Gedenkbuch

Orzegow, Siegfried

Siegfried Orzegow kam am 30. Oktober 1881 als Sohn von Josef Orzegow (1846-1885) und seiner Frau Dorothea Orzegow (1852-1933), geborene Guttmann, in Düsseldorf zur Welt. Seine Eltern stammten ursprünglich aus Beuthen in Schlesien und waren nach ihrer Hochzeit im Jahr 1880 nach Düsseldorf gezogen. Siegfrieds Vater Josef Orzegow gründete 1881 die Manufakturwarenhandlung „S. Guttmann“ in der Grabenstraße 17, wo die Familie auch privat wohnte. Vier Jahre später verstarb sein Vater mit nur 39 Jahren. Er wurde auf dem alten jüdischen Friedhof begraben. Siegfried und seine Mutter Dorothea wohnten noch bis 1887 auf der Grabenstraße 17 und zogen von hier in die Kasernenstraße 27, wo sie bis 1898 wohnten.

Siegfried Orzegow besuchte das Königliche Gymnasium an der Alleestraße 32, der heutigen Heinrich-Heine-Allee, und schloss dieses im Jahr 1900 mit dem Abitur ab. Am 9. März 1900 fand in der Aula der Schule die Verabschiedung der Abiturienten statt, wo Siegfried eine Abschiedsrede auf Latein hielt. Zu dieser Zeit wohnten Siegfried und seine Mutter in der zweiten Etage auf der Aderstraße 8.

Nach dem Abitur begann Siegfried Orzegow ein Jurastudium und bestand 1903 die Referendariatsprüfung in Köln. Es folgte eine Promotion und seit 1908 arbeitete er als Rechtsanwalt beim Amts- und Landgericht Düsseldorf. Seine Kanzlei befand sich zu dieser Zeit auf dem Königsplatz 4. Dr. Siegfried Orzegow und seine Mutter zogen auf die Graf-Adolf-Straße 28, wo sie mindestens seit 1910 wohnten. Während er eine Wohnung im Erdgeschoss bezog, bewohnte seine Mutter Dorothea eine Wohnung in der zweiten Etage. Zwei Jahre später zog sein Büro vom Königsplatz in die Bismarckstraße 44/46 um.

Siegfried Orzegow kämpfte als Soldat im Ersten Weltkrieg und erhielt das Ehrenkreuz. Nach dem Ersten Weltkrieg folgte ein weiterer Umzug innerhalb Düsseldorfs. Dr. Siegfried Orzegow und seine Mutter zogen in die Hüttenstraße 48, wo beide mindestens seit 1922 in der zweiten Etage wohnten.

Siegfried Orzegow und seine Mutter Dorothea waren integrierte Mitglieder der jüdischen Gemeinde. Während seine Mutter ein langjähriges Mitglied und Vorsitzende im Israelitischen Frauenverein war, gehörte Siegfried 1927 zum Kreis der Repräsentanten-Stellvertreter der Synagogengemeinde. Außerdem war er lange Jahre sehr aktiv im „Jüdischen Jugendverein Düsseldorf“. Im April 1927 wurde er anlässlich des 25-jährigen Bestehens zusammen mit Josef Cohen und Oskar Manes zum Ehrenmitglied ernannt.

1933 wohnten Siegfried und seine Mutter für kurze Zeit in der ersten Etage der Helmholzstraße 40, bevor sie auf die Bismarckstraße 44 umzogen, wo sich auch Siegfrieds Orzegows Büro befand. Am 22. Oktober 1933 verstarb seine Mutter im Alter von 81 Jahren. Nach dem Tod seiner Mutter wohnte Siegfried Orzegow noch bis 1937 auf der Bismarckstraße. Von hier zog er in die Bahnstraße 26. 1940 folgte dann ein letzter Umzug in die Prinz-Georg-Straße 114.

Am 27. Oktober 1938 beantragte Siegfried Orzegow als jüdischer Konsulent zugelassen zu werden. In einem Personalbogen der Gestapo Düsseldorf hieß es 1938: „In politischer Hinsicht bisher nicht hervorgetreten.“ Dem Oberlandesgericht in Düsseldorf wurde mitgeteilt, „daß gegen die Zulassung als Konsulent für den Oberlandesgerichtsbezirk Düsseldorf staatspolitische Bedenken nicht bestehen.“ Der Präsident des Landgerichts, Krey, schrieb in seiner Beurteilung am 24. November 1938: „Nach den hier angestellten Ermittlungen ist gegen die Zulassung des Orzegows nichts einzuwenden. Er ist nie unangenehm aufgefallen. Sein Auftreten vor Gericht war still und zurückhaltend. Seine Praxis war nie groß. Von den wenigen Vorsitzenden, denen ein Urteil über ihn möglich ist, werden seine Fähigkeiten als gut bezeichnet. Ich möchte dieses Urteil für zu günstig halten. Ich erinnere mich selbst an Orzegow aus meiner früheren Beisitzertätigkeit am hiesigen Landgericht. Ich habe nicht den Eindruck, daß er überdurchschnittlich befähigt ist. Ich glaube aber, daß er seine Sachen fleißig und ordentlich bearbeitet, so daß ich gegen seine Zulassung keine Bedenken habe.“  Siegfried Orzegow wurde anschließend als „Konsulent“ zugelassen.

Am 11. Dezember 1941 wurde Siegfried Orzegow von Düsseldorf aus in das Ghetto Riga deportiert. Aus dem Ghetto sind keine Dokumente überliefert, die seinen weiteren Weg dokumentieren. Er hat nicht überlebt. Am 16. Februar 1942 widerrief Oberlandesgerichtspräsident Schwister die Zulassung Siegfried Orzegows als „Konsulent“, „da der Dr. Siegfried Israel Orzegow nicht mehr in Düsseldorf wohnhaft ist.“

Autorin: Frederike Krenz, Förderkreis der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf