Reinsberg, Karl Heinz
Karl Heinz Reinsberg kam am 22. November 1914 als zweites Kind von Albert und Martha Reinsberg in Düsseldorf zur Welt. Seine ältere Schwester Ilse war am 2. Juni 1911 in Brüssel geboren worden. Am 22. Oktober 1917 bekam Karl Heinz noch einen Bruder, Ernst.
Sein Vater Albert Reinsberg stammte aus Niedermarsberg. Dort war er am 4. Mai 1879 als ältestes Kind des Pferdehändlers Susmann Reinsberg zur Welt gekommen und mit neun Geschwistern aufgewachsen.
Seine Mutter Martha Herrmanns war am 4. Januar 1890 in Oberhausen als Tochter der Eheleute Isidor und Helene Hermanns, geborene Rosenthal, geboren worden.
1910 hatten seine Eltern geheiratet und dann zunächst in Brüssel gelebt. Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges waren sie 1914 nach Deutschland zurückgekehrt. 1915 begründete sein Vater zusammen mit seinem Bruder Hermann Reinsberg in Düsseldorf einen Großhandel für Pelzwaren in der Kreuzstraße 39 und das Pelzhaus Reinsberg. Zunächst befand sich das Geschäft im Haus Königsallee 84, ab 1930 dann in der Schadowstraße 39.
Ebenso wie sein Vater absolvierte Karl Heinz eine kaufmännische Ausbildung und danach ab 1936 eine Kürschner-Lehre in Brüssel. Seine Eltern wohnten weiterhin in Düsseldorf in der Schillerstraße 14.
An seinem 58. Geburtstag wurde sein Vater in der elterlichen Wohnung verhaftet. Der Vorwurf der Gestapo war ein Devisenvergehen. Als sein Vater dreiTage später, am 7. Mai 1937, im Düsseldorfer Gefängnis „Ulmer Höh“ ums Leben kam, beschloß Karl Heinz Reinsberg in Brüssel zu bleiben. Seine Freundin Ursula, genannt Ulla, Devries zog zu ihm und sie heirateten 1938. Ursula Devries war am 12. Mai 1919 in Hamborn bei Duisburg zur Welt gekommen. Ab 1934 hatte sie mit ihren Eltern Hermann und Elsa Devries, geborene Herz, in Düsseldorf gelebt.
In Brüssel wohnte auch der Halbbruder seines Vaters, Hermann Reinsberg (1898-1962). Auch der Halbbruder seiner Frau Ilse, Johannes Devries (geboren am 2. August 1915) befand sich in Belgien. Und auch seine Mutter Martha Reinsberg (1890-1980) zog von Düsseldorf nach Brüssel. Ihre Eltern Isidor und Helene Herrmanns holte sie ebenfalls nach Brüssel.
Als die Deutschen Belgien im Mai 1940 überfielen, wurden Karl Heinz Reinsberg und sein Onkel Hermann Reinsberg verhaftet und ab Oktober 1940 in das Internierungslager Saint Cyprien gebracht. Von dort kam Karl Heinz Reinsberg 1941 ins südfranzösische Internierungslager Gurs. Seine Frau Ursula folgte ihm nach Südfrankreich, um in seiner Nähe bleiben zu können. Sie bezog ein Quartier in Marseille. Ihre ursprünglichen Auswanderungspläne in die USA verzögerten sich aus Rücksichtnahme auf Ursulas Eltern, die noch in Düsseldorf waren.
Karl Heinz schrieb während der ganzen Zeit Briefe an seinen Bruder Ernst, der bereits 1936 nach Schottland ausgewandert war, und dort Medizin studierte. In diesem Briefwechsel ging er auch auf die Zustände im Lager Gurs ein. Noch 1941 ging Karl Heinz Reinsberg davon aus, dass das Lager nur „für die Unerwünschten, die für die Ausreise bestimmt sind“ installiert wurde. Auch die Nähe zur Hafenstadt Marseille ließ bei Karl Heinz die Hoffnung auf eine Auswanderung in die USA aufkeimen. Er gehörte zu den Gefangenen, die in der Umgebung zu Arbeitseinsätzen herangezogen wurden: Dadurch bestand andererseits Anspruch auf Urlaub: „Ich bekomme durchschnittlich 3 mal in der Woche Urlaub … und sehe Ulla [Ursula] so ziemlich häufig...“. Doch die Situation wurde immer unerträglicher. „Es warten zigtausende von Menschen hier noch auf ihre Auswanderung, aber die Möglichkeiten werden jeden Tag geringer.“
Seit Juni 1941 befand sich Karl Heinz Reinsberg im Lager Les Milles. Ebenso wie im Lager Gurs war auch im Lager Les Milles die Bedrohung durch die Deportation allzeit vorhanden. „Wenn man die Berichte hört, was mit den Leuten geschieht, die deportiert sind, kommt einem das Grausen, und bedenken, dass wir auch hier nicht in Sicherheit sind.“ Diese Worte schrieb Karl Heinz Reinsberg an seinen Bruder Ernst. Am 30. Juni 1942 schrieb Karl Heinz Reinsberg an seinen Bruder: „2 ½ Jahre interniert und man sieht kein Ende“. Doch das Ende war tragischerweise näher als vermutet, denn die Insassen von Les Milles wurden wenige Wochen später über das Durchgangslager Drancy bei Paris in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert.
Am 12. August 1942 schrieb Karl Heinz Reinsberg die letzte Nachricht an seinen Bruder: „Sandte Dir gestern ein Telegramm, dass wir in höchster Gefahr sind, doch scheint alles zu spät zu sein, da man allgemein mit einem Abtransport innerhalb der nächsten 48 Stunden rechnet. Was sich hier abgespielt hat, ist in der Weltgeschichte noch nie dagewesen, aber die Strafe darauf darf nicht ausbleiben, die muss einmal kommen. Kinder, Frauen und Männer zusammen eingesperrt und alle 10 Meter ein Gendarm mit Gewehr. Es ist grausam, welche herzzerreissenden Szenen sich schon abgespielt haben, aber das schlimmste wird erst kommen, wenn der Abtransport losgehen wird.“
Karl Heinz Reinsberg und seine Frau Ursula wurden am 17. August 1942 mit dem 20. Deportationszug von Drancy in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Nach der Selektion wurden 65 Männer und 34 Frauen in das Lager aufgenommen. Alle anderen wurden sofort ermordet. Einige mündliche Quellen besagen, das Karl Heinz und Ursula Reinsberg zunächst ins Lager aufgenommen wurden. Sie haben beide nicht überlebt.