Gedenkbuch

Heinemann, Hugo

Am 18. Juli 1900 kam Hugo Heinemann als jüngster Sohn des Kaufmanns Josef Heinemann und dessen Frau Henriette, geborene Gugenheim, in Düsseldorf zur Welt. Sein Bruder Friedrich (Fritz) war am 5. Februar 1894 in Düsseldorf geboren worden. Sein Bruder Walter hatte am 26. Juli 1896 das Licht der Welt erblickt.
Sein Vater Josef Heinemann führte in Neuss und Düsseldorf zwei sehr erfolgreiche Unternehmen. Die 1901 ins Handelsregister eingetragene Firma Josef Heinemann KG importierte und exportierte Därme, Fleischabfälle und Fettwaren. Hugo Heinemann erhielt eine kaufmännische Ausbildung und wurde in den 1920er Jahren Mitgesellschafter der Firma. Dort arbeitete auch sein Bruder Fritz Heinemann in der Firmenleitung. Sein Bruder Walter Heinemann eröffnete 1920 in Hamburg eine Filiale der Düsseldorfer Darmgroßhandlung.

Hugo Heinemann heiratete Augusta (Gustl) Loeb. Seine Frau stammte aus Aachen, wo sie am 24. Mai 1901 zur Welt gekommen war. Am 1. Januar 1926 wurde seine Tochter Lotte in Düsseldorf geboren. Die Tochter Ursel folgte am 7. Juni 1929. Die Familie wohnte in der Kaiserswerther Straße 79 und später im elterlichen Haus in der Herderstraße 92. 

Zusätzlich zur Darmgroßhandlung übernahmen sein Vater, Hugo Heinemann und seine Brüder die „Niederrheinische Fettschmelze Josef Cohen“. Im Handelsregistereintrag vom 11. Oktober 1928 wurde vermerkt, dass der Firmensitz von Cleve nach Neuss verlegt wurde und der Kaufmann Julius Wertheimer, Düsseldorf, Grafenberger Allee 133, Prokura für das Unternehmen erteilt wurde.

Durch die Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde die berufliche Situation von Hugo Heinemann und der elterlichen Firma in der Rather Straße 52 immer schwieriger. Am 25. November 1933 verstarb seine Mutter Henriette Heinemann in Düsseldorf. Die 66-Jährige wurde auf dem neuen jüdischen Friedhof in Düsseldorf begraben.

Sein Bruder Fritz Heinemann wohnte mit seiner Frau Gertrud, geborene Stern, und den beiden Kindern Eva (geboren 1928) und Klaus (geboren 1932) nicht weit entfernt in der Grimmstraße 5. Im Dezember des Jahres 1935 emigrierte er mit seiner Familie in die Niederlande. 

Später wohnte Hugo Heinemann in der Grunerstraße 9. 1937 wurde Hugo Heinemann verhaftet. Die Gestapo beschuldigte ihn und seine Brüder unter anderem wegen angeblicher Devisenvergehen. Im Prozess sagte später ein Zollbeamter aus: „Bei der Verhaftung Heinemanns hatten wir Mordsdusel, gegen 7.30 Uhr wurde er in seiner Wohnung festgenommen. Für 12.30 Uhr war seine Abreise nach Holland vorgesehen.“
Hugo Heinemann ließ sich vom jüdischen Rechtsanwalt Dr. Kurt Frank vertreten. 1938 fuhr sein Anwalt zusammen mit dem Zollbeamten Ernst Kloth nach Zevenaar in die Niederlande, um mit Walter Heinemann zu sprechen, der Anfang 1937 dorthin emigriert war. Dessen Ehefrau ließ sich 1939 von ihm scheiden. Danach wohnte Walter Heinemann in Baarn, Kettingweg 11. 

Die deutschen Behörden hielten Hugo Heinemann und seine Brüder für schuldig. Aber nur Hugo Heinemann befand sich noch auf deutschem Boden. Er hatte lange Zeit alle Vorwürfe zurückgewiesen. Vermutlich wurde er aber in den vielen langen Monaten der Untersuchungshaft massiv bedrängt. Im August 1939 wurde er von der Großen Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf zu sechs Jahren Zuchthaus, sechs Jahren Ehrverlust und 1,15 Millionen Reichsmark Geldstrafe verurteilt. Hugo Heinemann wurden die ein Jahr und drei Monate abgesessene Untersuchungshaft auf das Strafmass angerechnet. Sein Bruder Fritz Heinemann wurde in Abwesenheit zu acht Jahren Zuchthaus und sein Bruder Walter, ebenfalls in Abwesenheit, zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt. Der Prozess wurde von der NS-Propaganda massiv begleitet und mit antisemitischen Vorurteilen und Klischees belegt. Alle Zeitungen der Region brachten (teils identische) ausführliche Berichte. In der Ausgabe des Westfälischen Kurier vom 1. August 1939 hieß es im Nazi-Jargon: „Abrechnung mit den Heinemanns. Hohe Zuchthausstrafen gegen die jüdischen Schieber beantragt. Düsseldorf, 1. August. Nachdem in den letzten Tagen des Millionendevisenprozesses gegen die drei Darmjuden Heinemann und ihre Angestellten die Sachverständigen zu Worte gekommen waren, sprach am Freitag der Staatsanwalt.(…) Dass auch heute noch für den Hauptangeklagten Hugo Heinemann in der Synagogengemeinde gebetet werde, beweise, dass es sich hier nicht um eine persönliche Angelegenheit, sondern um eine des Judentums handle.“ Hugo Heinemann musste seine Haft in der Strafanstalt Lüttringhausen absitzen.

Im Januar 1938 emigrierte auch sein Vater Josef Heinemann aus Düsseldorf in die Niederlande. Er zog zu Walter Heinemann nach Baarn in den Kettingweg 11.

Hugo Heinemanns Ehefrau Guste floh 1939 mit ihren beiden Töchter nach Belgien. Nach der Besetzung des Landes im Zuge des Zweiten Weltkrieges überlebten die drei im Versteck.

Hugo Heinemann kam nie wieder in Freiheit. Als jüdischer Häftling wurde er direkt aus der Haftanstalt Lüttringhausen in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort am 16. Februar 1943 ermordet.

Sein Bruder Walter Heinemann, der am 23. Juli 1942 in Baarn die vormals deutsche Jüdin Gertrude Kirchheimer (1905-1944) geheiratet hatte, wurde zusammen mit seiner Frau aus dem Durchgangslager Westerbork deportiert und am 6. Oktober 1944 im Vernichtungslager Auschwitz ermordet.

Auch sein Vater Josef Heinemann wurde deportiert. Er hatte seit September 1942 in Amsterdam gelebt. Seit dem 16. Februar 1943 befand er sich im Durchgangslager Westerbork. Er kam mit einem Transport am 18. Januar 1944 ins Ghetto Theresienstadt. Er überlebte und ging nach der Befreiung zunächst nach Amsterdam und dann 1947 nach Großbritannien. Dort verstarb er am 21. Dezember 1951 im Alter von 85 Jahren.

Hugo Heinemanns Ehefrau Gustl verstarb am 16. Dezember 1997 in Brüssel. Seine beiden Töchter lebten zuletzt in Israel im Kibbutz Ein Dor. Ora (Ursel) Heinemann verstarb dort am 15. Januar 2022, ihre Schwester Lotte am 6. Oktober 2022.

Autorin: Hildegard Jakobs, Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf