau Sara Josefine, geborene Hirsch, geboren. Sie hatte vier Geschwister. Die Familie Neu wohnte in Weinheim in der Hauptstraße 28. Hermine Neu heiratete 1906 in Weinheim den Möbelhändler Adolf Gladtke, mit dem sie drei Kinder hatte: die Zwillinge Erna und Hermann (geboren 1907) sowie Ruth-Liselotte (geboren 1910). Die Familie Gladtke wohnte seit 1907 in Oberhausen in der Wörthstraße 7.

Am 28. August 1921 starb ihr Vater, und Hermines Brüder Sally und Max Neu übernahmen in Weinheim dessen Leder- und Häutegeschäft. Ihr Bruder Sally hatte im Ersten Weltkrieg gekämpft, engagierte sich nach Kriegsende politisch in der SPD und wurde später Stadtrat in Weinheim. Im März 1933 stellte sich Hermine Gladtke auf einer Wählerliste der Synagogengemeinde Oberhausen zur Wahl. Am 10. Januar 1938 emigrierte ihre Tochter Erna nach Palästina. Hier lebten bereits seit 1933 auch ihr Sohn Hermann Gladke und ihre jüngere Tochter Ruth-Liselotte.
Während der Pogromnacht 1938 wurden Hermine Gladtke und ihr Mann in ihrer Wohnung in der Wörthstraße 7 überfallen. Ihr Mann Adolf Gladtke wurde schwer misshandelt. Am 20. Dezember 1938 wurden die Geschäfts- und Wohnhäuser der Familie Gladtke beschlagnahmt und der NSDAP-Kreisleitung zur Verfügung gestellt.

Das Ehepaar zog daraufhin nach Düsseldorf in die Blücherstraße 69. 1938 erkrankte auch Hermine Gladtke, und ihre Tochter Erna reiste aus Palästina an, um sie zu pflegen. Am 6. September 1940 verstarb ihr Ehemann Adolf Gladtke in Köln-Ehrenfeld. Er war dort Patient im Jüdischen Krankenhaus und wurde an den Spätfolgen des Überfalls in der Pogromnacht 1938 behandelt. Er wurde 65 Jahre alt.

Hermine Gladtke wurde am 27. Oktober 1941 von Düsseldorf in das Ghetto von Litzmannstadt/Łódź deportiert. Dort wurde sie mit 61 weiteren Personen in das Zimmer 5 der Kollektivunterkunft Fischstraße 21 eingewiesen. Sie versuchte im November 1941 postalische Verbindung nach Oberhausen zu halten, insbesondere an die Familie Schleimer, Wörthstraße 5 . Sie schrieb: „Liebe Familie Schleimer! Ich hoffe, daß sie gesund sind und ich bald ein Lebenszeichen von Ihnen erhalte. In dieser Erwartung grüßt Sie sowie Ziska recht herzlich, Ihre Hermine Gladtke“. Die Postkarte wurde allerdings beschlagnahmt. Im Dezember 1941 notierte die Buchhaltung des „Düsseldorfer Kollektivs“ den Eingang von 9,60 Mark für Hermine Gladtke. Weitere 14,50 RM erhielt sie per Postanweisung Ende Dezember 1941. Davon musste sie je zwei Drittel an das „Kollektiv“ abführen.

Hermine Gladtke wurde am 7. Mai 1942 mit dem IV. Transport aus dem Ghetto von Litzmannstadt/Łódź „ausgesiedelt“ und am nächsten Tag im Vernichtungslager Chełmno ermordet.

Autorin: Hildegard Jakobs, Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf