Gedenkbuch

Sondheimer, Theodor

Am 2. Dezember 1877 kam Theodor Sondheimer in Würzburg zur Welt. Seine Eltern Simon und Clara Sondheimer, geborene Sontheim, bekamen ein Jahr später noch die Tochter Ida. Seine Schwester heiratete 1902 Albert Neumann und lebte anschließend mit ihm in Bamberg.

Am 21. Juni 1906 heiratete Theodor Sondheimer in Bochum die Witwe Hedwig Anschel, geborene Felsenthal. Ihre drei Kinder aus erster Ehe mit Richard Anschel (1866-1900), Hildegard (1892-1942), Rudolf (1894-1942) und Edith (1895-1964), adoptierte er.
Am 2. Juni 1908 verstarb überraschend sein Vater Simon Sondheimer während eines Kuraufenthalts in Karlsbad.

Seine Stieftochter Hildegard heiratete 1910 den Kaufmann Philipp Weinberg und gründete mit ihm eine Familie in Düsseldorf. Die Tochter Ruth wurde 1912 in Düsseldorf geboren.
Sein Stiefsohn Rudolf Anschel heiratete 1918 Irma Meyer aus Viersen. Auch sie gründeten eine Familie. Die Kinder Klaus (geboren 1921) und Lore (geboren 1923) kamen in Düsseldorf zur Welt.

Sein Stiefsohn Rudolf Anschel und der Mann seiner Stieftochter Hildegard arbeiteten in der Papierbranche. 1910 gründete Theodor Sondheimer mit Philipp Weinberg die Papierfabrik „Exakt“ in Düsseldorf. Zuvor hatte Theodor Sondheimer als Prokurist der „Rheinischen Papierwarenfabrik Max Klestadt“ gearbeitet.

Das Ehepaar Sondheimer wohnte Mitte der 1930er Jahre in der Grunerstraße 26 im Düsseldorfer Zooviertel. Die gutbürgerlich eingerichtete Wohnung in der ersten Etage mit schweren Eichenmöbeln, wertvollen Gemälden, einem Klavier und einer wertvollen Bibliothek wurde in den Vormittagsstunden des 10. November 1938 restlos zerstört. Heino Kraus, ein früherer Mitbewohner, erinnerte sich nach dem Krieg: „Dann gingen die SA-Lumpen nach oben in die Wohnung. Kurz darauf hörte ich oben Getöse und aus dem Fenster wurden nachstehende Gegenstände auf die Straße geworfen: Wäsche, Bilder, Porzellan, Kleider, Papiere, ein paar Kleinmöbel, Bücher und kleine Ziergegenstände. Zuletzt folgte dann noch der Topf mit der Erbsensuppe.

Am 3. Januar 1939 zog Theodor Sondheimer mit seiner Frau in das Haus Duisburger Straße 77 um. Am 16. November 1940 verstarb seine Ehefrau Hedwig in Düsseldorf. Seine Stieftochter Hildegard wohnte mit ihrem Ehemann Philipp Weinberg zu dieser Zeit nicht weit entfernt in der Rochusstraße 57. Sie korrespondierten regelmässig mit ihrer Tochter Ruth, die 1939 mit ihrem Ehemann Lothar Hirschkind nach Amerika emigriert war. In dem Briefkonvolut, dass sich erhalten hat, sind auch einige Briefe von Theodor Sondheimer enthalten. Am 7. Januar 1941 schrieb Hildegard Weinberg an ihre Tochter Ruth: „Vater ist immer bei jeder Gelegenheit in Tränen aufgelöst, der arme Kerl. Er sagt, er komme sich vor wie ein herrenloser Hund und richtig helfen kann man ihm ja auch nicht. Er ist am liebsten bei uns und kommt meistens schon am Vormittag auf eine halbe Stunde zu uns. In seinem Zimmer hält er es überhaupt nicht aus.“

Neben der Trauer um seine Frau sorgte sich Theodor Sondheimer auch weiterhin um seinen Stiefsohn Rudolf Anschel. Dieser war am 14. Juni 1938 von der Düsseldorfer Gestapo verhaftet worden. Vom Konzentrationslager Sachsenhausen war er ins Konzentrationslager Dachau gekommen. Am 5. Juli 1941 wurde er von dort in das Konzentrationslager Buchenwald überführt. Auch in dieser Zeit unterstützte ihn Theodor Sondheimer mit Geldsendungen. Auch als Düsseldorfer Meldeadresse wurde für Rudolf Anschel mittlerweile die Adresse seines Stiefvaters Theodor Sondheimer angegeben. Derweil gab es zunächst gute Nachrichten bezüglich der Emigration von Theodor Sondheimer. Seine Tochter Hildegard schrieb am 17. Juni 1941 an ihre Tochter Ruth: „Heute kann ich Euch eine überraschend erfreuliche Mitteilung machen. Habt Ihr einen Stuhl? Dann setzt Euch erst einmal. Opapa hat seit vorigem Freitag seine Passage und zwar für den portugiesischen Dampfer „Njassa“ abgehend von Lissabon am „29. Juli 1941“ !!!!! Er fährt also 5 Wochen früher als wir, wenn alles kIappt. Die Passage bekam er durch die Vermittlung des Joint. Wir sind natürlich sehr froh, dass er früher fortkommt als wir, denn es wäre für uns ein unangenehmes Bewusstsein gewesen, ihn bei unserer Abreise auf unbestimmte Zeit hier zurücklassen zu müssen. Noch froher sind die Damen in der Pension, die sich dauernd darüber beklagen, dass er ihnen das Leben wegen des Essens so schwer macht. Er ist jetzt wieder genau so quängelig, wie zu Lebzeiten von Omama.Ich fürchte, dass er sich in Rochester sehr umstellen muss; hier hat er das bis jetzt noch nicht getan. -“ Doch die Hoffnung auf die Emigration zerschlug sich für alle Familienmitglieder.

Am 10. November 1941 wurde Theodor Sondheimer vom Düsseldorfer Güterbahnhof Derendorf in das Ghetto von Minsk deportiert. Im gleichen Transport waren auch seine Tochter Hildegard Weinberg mit ihrem Ehemann Philipp. Alle drei haben nicht überlebt. Sein Stiefsohn Rudolf Anschel verstarb an 12. Februar 1942 im KZ Buchenwald.

Autorin: Hildegard Jakobs, Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf