Gedenkbuch

Blankenstein, Laura

geb. Cohen

Laura Cohen kam am 22. Juni 1856 als Tochter von Jakob Cohen und Karoline Cohen, geborene Leoni, in Düsseldorf zur Welt. Ihre Eltern hatten 1853 in Mainz geheiratet. Laura hatte noch einen jüngeren Bruder Max (1861-1935 Düsseldorf) sowie den 1860 geborenen Bruder Julius, der 1915 in Wiesbaden verstarb.

Ihr Vater Jakob Cohen führte in Düsseldorf eine Handelsgesellschaft für Wein und Spirituosen. Um 1875 nahm ihr Vater den Doppelnamen „Cohen-Leonie“ an. Lauras Brüder Max und Julius gingen 1892 nach Wiesbaden und firmierten dort nur noch unter dem Nachnamen „Leoni“.

Laura Cohen heiratete den Krefelder Seidenwarengroßhändler Arthur Blankenstein (1856-1901) und zog zu ihm nach Krefeld. Die Eheleute bekamen mit Ernst (geboren 1891), Else (geboren 1893), Leni (geboren 1895) und Max (geboren 1898) vier Kinder, die alle in Krefeld geboren wurden. Drei Jahre nach der Geburt von Max verstarb Lauras Mann Arthur Blankenstein am 5. Mai 1901 im Alter von 45 Jahren. Er wurde auf dem alten jüdischen Friedhof in Krefeld begraben. Laura Blankenstein musste ihre vier Kinder nun allein großziehen.

Laura Blankenstein zog nach dem Tod ihres Mannes zurück in ihre Geburtsstadt Düsseldorf, wo sie mindestens seit 1924 mit ihren ledigen Kindern Leni, Max und Else in ihrem Einfamilienhaus auf der Mozartstraße 19 wohnte.

Im November 1921 trat Laura Blankenstein aus dem Judentum aus. Ihre Kinder waren alle evangelisch getauft. Ihr älterer Sohn Ernst war mit der nichtjüdischen Magdalena Pecher verheiratet und wohnte ebenfalls in Düsseldorf, wo 1923 ihr Enkel Rudolf geboren wurde. Ihr Sohn arbeitete als Syndikus beim Bergischen Kraftfutterwerk. Während der NS-Zeit hatte er als einziger der Familie den Status „in Mischehe lebend“, dies führte zu Differenzen zwischen den Kindern.

Die verwitwete Laura Blankenstein wurde im Alltag vor allem von ihrer Tochter Else unterstützt, die ihr über viele Jahre hinweg bei geschäftlichen Dingen unter die Arme griff. Else Blankenstein erkrankte jedoch an einem Gehirntumor, sodass sich ihr Gesundheitszustand verschlechterte. In einem Brief von Laura Blankensteins Schwiegertochter Magdalena Blankenstein, geb. Pecher, vom 8. Februar 1950 ist über Elses Gesundheitszustand nachzulesen: „Wegen ihrer Erkrankung hatte sie für die politischen Dinge, wie sie sich in der Nazizeit namentlich den Juden gegenüber entwickelten, nicht mehr den erforderlichen Weitblick. Sie brachte es fertig … das Einfamilienhaus Mozartstraße 19 in ein Etagenhaus umbauen zu lassen. Die Folge hiervon war, daß meine Schwiegermutter mit ihren Töchtern in eine Etagenwohnung nach der Brehmstraße 35 zog.“ Ob der Umbau tatsächlich auf Elses Gesundheitszustand oder doch eher auf wirtschaftliche Überlegungen zurückzuführen war, kann nicht rekonstruiert werden. Der Mieterlös aus dem Haus Mozartstraße 19 war sicherlich eine wichtige finanzielle Einnahmequelle für Laura Blankenstein und ihre Tochter.

Ihre Schwiegertochter Magdalena Blankenstein berichtete in ihrem Brief weiter, dass Laura Blankenstein auf Anordnung der Gestapo zwei weitere Male umziehen musste. Zuletzt wohnte sie mit ihrer Tochter Else auf der Sternstraße 14.

Lauras Sohn Ernst blieb aufgrund seiner „privilegierten Mischehe“ von den meisten Maßnahmen gegen die jüdische Bevölkerung zunächst unberührt. Der Kontakt mit seiner Familie war jedoch erheblich eingeschränkt, wie Magdalena Blankenstein in ihrem Brief schrieb. Er besuchte beispielsweise seine Mutter Laura nur spät abends und auch recht selten. Wegen seines Verhaltens gab es häufiger Diskussionen, da Lauras Tochter Else dies als unsolidarisch empfand.

Laura Blankensteins Tochter Leni sowie ihr Sohn Max, die ebenfalls im Einfamilienhaus ihrer Mutter auf der Mozartstraße 19 und anschließend auch auf der Brehmstraße 35 gewohnt hatten, wurden am 10. November 1941 in das Ghetto Minsk deportiert. Sie haben nicht überlebt.

Wenige Monate später wurden auch Laura Blankenstein und ihre Tochter Else über ihre bevorstehende Deportation in das Ghetto Theresienstadt informiert. Ihr Schwiegertochter Magdalena Blankenstein berichtete über diese Ereignisse: „Als der Abtransport der Mutter meines Mannes bekannt war, sind wir bei ihr in ihrer letzten Wohnung in der Sternstraße gewesen, und ich habe noch beim Einpacken geholfen. Sie hatte jedoch ausdrücklich meinen Mann gebeten, nicht zum Schlachthof zu kommen, damit ihm und ihr diese schwere Abschiedsstunde erspart blieb, denn damals ging meine Schwiegermutter noch davon aus, daß mein Mann, weil er in einer privilegierten Mischehe lebte, von allen Verfolgungen verschont bleiben würde.“

Am 21. Juli 1942 wurde die 86-jährige Laura Blankenstein gemeinsam mit ihrer Tochter Else in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Hier verstarb Laura Blankenstein zehn Tage später am 31. Juli 1942 im Ghetto. Lauras Tochter Else Blankenstein wurde am 23. Januar 1943 aus dem Ghetto Theresienstadt in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert und ermordet.

Ernst Blankenstein wurde am 17. September 1944 im sogenannten „Mischehentransport“ von Düsseldorf aus in das Arbeitslager Vorwohle bei Lenne deportiert, einem Arbeitslager für Zwangsarbeiter. Von hier wurde er im Frühjahr 1945 weiter in das Ghetto Theresienstadt deportiert, wo Ernst Blankenstein befreit wurde. Er verstarb am 21. Dezember 1982 im Alter von 91 Jahren in Düsseldorf.

Autorin: Frederike Krenz, Förderkreis der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf