Gedenkbuch

Schächter, Alfons

Alfons Schächter kam am 25. Januar 1925 in Düsseldorf zur Welt. Seine Eltern waren der Kaufmann Josef Schächter und dessen Frau Lina, geborene Richter. Seine Mutter war am 1. Juli 1895 in Wien zur Welt gekommen. Sein Vater stammte aus der Bukowina, wo er am 10. März 1891 in Zadowa, Storozynetz, geboren worden war. Alfons hatte noch eine ältere Schwester: Erika war am 19. Mai 1921 in Wien zur Welt gekommen.

Die Familie wohnte in der Graf-Adolf-Straße 49/53 und später in einem Haus am Karlplatz 24. Sein Vater Josef Schächter unterhielt mehrere Pelzwarenhäuser in Düsseldorf. 1928 befand sich das Hauptgeschäft in der Hohe Straße 51. Später unterhielt die Familie eine Filiale in der Königsallee 72. In der Ausgabe vom 21. Januar 1933 vermeldete der Deutsche Reichsanzeiger: „In dem Konkursverfahren über das Vermögen des Kaufmanns Josef Schächter in Düsseldorf, (…) Inhaber zweier unter der Firma Pelzwarenspezialhaus Josef Schächter betriebenen Pelzwarengeschäfte in Düsseldorf, Königsallee 72, und Duisburg, Königstr. 46, ist der Eröffnungsbeschluss vom 22. Dezember 1932 dahin ergänzt, dass sich das Konkursverfahren auch auf das unter der Firma A. Richter in Bielefeld, Obernstr. 39, betriebene Pelzwarengeschäft erstrebt.“

Am 8. September 1933 meldete sich die Familie Schächter nach Wien ab. In der österreichischen Hauptstadt bezogen sie eine Wohnung im sechsten Bezirk in der Millergasse 42. Am 13. März 1938 wurde Österreich an das Deutsche Reich „angeschlossen“. Das bedeutete für die jüdische Bevölkerung die Verfolgung. Sein Vater Josef Schächter wurde im Juni 1938 verhaftet und in „Schutzhaft“ genommen und ins Konzentrationslager Dachau überführt. Am 13. Mai 1939 wurde er wieder aus der Haft entlassen und konnte zu ihnen nach Wien zurückkehren.

Alfons Schwester Erika konnte mithilfe von Verwandten das Deutsche Reich verlassen. Sie lebte nach dem Krieg in den Vereinigten Staaten von Amerika, wo sie im Jahr 2000 verstarb.

Am 26. Februar 1941 wurden Lina, Josef und der 15-jährige Alfons Schächter deportiert. Ihr Transport gehörte zu zwei Deportationstransporten mit insgesamt 2.003 jüdischen Männern, Frauen und Kindern die den Wiener Aspangbahnhof mit dem Ziel Opole, einer Kleinstadt südlich von Lublin, verließen. Opole hatte eine traditionsreiche jüdische Gemeinde, zu Kriegsbeginn lebten hier etwa 4.000 Juden, was einem jüdischen Bevölkerungsanteil von knapp 70 Prozent entsprach, ein Anteil, der sich nach Kriegsbeginn durch Zwangsumsiedler aus anderen Teilen Polens weiter erhöhte.

Bis März 1941 wurden etwa 8.000 Juden in das nunmehr in Opole errichtete Ghetto deportiert. Die Unterbringung der Neuankömmlinge erfolgte teilweise bei ortsansässigen Juden, teilweise in Massenquartieren wie einer Synagoge und in neu errichteten Baracken. Im Ghetto konnten sich die Menschen frei bewegen, jedoch war das Verlassen Opoles ohne behördliche Genehmigung verboten. Die Kontrolle des Ghettos übernahmen Deutsche: der Sicherheitsdienst der SS (SD), Gendarmerie und, nach Zeugenaussagen zu schließen, auch Wehrmachtsangehörige. Im Alltag waren die Ghettobewohner auf sich allein gestellt, wie sie an Arbeit und Verpflegung kamen. Ab Mai 1941 wurden etwa 800 arbeitsfähige Männer zur Zwangsarbeit in Deblin eingesetzt.

Im Frühjahr 1942 begann die Auflösung des Ghettos von Opole. Am 31. März 1942 wurden Ghettobewohnern in das Vernichtungslager Bełżec deportiert, und im Mai und Oktober 1942 war das Ziel der Transporte das Vernichtungslager Sobibor. Von den 2.003 aus Wien deportierten Juden sind bisher 28 Überlebende bekannt. Alfons Schächter und seine Eltern waren nicht unter ihnen.

Autorin: Hildegard Jakobs, Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf