Gedenkbuch

Heymann, Hermann

Hermann Heymann stammte aus Norden in Ostfriesland. Dort kam er am 24. September 1882 als Sohn des Ehepaars Levy und Rosette Heymann, geborene Cossen, zur Welt. In seiner Heimatstadt absolvierte er eine Lehre bei der Firma „Falk & Söhne“. Vor dem Ersten Weltkrieg kam er nach Düsseldorf und eröffnete im Mai 1913 ein Spiel- und Lederwarengeschäft auf der Friedrichstraße. Im gleichen Jahr heiratete er am 21. September Martha Oppler. 

Als er, nachdem er im Ersten Weltkrieg als Soldat gekämpft hatte, nach Düsseldorf zurückkehrte, lebte er mit seiner Frau und den beiden Söhnen Heinz (geboren 1916) und Ludwig (geboren 1914) zunächst in der Neustraße 16 und ab dem 12. April 1937 in der Schützenstraße 36. Im gleichen Jahr musste das Geschäft unter dem Zwang der Nationalsozialisten aufgegeben werden. Hermann Heymann versuchte danach, durch Vertretertätigkeiten im Rheinland und in Westfalen Geld zum Lebensunterhalt zu verdienen, musste aber 1938 auch diese Tätigkeit einstellen. 1938 versuchte Hermann Heymann die Auswanderung seiner Familie zu organisieren. Für ihn selbst und seine Frau gelang dies nicht. Hermann Heymann hatte zu dieser Zeit kein eigenes Einkommen mehr und wurde von der Jüdischen Gemeinde monatlich mit 40 Reichsmark unterstützt. 

In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde die Wohnung der Heymanns in der Schützenstraße 36 fast vollkommen zerstört. Seine beiden Söhne wurden verhaftet und mit weiteren jüdischen Häftlingen in das Konzentrationslager Dachau überführt. Von dort kamen sie nur frei, um umgehend die Auswanderung anzutreten. Am 31. Juli bzw. am 10. August 1939 konnten beide nach England ausreisen.

Für die direkte eigene Auswanderung war für das Ehepaar Heymann nun kein Geld mehr vorhanden. Hermann Heymann musste seit September des Jahres 1939 Zwangsarbeit als Bauarbeiter leisten. Seine Arbeitsbuchnummer lautete 169/237801, und sein Stundenlohn betrug 66 Pfennig. Zusammen mit weiteren jüdischen Zwangsarbeitern arbeitete er auf dem Ausstellungsgelände, auf dem 1937 die große Propagandaausstellung „Schaffendes Volk“ stattgefunden hatte. Hier sollte nun nach den Plänen der Stadt eine große Parkanlage entstehen. Zu den Aufräumungs- und Erdarbeiten sowie dem Abriss der alten Ausstellungshallen wurden jüdische Zwangsarbeiter eingesetzt. Zur Arbeit fuhr Hermann Heymann mit der Straßenbahn. Am 1. November 1939 wurde Hermann Heymann während einer Fahrscheinkontrolle festgenommen. Insgesamt waren sieben Personen ohne Fahrschein angetroffen worden. Die „Arier“ mussten nur eine Strafe bezahlen, die „jüdischen Schwarzfahrer“ wurden jedoch verhaftet. Unter ihnen war auch Hermann Heymann, der nun bis zum 17. November 1939 in „Schutzhaft“ festgehalten wurde. Er hatte einen Fahrschein, hatte lediglich den Geltungsbereich seiner gültigen Wochenkarte um eine Haltestelle überzogen. Der Gestapobeamte Pütz sah darin ein „dreistes und betrügerisches Verhalten“ und nutzte die Gelegenheit, „um die Öffentlichkeit vor diesen Volksschädlingen zu schützen und um der hiesigen Judenschaft ein Exempel zu statuieren“. Pütz bat „über Heymann die Schutzhaft zu verhängen und ihn auf unbestimmte Zeit einem Konzentrationslager zu überstellen“.

Nach seiner Entlassung wurde die „Schutzhaft“ in eine Meldepflicht umgewandelt. Das bedeutete, dass er sich alle 14 Tage bei der Gestapo melden musste. In den Monaten vor der Verhaftung hatte Hermann Heymann die Auswanderungsvorbereitung für Großbritannien betrieben, was sich aber zerschlagen hatte. Nun bemühte er sich um eine Ausreise nach Chile. Doch im Mai 1940 wurde die Einwanderung nach Chile offiziell gesperrt. Mittlerweile musste Hermann Heymann als jüdischer Zwangsarbeiter auf der „Baustelle Freibad Stoffeln“ arbeiten.

Am 27. Oktober 1941 wurde Hermann Heymann mit seiner Frau von Düsseldorf in das Ghetto von Litzmannstadt/Łódź deportiert. Sie mussten dort im Zimmer 3 der Kollektivunterkunft Fischstraße 15 leben. Am 8. Dezember 1941 und am 1. Januar 1942 versuchte er jeweils, eine Postkarte an Grete Oppler, eine Verwandte seiner Frau, zu schicken. Er berichtete einerseits, dass es ihm und seiner Frau gesundheitlich gut gehe, andererseits bat er aber dringend um Geldsendungen. Die Postkarten wurden allerdings beschlagnahmt und kamen nie an. 

Hermann Heymann sollte mit seiner Frau mit dem III. Transport am 6. Mai 1942 aus dem Ghetto ausgesiedelt werden. Zunächst schien es, als könnten sie davon zurückgestellt werden, denn ihr Name ist auf einer Liste aufgeführt, die die polnische Überschrift trägt „Lista Wstrzyman do decyzji KOMISJI LEKARSKIE“ . Dennoch wurden beide am 6. Mai 1942 aus dem Ghetto von Litzmannstadt/Łódź gebracht und im Vernichtungslager Chełmno ermordet.

Autorin: Hildegard Jakobs, Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf