Cohen, Isaac
Isaac Cohen wurde 1859 als Sohn von Abraham und Caroline Cohen, geborene Harff, in Bergheim an der Erft geboren. Seine Eltern hatten im Jahr 1854 geheiratet. Isaac hatte noch sechs Geschwister, wovon ein Bruder als Baby verstarb. Sein Vater arbeitete als Kaufmann.
Isaac Cohen gründete 1881 mit seinem Bruder Jacob die Firma „J. & J. Cohen“, Fell- und Darmhandlung. Das Geschäft war in der Kaiserswerther Straße 63. Im Jahr 1888 heiratete Isaac Cohen in Krefeld Eva Kamp. Seine Frau stammte aus der Samt und Seidenstadt. Dort war sie am 2. April 1863 als Tochter von Alexander und Johanna Kamp, geborene Hausmann, zur Welt gekommen. Sie hatte zwei Schwestern und zwei Brüder. Da ihre Mutter als Eva fünf Jahre alt war verstarb, heiratete ihr Vater ein zweites Mal. So bekam Eva noch sechs Halbgeschwister, von denen drei sehr früh verstarben. Ihr Vater Alexander Kamp war Häute Händler. Auch die meisten ihrer Geschwister arbeiteten später in dieser Branche.
Mit seiner Frau Eva hatte Isaac Cohen drei Söhne. Der erste Sohn, Arthur, am 13. Oktober 1888 in Düsseldorf zur Welt. Der Sohn Adolf wurde am 26. Mai 1892 geboren. Als letzter Sohn kam Eugen am 27. April 1895 in Düsseldorf zur Welt. Seit 1889 wohnte die Familie in der Fischerstraße 8. Dorthin hatte Isaac Cohen auch die Firma „J. & J. Cohen“ verlegt. In der Fischerstraße befand sich damals noch der Düsseldorfer Schlachthof. Im Jahr 1894 wurde Isaac Cohen alleiniger Eigentümer der Firma. Als in der Rather Straße der neue Schlachthof gebaut wurde, verlegte Isaac Cohen seine Firma in das Gebäude Rather Straße 56/58, Ecke Spichernstraße. Auch privat wohnte Isaac Cohen mit ihrer Familie nun in der ersten Etage des Hauses Rather Straße 56. Im Untergeschoß des Hauses führte er die Firma „J. & J. Cohen“. Im Jahr 1904 hatten sie die Geschäftsräume in die Rather Straße 56/58 das Haus aufwändig umgebaut. Es gab ein großes Lagerhaus mit elektrischem Aufzug, lange und breite Kellerräume mit speziellen Lichtschächten und einem besonderen Betonfußboden. Auf der Straßenseite verfügte das Gebäude über große Ausstellungsräume mit 10 Schaufenstern.
Seine Frau Eva war ein Familienmensch. Sie hielt auch nach der Hochzeit enge Verbindungen zu ihrer Familie in Krefeld. Fast jedes Wochenende trafen sich die Geschwister Kamp mit ihren Familien zusammen in einer der Wohnungen, erinnerte sich später Evas Enkel Walter Cohen.
Alle drei Söhne kämpften als Soldaten im Ersten Weltkrieg. Sein Sohn Eugen wurde verwundet. Sein Sohn Adolf fiel am 30. August 1918 in den letzten Kriegstagen. Dies war ein großer Schlag für die Familie. In der Todesanzeige hieß es: „Ganz unerwartet erhielten wir die erschütternde Nachricht, dass am 30. August unser treuer herzensguter Sohn und Bruder Adolf Cohen, Unteroffizier, Inhaber des Eisernen Kreuzes II. Klasse, im Alter von 26 Jahren ein Opfer des Völkerringens geworden ist, nachdem er vom Mobilmachungstage an nach zwei schweren Verwundungen seine Pflicht treu erfüllt hat.“
Sein Sohn Arthur heiratete 1921 Aenne Goldschmidt aus Krefeld. Die beiden schenkten ihnen zwei Enkelkinder: Walter (geboren 1924) und Margot (geboren 1926). Im Jahr 1930 heiratete sein jüngster Sohn Eugen die gebürtige Frankfurterin Lotte Rosenthal. Ihr nächster Enkel Gerd kam 1931 zur Welt. Mittlerweile war sein Sohn Arthur Cohen Hauptgesellschafter und Geschäftsführer der Firma „J. & J. Cohen“, Sohn Eugen Cohen war Gesellschafter der Firma geworden. Doch die Firma litt sehr unter dem Boykott jüdischer Geschäfte. Am 1. April 1933 wurden die Schaufenster ihrer Firma mit weißer Farbe beschmiert. Die Geschäftsleitung und Mitarbeiter der Firma Cohen durften das Schlachthofgelände nicht mehr betreten.
Der Plan, ihre weitere Immobilie direkt gegenüber vom Eingang des Düsseldorfer Schlachthofs modern umzubauen, musste nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wegen der Boykottmaßnahmen fallen gelassen werden. Um erste finanzielle Engpässe zu überbrücken, verkaufte Isaac Cohen die Immobilie Fürstenwall 22 noch im Jahr 1933.
Am 25. Januar 1938 feierten Isaak und Eva Cohen mit Freunden und Familie ihre Goldene Hochzeit. Mehrere Fotos der Feierlichkeiten haben sich erhalten. Doch es gab große Sorgen in der Familie bezüglich der Firma. Am 1. April 1938 musste die Firma „J. & J. Cohen“ zwangsweise aufgelöst und am 1. Juli 1938 an einen NSDAP-„Parteigenossen“ mit dem gesamten Warenbestand und dem Inventar zu einem Spottpreis verkauft werden. Sein Sohn Arthur Cohen wurde verpflichtet, dem neuen nationalsozialistischen Besitzer drei Monate ohne Bezahlung als Berater zur Verfügung zu stehen. Isaak und Eva Cohen planten schon zu diesem Zeitpunkt Düsseldorf zu verlassen und in die USA zu emigrieren. Isaac Cohen erhielt am 6. September 1938 die Bestätigung vom US-Generalkonsulat, dass er unter der Nummer 21031 in die Warteliste der Visumantragsteller eingetragen sei. Ihr Enkelsohn Walter Cohen war bereits nach Großbritannien emigriert. Seine Frau Eva schrieb ihm am 1. Oktober 1938 zu Jom Kippur: „Lieber Walter! Deine Briefe lesen wir immer mit Vergnügen, wenigstens haben wir etwas zum Lachen. Ich freue mich, dass Du dort so viel Zeit zum Denken hast, hier kämst Du wohl schon mal in Verlegenheit. (…) Ich wünsche Dir gut zu fasten und verbleibe mit herzl. Gruß u. Kuss, Deine Oma.“
Einen Monat später änderte sich alles für ihn und seine Frau Eva. Die 75-Jährige erlitt während des Überfalls durch Nazischläger in ihrer Wohnung einen Schlaganfall, der starke Lähmungen zur Folge hatte. Sein Sohn Arthur Cohen und auch der fast 80-jährige Isaac Cohen wurden nach der Verwüstung noch in der Pogromnacht verhaftet. Isaac Cohen durfte aufgrund seines hohen Alters das Polizeigefängnis am 11. November wieder verlassen, sein Sohn Arthur Cohen wurde dagegen am 16. November 1938 in das Konzentrationslager Dachau überführt. Er erkrankte dort schwer und wurde am 28. November, nach einem Antrag seiner Firma, die inzwischen durch die „Niederrheinische Treuhand Arens & Co.“ vertreten wurde, aus der Haft entlassen. Sein Sohn Eugen Cohen berichtete 1960 über die Überfälle auf ihn und seine Familienangehörigen: „In der Kristallnacht wurde das Haus meines Bruders, Graf-Recke-Straße 49 am Zoo, völlig zerstört, ebenso die Wohnung meiner Eltern, Rather Straße 56, welche kurz vorher die Goldene Hochzeit bei bester Gesundheit hatten feiern können. An den Folgen der schweren Misshandlungen starb meine Mutter völlig gelähmt nach langen Qualen.“
Sein Sohn Eugen Cohen hatte im Juni 1939 mit seiner Ehefrau und seinem Sohn nach England auswandern können. So wurde sein Frau Eva von seiner Schwiegertochter Aenne Cohen liebevoll gepflegt. Sein Sohn Arthur Cohen ließ sein Haus in der Graf-Recke-Straße so umbauen, dass Eva Cohen im Erdgeschoss ohne Stufen untergebracht war. Am 5. Juli 1939 schrieb sein Sohn Eugen an Verwandte im Ausland: „Während ich angefangen habe zu schreiben, kommt gerade u.a Post von Düsseldorf und schreibt Arthur verzweifelt und will von mir Aufklärung haben, was eigentlich los ist. Änne und Johanna teilten mir bereits vorige Woche mit, dass die l. Mama, trotz ihres furchtbaren Leidens, jeden Morgen fragt, ob mit der Post keine Einreise für Arthur gekommen ist. Es ist kaum zu glauben, dass die schwerkranke Frau, die doch nun 8 Monate auf derselben Stelle sozusagen unbeweglich liegt, auch nun den letzten Sohn hergeben will. Denn sie weiß genau, dass sie und auch der l. Papa keinen mehr von uns wiedersieht.“
Am 13. August 1939 schrieb seine Schwiegertochter Aenne Cohen an Eugen Cohen in Großbritannien: „Wir freuen uns stets über Eure guten Nachrichten. Bei dem herrlichen Wetter bringen wir die l. Mama immer auf den Balkon am Wintergarten, & ist sie dann doch in der frischen Luft.“ Doch seiner Frau Eva ging es immer schlechter. Die 76-Jährige starb am 29. Dezember 1939. Sie wurde auf dem jüdischen Friedhof an der Ulmenstraße begraben.
In der Folgezeit versuchten sein Sohn und die Schwiegertochter verzweifelt ihre Emigration zu realisieren, aber es gelang nicht rechtzeitig: Arthur Cohen und dessen Frau Aenne wurden am 27. Oktober 1941 ins Ghetto Litzmannstadt/Łódź deportiert. Sie wurden am 11. September 1942 von dort ins Vernichtungslager Chełmno gebracht und ermordet.
Der hochbetagte Isaac Cohen musste nach der Deportation von Arthur und Aenne aus dem Haus in der Graf-Recke-Straße 49 ausziehen und in die Duisburger Straße 77 umziehen. Er schrieb am 13. Juli 1942 von dort an die befreundete vormals Düsseldorfer Familie Heinemann nach Brüssel: „Ihre Zeilen habe erhalten und hoffe, dass es Ihnen gesundheitlich gut geht, mir geht‘s soweit G.L. gut; jetzt bin noch in ärztlicher Behandlung. Von meinen L. hier weiter nichts, nur empfange I. Anzeige über Geldsendungen, welche vorläufig auch aufhören, da am 21. Juli nach Theresienstadt fahre, ohne die ganze Pension.“ Isaac Cohen wurde am 20. Juli 1942 von Düsseldorf in das Ghetto Theresienstadt deportiert, er starb im Ghetto am 28. Juli 1942. Nach seiner Deportation hielt die Düsseldorfer Gestapo am 31. Juli 1942 fest, dass aus dem Besitz von Isaak Cohen 20.000 Reichsmark auf das Sonderkonto „W“ eingezahlt worden sei. Hintergrund dieses Schreiben war, dass nach der 11. Verordnung zum Reichsbürgergesetz das Reichssicherheitshauptamt (RSHA) nicht mehr direkt auf das Vermögen der deportierten Jüdinnen und Juden zugreifen konnte. Aus diesem Grund hatte das RSHA zur weiteren Vermögensabschöpfung ein sogenanntes „Sonderkonto W“ eingerichtet.