Gedenkbuch

Hirsch, Ignatz

Der Kommerzienrat Ignatz Hirsch stammte aus dem bayrischen Ort Frankenwinheim bei Schweinfurt. Dort war er am 12. Juli 1871 als Sohn von Maier und Berta Hirsch, geborene Ganzmann, zur Welt gekommen. Sein jüngerer Bruder Theodor Hirsch wurde am 12. Januar 1875 geboren. Ignatz Hirsch war Mitinhaber der Weinessigfabrik „L. Hirsch“ mit Standorten in Schweinfurt, Düsseldorf, Stuttgart und Leipzig. Ignatz Hirsch war mit Frieda Daniel aus Weißenfels verheiratet. Die beiden bekamen zwei Kinder: Hans Gustav (später Harry) und Liese. Die Familie wohnte in Schweinfurt, wo Ignatz Hirsch auch in den 1920er-Jahren im Vorstand der dortigen Jüdischen Gemeinde war. In Düsseldorf und Schweinfurt führte er zusammen mit Justin Hirsch die Essig- und Konserven-Produktion.
Ignatz Hirsch kämpfte als Soldat im Ersten Weltkrieg. Er war im 1 Landsturm-Infanterie-Ersatz-Bataillon Unterfranken eingesetzt.

Ignatz Hirsch wurde am 19. April 1933 von den Nationalsozialisten festgenommen. Er wurde beschuldigt, Steuerhinterziehung begangen zu haben, und angeblich bestünde Fluchtgefahr und „Verdacht der Auswanderung“. Seine Frau Frieda verstarb 1935. Am 16. April 1936 wurde Ignatz Hirsch wegen Steuerhinterziehung und Kapitalverschiebung vom Landgericht Schweinfurt zu einer Geldstrafe von 50.000 RM oder ersatzweise 250 RM und einem Tag Gefängnis verurteilt. Die Essig- und Konserven-Produktion in Schweinfurt und Düsseldorf (nicht jene in Leipzig) wurde am 20. April 1936 unter Zwang an ein Konsortium bestehend aus der Degussa, IG Farben, Lonza und Wacker verkauft. Der neue Name sollte „Fränkische Weinessig- und Konservenfabriken“ lauten. Die Degussa übernahm 36 Prozent der Firmenanteile. Ignatz und Justin Hirsch erhielten auf dem Papier 149.250 RM für Büros, Ausrüstung, Rezepte und Verträge sowie weitere 304.700 RM für die wichtigste Fabrik. 

Ignatz Hirsch zog 1936 nach dem Verkauf seiner Firma nach Düsseldorf, wo sein Bruder Theodor Hirsch schon seit 1911 lebte. Sein Teilhaber Justin Hirsch emigrierte nach dem Verkauf. In Düsseldorf kauften die Brüder Ignatz und Theodor Hirsch Ende 1937 zusammen das Haus und das Grundstück in der Grunerstraße 19. Der Verkäufer, der Studienrat Dr. Moritz Katz, verkaufte, um dann mit seiner Familie in die Niederlande zu flüchten. Ignatz Hirsch zog im November 1938 in den ersten Stock des Hauses. Sein Bruder Theodor Hirsch wohnte mit seiner Familie im Hochparterre. Im ersten Stock wohnte auch die jüdische Familie Karl Otto und Frieda Oberländer.

Ignatz Hirsch wurde auf einer am 11. Dezember 1938 angefertigten Liste der Staatspolizeistelle Düsseldorf aufgeführt. Mithilfe dieser Liste wurden „einflussreiche Juden“ und „Vermögen über 100.000 RM“ erfasst. Im Frühjahr 1939 mussten die Brüder Hirsch Teile ihres umfangreichen Wertpapierdepots als „Judenvermögensabgaben“ auflösen.
Sein Bruder Theodor Hirsch verstarb am 28. April 1940. 

Ignatz Hirsch wurde mit dessen Witwe Jenny Hirsch und dem Ehepaar Oberländer am 27. Oktober 1941 von Düsseldorf in das Ghetto von Litzmannstadt/Łódź deportiert. Das Grundstück Grunerstraße 19 wurde am 25. Oktober 1941 beschlagnahmt und am 13. Februar 1942 endgültig auf das Deutsche Reich umgeschrieben. 

Im Ghetto musste Ignatz Hirsch in das Zimmer 3 der Kollektivunterkunft Fischstraße 15 einziehen. Am 3. Februar 1942 wurde er in das Greisenheim II des Ghettos in der Gnesener Straße 26 eingewiesen. Anfang Mai 1942 konnte er erreichen, vom IV. „Aussiedlungstransport“ am 7. Mai 1942 zurückgestellt zu werden. Als Begründung wurde „Überkontingent“ angegeben. Aber nur wenige Tage später wurde er mit dem XII. Transport, dem letzten der Mai-Deportationen, aus dem Ghetto von Litzmannstadt/Łódź nach Chełmno gebracht und dort ermordet.

Autorin: Hildegard Jakobs, Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf