Gedenkbuch

Silberstein, Kurt

Am 25. Juni 1896 wurde Kurt Silberstein in Düsseldorf geboren. Sein Vater Sally Silberstein stammte aus Moers am Niederrhein, er führte in Düsseldorf eine Modewarenhandlung „Gustav Pieck & Cie“ auf der Schadowstraße 39. Seine Mutter Flora, geborene Pieck, stammte aus  Damnitz, Stargard. Seine Eltern hatten 1893 in Stargard geheiratet. 

Kurt Silberstein hatte noch eine jüngere Schwester, Herta, die am 7. November 1899 in Düsseldorf geboren wurde. Zu diesem Zeitpunkt wohnte die Familie in der Schadowstraße 39. 1913 zogen sie zur Steinstraße 67. Zunächst führte sein Vater das Geschäft zusammen mit seinem Schwager Gustav Pieck, der in Aachen wohnte. 1895 übernahm er die alleinige Geschäftsführung.

Kurt Silberstein wohnte 1938 immer noch mit seinen Eltern und seiner Schwester im Haus Steinstraße 67. Im selben Haus wohnte auch die Familie Katzenstein. Günther Katzenstein, der Deportation und Judenverfolgung überlebte, erinnerte sich 1998 in einem Interview mit der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf an die Ereignisse der Pogromnacht 1938: „So, wie die abgezogen sind, von unserer Wohnung sind sie raufgegangen zu einer Familie Silberstein, die hat auf dem dritten Stock oben gewohnt. Und das war eine fürchterliche Sache dort. Das war eine Mutter, die gelähmt war, und die Tochter hat die ganze Zeit, das ganze Leben hat sie mit der Mutter verbracht und ebenso gab es einen Bruder, ja. Die Frau dort, die dort oben gelegen hat, die hat man aus dem Bett rausgeworfen, man hat sie aber nicht… man hat ihr nichts gemacht, weil die Tochter hat gebeten, man solle nichts machen, die war ja schon gelähmt und alles. Ich hab’ gesehen die Sache, es war furchtbar. Jedenfalls, wir waren ja nur zwei jüdische Familien in dem Haus, und dann sind sie abgezogen, zum anderen Haus, dort gab es eine Familie Stern, im Haus nebenan. Haben sie denselben Mist gemacht.

Am 18. Dezember 1939 zog Kurt Silberstein mit seiner Schwester und den Eltern in die Adersstraße 8. In diesem Haus wohnte seit 1939 auch Anna Perlmann. Die beiden wurden ein Paar und heirateten 1941. 

Am 10. November 1941 wurde Kurt Silberstein und seine Frau Anna und seine Schwester Herta vom Güterbahnhof Düsseldorf-Derendorf ins Ghetto Minsk deportiert.

Seine Eltern Sally und Flora Silberstein zogen wenige Tage nach seiner Deportation am 14. November 1941 in das Altersheim der Jüdischen Gemeinde in die Grafenberger Allee 78. Seine Mutter verstarb am 10. Juni 1942 in Düsseldorf. Sie wurde auf dem neuen jüdischen Friedhof an der Ulmenstraße begraben. Sein Vater Sally Silberstein wurde am 21. Juli 1942 vom Güterbahnhof Düsseldorf-Derendorf ins Ghetto Theresienstadt deportiert. Aus dem Ghetto wurde er am 21. September 1942 ins Vernichtungslager Treblinka deportiert und ermordet.

Kurt Silbersteins Frau und Schwester sind vermutlich 1942 im Ghetto Minsk ermordet worden. Er selbst scheint zur Zwangsarbeit eingesetzt worden zu sein. Ein erster konkreter Hinweis auf ihn findet sich erst im Jahr 1944. Kurt Silberstein wurde am 4. August 1944 in das Konzentrationslager Flossenbürg eingeliefert. Der Häftlingstransport stammte aus dem Konzentrationslager Plaszow, südlich von Krakau gelegen. Viele Häftlinge stammten aus den Aussenlagern Mielec und Wieliczka. Interessanterweise war im gleichen Transport auch Ralph Arthur Menke aus Hamburg. Er war am 8. November 1941 aus Hamburg ebenfalls zunächst ins Ghetto Minsk deportiert worden. Die Hamburger Historikerin Sonja Zoder schreibt über ihn auf der Internetseite Stolpersteine-hamburg.de, dass der Transportzug aus dem Lager Plaszow auch mehrere Tage vor dem Lager Auschwitz-Birkenau gestanden hätte. Möglicherweise kam Kurt Silberstein und andere Häftlinge erst hier in den Zug.

Nach der Ankunft im Konzentrationslager Flossenbürg wurde Kurt Silberstein registriert. Er erhielt die Häftlingsnummer 16061. Kurt Silberstein starb am 29. September 1944 im Konzentrationslager Flossenbürg. Im Nummernbuch wurde handschriftlich „Block 22“ ergänzt. Dieser Block war der „Sterbeblock“, in den kranke und arbeitsunfähige Häftlinge verlegt wurden.

Autorin: Hildegard Jakobs, Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf