Gedenkbuch

Wagner, Flora

geb. Wertheimer

Flora Wertheimer wurde am 11. August 1900 in Straßburg geboren. Sie war die Tochter von Samuel und Jeanette Wertheimer, geborene Blotzheimer, und seit 1922 mit dem Kaufmann Max Wagner verheiratet. Mit ihm hatte sie zwei Söhne: Arthur wurde am 31. Mai 1925 in Wuppertal-Barmen und Egon am 12. Juli 1931 in Düsseldorf geboren.

1934 ließ sich ihr nichtjüdischer Ehemann von ihr scheiden. Danach versuchte Flora Wagner, die Ausreise für sich und ihre Kinder zu organisieren. Dazu stellte sie Passanträge, zu denen von der Gestapo vermerkt wurde: „September 1937 Reisepass nach Frankreich (Weltausstellung)“ und „9. August 1939 zwecks Auswanderung“. Den Anträgen wurde nicht stattgegeben. 1938 lebte Flora Wagner mit ihren Kindern in der Düsseldorfer Wetekamstraße 40 (vor und nach der NS-Zeit ein Teil der Luisenstraße), später zogen sie in eine Wohnung in der zweiten Etage des „Judenhauses“ Truchseßstraße 33. Flora Wagner erhielt von ihrem Ehemann keinen Unterhalt, wurde aber von der Jüdischen Gemeinde unterstützt. Am 11. Juni 1938 feierte ihr Sohn Arthur in der kleinen Synagoge in Düsseldorf seine Barmizwa.

Im Jahr 1941 leitete die Gestapo Untersuchungen gegen Flora Wagner ein, die im März 1941 zu einer Hausdurchsuchung führten. Im Juni 1941 strengte Max Wagner ein Verfahren um die Vormundschaft der Kinder an, obwohl er nach der Scheidung auf das Sorgerecht verzichtet hatte. Als Max Wagner den zehnjährigen Egon kurz vor der angekündigten Deportation zum Abschied besuchte, wollte – wie er nach dem Krieg im Prozess gegen den Düsseldorfer Gestapobeamten Pütz aussagte – um seinem Sohn wenigstens einige Indianerfiguren zum Spielen mitzugeben, verhinderte dies Pütz mit den Worten: „Juden brauchen nichts zum Spielen“.

Am 27. Oktober 1941 wurde Flora Wagner zusammen mit ihren beiden Söhnen von Düsseldorf in das Ghetto von Łódź deportiert. Dort mussten sie mit weiteren Deportierten in das Zimmer 4 der Kollektivunterkunft Fischstraße 21 einziehen. Später lebten sie im Zimmer 9 in der Fischstraße 15. Flora Wagner wurde im Ghetto vom „Düsseldorfer Kollektiv“ für eine Arbeit in der Gummimantel-Fabrikation vorgeschlagen.

Im Ghetto gehörte ihr Sohn Egon Wagner zu den 62 Kindern im „Düsseldorfer Kollektiv“. Für ihn wurden in einer Liste der Kinder des „Düsseldorfer Kollektivs“ vier absolvierte Schuljahre vermerkt. Vom 31. Dezember 1941 ist eine beschlagnahmte Postkarte von Egon Wagner an seinen Vater überliefert, in der er sich für die Zusendung von 10 Mark bedankt. Flora Wagner erhielt vom Versorgungsamt Wuppertal eine Kindergeldzulage für ihn von 4,30 RM im Monat.

Im November 1941 versuchte ihr geschiedener Mann Max Wagner durch ein Schreiben an den NS-Innenminister Wilhelm Frick, seine Söhne aus dem Ghetto zurückzuholen. Er legte darin eine eidesstattliche Erklärung ab, seine Kinder 1934 aus der Jüdischen Gemeinde abgemeldet zu haben. Die Gestapo lehnte sein Gesuch jedoch ab. Da sein Vater sich um seine Rückkehr aus dem Ghetto von Łódź bemühte, wurde Arthur Wagner wiederholt von der Gestapo vernommen.

Flora Wagner konnte sich und ihre Kinder mit dem Hinweis auf den ungeklärten Status der Kinder und auf die Arbeitsstelle von Arthur Wagner in der Metallabteilung des Ghettos von der Deportation mit dem IV. Transport am 7. Mai 1942 zurückstellen lassen. Ab dem 18. Mai 1942 lebte Flora Wagner in der Wohnung 5 in der Sperlinggasse 4.

Sie wurde im September 1942 zusammen mit ihren beiden Söhnen aus dem Ghetto nach Chełmno gebracht und ermordet. Erst im Dezember 1942 erhielt ihr geschiedener Mann Max Wagner von der Gestapo die Mitteilung über den Tod seiner beiden Söhne. Er wandte sich am 8. Dezember 1942 nochmals an die Gestapo, um die genauen Todesumstände herauszufinden und um Todesurkunden ausstellen zu lassen.

Autorin: Hildegard Jakobs, Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf