Gedenkbuch

Hohenstein, Johanna

geb. Blumenberg

Johanna Blumenberg kam am 17. September 1875 in Sievershausen als Tochter von August und Emma Blumenberg, geborene Steinberg, zur Welt. Mit Ernst (geboren 1888) und Selmar (geboren 1882) hatte sie zwei jüngere Brüder.

Johanna Blumenberg heiratete den in Tuchel geborenen Kaufmann Max Mayer Hohenstein (1875-1942). Im Mai 1902 hatte das Paar das Aufgebot bestellt. Nach der Hochzeit wohnten die Eheleute in Witten, wo Johannas Mann Max Hohenstein ein Geschäft für Herren- und Knabengarderobe auf der Bahnhofstraße 20 führte. Privat wohnten sie auf der Bismarckstraße 8. Am 12. Juni 1903 kam ihr Sohn Ernst zur Welt.

1904 musste Johannas Mann Max Hohenstein für seine Firma Konkurs anmelden. Im August 1904 fand der Ausverkauf der Ware des Geschäfts statt. Im Juli desselben Jahres meldete er eine Firma in Schwelm an, die kurzzeitig auf den Kaufmann Albert Kleestadt übertragen wurde. Im Oktober 1904 wurde die Firma dann offiziell auf Johanna Hohenstein überschrieben, während ihr Mann als Prokurist der Firma eingesetzt wurde. Es folgte der Umzug nach Schwelm in die Neustraße 17, wo die Eheleute kurze Zeit später ein Hausmädchen für den Haushalt suchten. 

In Schwelm wurden Johanna und ihr Mann Max im April 1905 öffentlich in einem Zeitungsartikel der Zeitung Rheinische Volksstimme antisemitisch angegriffen. In dem Artikel hieß es: „Der Inhaber der Firma Max Hohenstein in Schwelm setzt sich mit einigen Konfirmanden in Verbindung und läßt sich von ihnen die Adressen ihrer Mitkonfirmanden angeben, dann besucht er sie, um die Konfirmationsanzüge zu liefern! Auf diese Weise soll er ein großartiges Geschäft gemacht haben, zum Schaden der Schneidermeister. Aber die Juden sind auch aufmerksame Leute, wenigstens in geschäftlicher Hinsicht, und die Firma Max Hohenstein macht keine Ausnahme. Den Konfirmanden, denen sie Anzüge lieferte, übersandte sie ein Gratulationskärtchen, ein Doppelkärtchen, auf dessen Vorderseite steht ‚Herzliche Segenswünsche zur Konfirmation,‘ und auf dessen Innenseite der Spruch Joh. 11 V. 25: ‚Ich bin die Auferstehung usw.‘; dieser Karte ist die Visitenkarte ‚Max Hohenstein und Frau‘ beigefügt. Wann wird sich der Deutsche aufraffen, um gegen diese jüdischen Geschäftspraktiken und bösen Kniffe Front zu machen!“ Die Zeitung Rheinische Volksstimme war eine täglich in Köln publizierte Zeitung, die unter dem Titel „Rheinische Volksstimme. Tageszeitung für die christlichen Berufsstände“ erschien und politisch dem Zentrum zugeordnet wurde.

Zwei Jahre später, im Februar 1907, mussten Johanna und ihr Mann auch für ihre Firma in Schwelm Konkurs anmelden. Ob dies eine Folge der antisemitischen Anfeindungen gegen sie war, ist unklar. Am 12. September 1908 wurde dann ihre Tochter Irma geboren. 

Johanna Hohenstein und ihre Familie zogen nach Düsseldorf, das genaue Datum ist jedoch unbekannt. Hier besuchte ihre Tochter Irma von 1918 bis 1926 das Auguste-Victoria-Lyzeum. Johannas Mann Max war in Düsseldorf Inhaber der im Dezember 1922 gegründeten Firma „Rheinischen Hemdenfabrik“, die sich auf der Herderstraße 44 befand. Die Familie wohnte privat bis 1929 in der zweiten Etage der Schumannstraße 40. Anschließend zogen sie auf die Luegallee 102. 

Von 1934 bis 1939 wohnten Johanna und ihr Mann in der vierten Etage der Reisholzer Straße 26. Ob ihre Kinder Ernst und Irma zu diesem Zeitpunkt noch bei ihnen wohnten, ist unklar. Nach 1939 gibt es für die Eheleute Hohenstein keine weiteren Einträge in den Adressbüchern der Stadt Düsseldorf. Möglicherweise mussten sie in Folge der Novemberpogrome ihre Wohnung auf der Reisholzer Straße 26 verlassen. Bis zum 27. Juli 1939 wohnte Johannas Bruder Dr. Ernst Blumenberg für fünf Monate bei ihnen in der Reisholzer Straße 26. Er flüchtete dann nach Schanghai. Dort arbeitete er bis 1949 als Arzt und emigrierte anschließend in die USA.

Ihrer Tochter Irma war die Emigration nach Großbritannien geglückt. Sie wurde dort allerdings als ehemalige deutsche Staatsbürgerin nach Beginn des Zweiten Weltkrieges interniert.

Am 21. Juli 1942 wurden die 67-jährige Johanna Hohenstein und der 67-jährige Max Hohenstein von Düsseldorf aus in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Auf der Deportationsliste wurde die Gartenstraße 112 als letzte Adresse verzeichnet. Aus dem Ghetto Theresienstadt wurden die Eheleute am 21. September 1942 in das Vernichtungslager Treblinka deportiert. Sie haben nicht überlebt.

Johannas noch in Deutschland verbliebener Bruder Selmar Blumenberg, der zuletzt in Leipzig gelebt hatte, war am 20. September 1942 von Weimar aus ebenfalls in das Ghetto Theresienstadt deportiert worden. Aus dem Ghetto wurde er am 18. Mai 1944 in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert. Er hat nicht überlebt.

Autorin: Frederike Krenz, Förderkreis der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf