Gedenkbuch

Pineas, Leo

Leo Pineas kam am 24. April 1897 in Düsseldorf als Sohn des Ehepaars Aron und Therese Pineas, geborene Oppenheimer, zur Welt. Er hatte vier Geschwister: Sofia (1894-1984), Veronika (1895-1942), Viktor (1904-1969) und Hermann (1892-1988).

Seine Eltern hatten am 18. April 1895 in Düsseldorf die Firma „Th. Oppenheimer“ gegründet. Eigentümer der Firma war allerdings sein Vater. Die Familie wohnte zu diesem Zeitpunkt in Düsseldorf in der Hohestraße 15, dort befand sich auch das Konfektionsgeschäft „Th. Oppenheimer“. Am 28. August 1897 wurde die Firma seiner Eltern wieder aus dem Düsseldorfer Handelsregister gelöscht. Danach arbeitete sein Vater als Buchhalter. Seit 1897 wohnte die Familie Pineas in der Elisabethstraße 54.

Leo Pineas besuchte die Städtische Oberrealschule am Fürstenwall. Ende des Schuljahres 1912/13 erhielt er den „Befähigungsnachweis für den einjährig-freiwilligen Militärdienst“. Ob er ihn antrat, ist nicht bekannt. Sein Bruder Hermann Pineas kämpfte als Soldat im Ersten Weltkrieg und wurde verwundet. Er hatte als Folge zeitlebens einen streifen Arm. 1918 heiratete er in Berlin und lebte auch dort.

Am 16. Oktober 1926 verstarb sein Vater in Düsseldorf im Alter von 72 Jahren. Er wurde auf dem neuen jüdischen Friedhof an der Ulmenstraße begraben. Am 28. November 1926 heiratete seine Schwester Sophie den Kölner Wilhelm Baehr in Düsseldorf und zog nach der Hochzeit nach Köln. Am 29. Juni 1939 heiratete sein Bruder Hermann Pineas in zweiter Ehe in Berlin. Leo Pineas war sein Trauzeuge. Seine erste Frau Therese Lilli Pineas war am 3. Februar 1927 in Berlin verstorben.

Am 15. Juni 1934 heiratete auch Leo Pineas. Seine Frau Mathilde Holzmann, die auch Tilly genannt wurde, stammte aus Bad Homburg, wo sie am 10. Februar 1899 als Tochter von Isidor und Helene Holzmann, geborene Mayer, zur Welt gekommen war. Am 7. Juli 1934 zog er von seinem Elternhaus in der Elisabethstraße 54 in die Klever Straße 31. Seine Frau zog von Bad Homburg kommend zu ihm am 10. Juli 1934. Sie wohnten in der dritten Etage. Leo Pineas arbeitete als Kaufmann.

Am 4. Juni 1936 zog sein Schwager Ernst Holzmann von der Kaiserswerther Straße 156 zu ihnen in die Klever Straße 31. Er bezog eine Wohnung in der fünften Etage des Hauses. Am 19. Januar 1937 gab es ein schönes Ereignis zu feiern: Leo Pineas Tochter Hannelore wurde geboren. Seine Schwiegermutter Helene Holzmann zog am 25. Juni 1938 mit ihrer erwachsenen Tochter Irma zu ihnen ins Haus Klever Straße 31. Im Zuge des Pogroms im November 1938 wurde Leo Pineas und seine Familie in der Wohnung überfallen. Die Möbel wurden mit Beilen zerschlagen, die Vorhänge zerschnitten und alles durch die zerhackten Fensterkreuze auf die Straße geworfen.

Seine Mutter Therese Pineas zog am 26. November 1938 von Düsseldorf nach Berlin. Dort wohnte immer noch Leos Bruder Dr. med. Hermann Pineas mit seiner zweiten Frau Hertha, geborene Appel. Seine Mutter lebte fortan im Haushalt seines Bruders in der Levetzowstraße 11a in Berlin Moabit. Hermann Pineas notierte 1946 in seinem Lebensbericht: „Am 6. November 1938 war ich zum 90. Geburtstag von Louis Cohen, dem Vater meines guten Freundes Josef in Düsseldorf, und auch zum Gottesdienst in der Synagoge. Mit Mutter war verabredet worden, dass sie baldigst zu uns nach Berlin ziehen sollte, da vorauszusehen war, dass man ihr als einzelner Frau die Wohnung, in der sie seit 1897 gewohnt hatte, nicht länger belassen würde. Im Zuge der Rath-Aktion zerstörte man der 78-jährigen Frau heldenhaft die Wohnung, sodass sie noch im selben Monat schweren Herzens zu uns nach Berlin übersiedelte.“

Sein Schwager Ernst Holzmann emigrierte am 15. Juni 1939 nach Großbritannien. Seine Schwägerin Irma folgte ihrem Bruder am 11. August 1939. Ob auch Leo Pineas die Emigration seiner Familie plante, ist nicht bekannt, aber gut möglich. Möglicherweise musste Leo Pineas zuletzt Zwangsarbeit im „geschlossenen jüdischen Arbeitseinsatz“ in Düsseldorf leisten. Auf der Deportationsliste wurde sein Beruf mit „Schlosser“ angegeben. Am 10. November 1941 wurde Leo Pineas mit seiner Frau Tilly und der vierjährigen Tochter Hannelore vom Düsseldorfer Güterbahnhof Derendorf ins Ghetto Minsk deportiert. Sie haben nicht überlebt.

Nach ihrer Deportation zog seine Schwiegermutter am 5. Januar 1942 von der Klever Straße 31 in die Kreuzstraße 58. Sie wurde am 21. Juli 1942 von Düsseldorf ins Ghetto Theresienstadt deportiert. Therese Pineas wurde aus Berlin am 14. September 1942 ins Ghetto Theresienstadt deportiert und verstarb dort am 2. Juli 1944. Hermann Pineas überlebte versteckt ab März 1943 mit seiner zweiten Ehefrau die NS-Zeit. Die beiden gingen im Juli 1946 nach Amerika. Hermann Pineas arbeitete von 1952 bis 1969 als Neurologe an einer New Yorker Klinik. Er verstarb am 22. November 1988 in New York.

Autorin: Hildegard Jakobs, Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf