Gedenkbuch

Wahrenberg, Klara

Die Familie Wahrenberg stammte aus Sieniawa. Das Städtchen im Karpatenvorland gehörte nach der ersten polnischen Teilung 1772 zu Österreich und hatte sich zu einem Handwerks- und Handelszentrum dreier Volksgruppen – Juden, Polen und Ruthenen – entwickelt, bis es nach Ende des Ersten Weltkrieges 1918 wieder polnisch wurde. Als der Zweite Weltkrieg begann, fiel es für zwei Jahre an die Sowjetunion. Damals waren 60 Prozent der Bevölkerung jüdisch.

Klara war das älteste der Wahrenberg-Kinder, geboren am 6. Juni 1923. Es folgten die Brüder Gerhard (geboren am 13. November 1924) und Salomon (geboren am 12. Januar 1926). 1927 holte Klaras Vater Max Wahrenberg die Familie nach Düsseldorf, wo er ein Lebensmittelgeschäft zunächst auf der Kaiserstraße, später auf der Nordstraße 3 führte. Die Geschäfte waren durch die Brüder seiner Ehefrau Frau Erna, geborene Wagner, gegründet worden. 1937, kurz nach der Geburt der jüngsten Tochter Guste (genannt Jenny) musste Wahrenberg seine Frau Erna in medizinische Behandlung geben.

Die vierzehnjährige Klara, die zunächst die Schule an der Oststraße besucht hatte und 1935 auf die Jüdische Volksschule wechselte, hatte nach der Erkrankung der Mutter weitgehende Pflichten im Haushalt und bei der Kinderbetreuung übernehmen müssen. Eine ihrer Mitschülerinnen, Gisela Wolf, erinnert sich, dass Klara ein besonders liebes Mädchen war, dessen Familie in großer Armut in Düsseldorf lebte.

Auch ihre Brüder Gerhard und Salomon Wahrenberg besuchten die Jüdische Volksschule auf der Kasernenstraße, bis die Familie 1939 nach Polen ausgewiesen wurde. Nachdem die Wahrenbergs nach Polen abgeschoben worden waren, schrieb die 18-jährige Klara und ihr Bruder Gert mehr als 25 Briefe und Postkarten an Alma und Rudolf Kremser in Düsseldorf.

Klara lebte zu diesem Zeitpunkt zusammen mit den Eltern und der jüngeren Schwester Jenny im Ghetto der polnischen Stadt Sieniawa, etwa 90 Kilometer südlich von Lublin gelegen.
Ihr Bruder Gerhard musste nach dem Einmarsch der Deutschen und nach der zweijährigen sowjetischen Besetzung in Przemyśl – einem Grenzort zur Ukraine im Karpatenvorland, das durch ein Massaker der Einsatztruppen vom 15.–19. September 1939 traurige Berühmtheit erlangte – ab 1941 Zwangsarbeit im Straßenbau leisten. Sein letztes Lebenszeichen vom 29. September 1942 erhielt die mit der Familie befreundete Alma Kremser in Düsseldorf aus Ulanów. Darin schreibt er, er habe weder Schuhe noch etwas zu essen und auch keine Hoffnung mehr, dass irgendjemand aus seiner Familie noch am Leben sei. Es ist anzunehmen, dass die gesamte Familie in der Shoah ermordet wurde.

Autorin: Hildegard Jakobs, Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf