Gedenkbuch

Mendel, Paul

In Borken kam am 3. März 1883 Paul Mendel als Sohn der Eheleute Josef und Johanna Mendel, geborene Elgen, zur Welt. Er hatte zwei Brüder: Karl (1884-1902) und Max, der 1886 in Borken zur Welt kam. Paul Mendel und sein Bruder Max kämpften als Soldaten im Ersten Weltkrieg. Paul Mendel wurde im Dezember 1915 das Eiserne Kreuz II. Klasse verliehen. 

Nach dem Krieg wohnte Paul Mendel mit seiner Frau Meta, geborene Süsskind, in Düsseldorf. Am 2. Juli 1919 wurde ihr Sohn Günther und zwei Jahre später ihre Tochter Ruth geboren. Paul Mendel verdiente den Lebensunterhalt für seine Familie als Bankdirektor und Kaufmann. Die Familie wohnte in Düsseldorf in der Bahnstraße 67, seit dem 12. Dezember 1934 in der Schützenstraße 8, ab Ende 1936 in der Stromstraße 7.

Auch sein Bruder, der Anwalt Dr. Max Mendel, lebte mit seiner Familie in Düsseldorf. Beide Familien wurden in der Pogromnacht 1938 in ihren Wohnungen überfallen. Das Wohnungsinventar in der Stromstraße 7 wurde in der Nacht völlig zerstört. Mit im Haushalt lebten zu dieser Zeit auch sein verwitweter Schwiegervater Mayer Süsskind, sowie seine verwitwete Schwägerin Jenny Müller, geborene Süsskind. 

In Folge der Überfälle versuchte Paul Mendel die Emigration der Familie voranzutreiben. Sein Sohn Günther Mendel flüchtete im Oktober 1939 nach Brüssel. Auch sein Bruder Dr. Max Mendel und dessen Frau waren dorthin emigriert. Doch die rechtzeitige Flucht von Paul Mendel und seiner Familie gelang nicht. 

Paul Mendel wurde zusammen mit seiner Frau und seiner Tochter Ruth am 27. Oktober 1941 von Düsseldorf in das Ghetto von Litzmannstadt/Łódź deportiert. Zuvor hatte er in Düsseldorf im Rahmen des „Jüdischen Arbeitseinsatzes“ Zwangsarbeit leisten müssen. Sein Arbeitsbuch mit der Nummer 169/24609 wurde ihm am 2. Dezember 1941 im Ghetto von Litzmannstadt/Łódź abgenommen. 

Die Familie Mendel musste im Ghetto mit 63 weiteren Deportierten in das Zimmer 9 der Kollektivunterkunft Fischstraße 15 einziehen. Am 7. Dezember 1941 verfasste er zusammen mit seiner Frau und seiner Tochter eine Postkarte an seinen Sohn Günther in Brüssel, die dieser auch erhielt. Sie schrieben: „Erst heute sind wir in der Lage, Dir Zeilen zukommen zu lassen. Wir sind guter Dinge und hoffen selbiges von Dir. Natürlich sind wir besorgt, wie es Dir geht, und bitten Dich, uns nach Erhalt dieser Karte umgehend ausführlich zu schreiben. Postkarten, Briefe bis 20g sowie Geldsendungen in unbeschränkter Höhe können an uns geschickt werden. Hast Du inzwischen von den l. Verwandten in Antwerpen gehört? Ist die Büchersendung (Musikalien) ab Düsseldorf bei Dir eingetroffen?

Paul Mendel konnte sich und seine Familie durch den Nachweis seiner Weltkriegsauszeichnungen vom IV. „Aussiedlungstransport“ am 7. Mai 1942 zurückstellen lassen. Damit waren sie vorerst gerettet.

Nach der Auflösung der Kollektivunterkünfte zog die Familie am 4. Juni 1942 in ein Zimmer der Wohnung 3 in der Fischstraße 18. Paul Mendel musste sich im August 1942 stationär in einem der Ghetto-Krankenhäuser behandeln lassen, belegt sind die Daten 4. und 7. August 1942.
Seine Frau Meta wurde während der „Sperre“ im September 1942 im Ghetto aufgegriffen und ermordet. Paul Mendel verstarb am 12. April 1943 im Ghetto Litzmannstadt/Łódź. Als offizielle Todesursache wurde eine Herzkrankheit/Herzbeschwerden angegeben. Seine Tochter Ruth überlebte bis zur „Liquidierung“ des Ghettos im Sommer 1944. Danach verliert sich auch ihre Spur.

Autorin: Hildegard Jakobs, Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf