Gedenkbuch

Levison, Norbert

Am 2. Januar 1905 kam Norbert Levison in Mönchengladbach zur Welt. Er war das dritte Kind seiner Eltern Sally (Salomon) und Melanie Levison, geborene Wolff. Sein ältester Bruder Max war am 11. September 1902 in Mönchengladbach geboren worden. Die Schwester Nelly folgte am 5. Dezember 1903. Sein Bruder Jakob kam am 13. Dezember 1908 in Düsseldorf zur Welt.

Sein Vater Sally Levison arbeitete als Bäcker und Konditor. Die Familie wohnte 1903 in Mönchengladbach in der Bahnhofstraße 48. Dann zog die Familie nach Düsseldorf.

Da sein Vater Sally Levison am 21. Januar 1872 als holländischer Staatsbürger in Eindhoven zur Welt gekommen war, hatten auch seine Frau Melanie, die am 16. Mai 1876 in Böchingen geboren worden war, und die vier Kinder die holländische Staatsbürgerschaft. Ende der 1920er Jahre wurde Norbert Levison in den Niederlanden gemustert und in das Militärregister aufgenommen. Ob er dort einen längeren Wehrdienst geleistet hat, geht aus den Akten leider nicht hervor. Sein Beruf wird im Register mit „Kaufmannslehrling“ angegeben. Auch die Namen seiner Brüder finden sich im Militärregister.

Zunächst wohnte die Familie Levison in der Hohestraße 39 in Düsseldorf, wo seine Eltern eine Konditorei und ein Lebensmittelgeschäft (auch als Kolonialwaren bezeichnet) betrieben. Dort unterhielt Norbert Levison auch seine Papiergroßhandlung. Am 8. Oktober 1935 zogen seine Eltern in die Hüttenstraße 25. Auch dort unterhielten sie ein Lebensmittelgeschäft. Der Umzug war möglicherweise eine Folge der Diskriminierungen seit der Machtübernahme der Nationalsozialisten. Norbert Levison hatte bereits 1934 seine Papiergroßhandlung schon in die Alexanderstraße 17 verlegt.

Am 25. Mai 1934 heiratete er in Ratingen Erna Kahn. Seine Frau war am 1. Mai 1905 in Pirmasens zur Welt gekommen und wohnte mit ihren Eltern Ferdinand und Celestine Kahn in Ratingen. Die beiden bezogen eine gemeinsame Wohnung in Ratingen in der Bechemer Straße 2. Im gleichen Haus wohnten auch seine Schwiegereltern. Sie unterhielten ein Haushaltswarengeschäft am Markt 22 in Ratingen. Am 11. Juni 1936 kam die Tochter Ursel in Ratingen zur Welt. 

Am 28. April 1938 zog Norbert Levison von Ratingen wieder in sein Elternhaus in der Hüttenstraße 25 in Düsseldorf. Er hatte beschlossen, das nationalsozialistische Deutschland zu verlassen. Da die Levisons niederländische Staatsbürger waren, die Sprache beherrschten und auch Kontakte und wirtschaftliche Beziehungen dort hatten, war dies als Fluchtland natürlich die naheliegende Option. Seine Schwester Nelly Levison war bereits am 14. Juli 1937 nach Amsterdam emigriert.

Am 3. August 1938 meldete sich Norbert Levison mit Frau und Kind nach Amsterdam ab. Seit dem 15. September 1938 wohnte er mit seiner Frau Erna und der zweijährigen Tochter Ursel in Amsterdam in der Agamemnonstraat 10. Dort wohnte auch Martha Lode. Auch sie war aus Deutschland geflüchtet. Geboren worden war sie am 1. August 1910 in Duisburg. Sie sollte später Norberts Bruder Jakob Levison heiraten…

Am 20. Dezember 1938 meldete sich auch sein Bruder Jakob Levison zusammen mit den Eltern nach Zutphen in die Niederlande offiziell ab. Dort wohnten sie zunächst in der Bornhovestraat 15. Da Sally Salomons verwitwete Schwester Elisabeth Henriette Levison (1874 Eindhoven – 1943 Auschwitz) in Zutphen lebte, wo sie bis 1935 mit ihrem Mann Izak Levison (1875 Zutphen -1935) eine Bäckerei betrieben hatte, fiel die Wahl auf diese kleine Stadt in der Provinz Gelderland.

Norbert Levison versuchte sich zusammen mit seiner Frau in Amsterdam mit der Reparatur von Oberhemden finanziell über Wasser zu halten. Er und seine Frau inserierten zum Beispiel am 30. Januar 1942 eine diesbezügliche Anzeige im „Het Joodsche Weekblad“.

Am 20. Mai 1942 heiratete sein Bruder Jakob Levison Martha Lode in Amsterdam. Zusammen zogen sie am gleichen Tag in die Amstellaan 29 III. Am 2. November 1942 verstarb in Zutphen sein siebzigjähriger Vater.

Seine Schwester Nelly wohnte zusammen mit der Mutter Melanie Levison seit dem 9. März 1943 in der Cilliersstraat 11 in Amsterdam. Nach der großen Razzia vom 26. Mai 1943 wurden die beiden im Durchgangslager Westerbork interniert. Für die Mutter ist belegt, dass sie sich in Baracke 63 befunden hat. Am 11. Juni 1943 wurden beide in das Vernichtungslager Sobibor deportiert und dort ermordet.

Sein Bruder Jakob Levison war bereits am 21. Juli 1942  aus dem Durchgangslager Westerbork in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert worden. Er starb 1945 als Häftling im Konzentrationslager Mauthausen.

Am 20. Juni 1943 wurde auch Norbert Levison, zusammen mit seiner Frau Erna und der siebenjährigen Tochter Ursel, im Durchgangslager Westerbork interniert. Am 31. August 1943 wurden sie aus dem Lager mit Ziel Auschwitz deportiert. Der Zug traf am 2. September 1943 mit 1004 Menschen im Lager Auschwitz ein. Nach der „Selektion“ an der Rampe wurden 259 Männer und 247 Frauen als Häftlinge in das Lager aufgenommen. Die übrigen 498, darunter seine Frau Erna und die Tochter Ursel, wurden ermordet.

Am 8. Oktober 1943 wurden aus dem KZ Auschwitz 1032 jüdische Häftlinge in das Konzentrationslager Warschau überstellt. Unter den Häftlingen befand sich vermutlich auch Norbert Levison. Das Konzentrationslager Warschau war im Sommer 1943 auf den Ruinen des Warschauer Ghettos errichtet worden. Die Häftlinge wurden dort zur Zwangsarbeit eingesetzt. Viele starben an Typhus. Norbert Levison starb dort am 31. Januar 1944.

Autorin: Hildegard Jakobs, Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf