Weinberg, Philipp
Philipp Weinberg stammte aus Pfarrweisach in Unterfranken, wo er am 28. Februar 1881 als Sohn von Hirsch und Fanny Weinberg zur Welt gekommen war. Er wohnte 1910 bereits in Düsseldorf in der Hüttenstraße 36. Im Jahr 1910 verlobte sich Philipp Weinberg mit Hildegard Anschel. Am 9. Juli 1911 heirateten die beiden. Seine Frau stammte aus Bochum, wo sie 1892 zur Welt gekommen war. Sie wohnte zum Zeitpunkt der Hochzeit noch in Bochum. Ihre Tochter Ruth kam am 29. April 1912 in Düsseldorf zur Welt.
Philipp Weinberg arbeitete in der Papierbranche. Mit seinem Schwiegervater Theodor Sondheimer hatte er 1910 die Papierwarenfabrik „Exakt“ gegründet. Zuvor hatte er bei der Rheinischen Papierwaren Fabrik Max Klestadt in Köln gearbeitet. Die Papierwarenfabrik Exakt befand sich im Hinterhaus des Hauses Schinkelstraße 38 in Düsseldorf. Die gesamte Immobilie gehörte Philipp Weinberg und seinem Schwiegervater Theodor Sondheimer.
Während des Ersten Weltkrieges kämpfte Philipp Weinberg als Soldat und erhielt im März 1915 das Eiserne Kreuz Zweiter Klasse verliehen.
In den 1920er Jahren wohnte Philipp Weinberg mit seiner Familie in der Sternstraße 74. Bei der Wahl am 6. Juni 1920 sowie der am 20. Februar 1921 zum Rheinischen Provinzial Landtag war Philipp Weinberg stellvertretender Wahlvorsteher des 154. Wahlbezirks in Düsseldorf.
Seine Tochter besuchte das Goethe-Lyceum. 1932 begann sie eine Ausbildung zur Kindergärtnerin. Doch zu einer städtischen Festanstellung kam es wegen ihres jüdischen Glaubens nicht. Am 9. März 1937 heiratete seine Tochter Ruth den Kaufmann Lothar Hirschkind. Sein Schwiegersohn stammte aus Frankfurt am Main, wo er 1899 zur Welt gekommen war. Philipp Weinberg wohnte nun mit seiner Ehefrau im Haus Cranachplatz 4. Seine Tochter bezog mit ihrem Mann eine Wohnung in der zweiten Etage im Nachbarhaus, Cranachplatz 2. Seine Schwiegereltern wohnten Ende der 1930er Jahre nicht weit entfernt in der Grunerstraße 26. Die gutbürgerlich eingerichtete Wohnung in der ersten Etage mit schweren Eichenmöbeln, wertvollen Gemälden, einem Klavier und einer wertvollen Bibliothek wurde im Zuge des Pogroms in den Vormittagsstunden des 10. November 1938 restlos zerstört. Heino Kraus, ein früherer Mitbewohner, erinnerte sich nach dem Krieg: „Dann gingen die SA-Lumpen nach oben in die Wohnung. Kurz darauf hörte ich oben Getöse und aus dem Fenster wurden nachstehende Gegenstände auf die Straße geworfen: Wäsche, Bilder, Porzellan, Kleider, Papiere, ein paar Kleinmöbel, Bücher und kleine Ziergegenstände. Zuletzt folgte dann noch der Topf mit der Erbsensuppe.“ Aufgrund der Ereignisse zogen seine Schwiegereltern am 3. Januar 1939 in das Haus Duisburger Straße 77 um. Philipp Weinbergs Neffe Klaus Anschel, der Sohn seines Schwagers Rudolf, berichtete in einem Interview mit der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf darüber: „die ganze Familie, (…), die haben furchtbar viel mitgemacht in der Kristallnacht, alle ihre Möbel sind aus den Wohnungen rausgeschmissen worden, (…), und mein Großvater… wie nennt man das? – ist irrsinnig geworden, meine Großmutter musste ihn in die Irrenanstalt nach Grafenberg bringen, aber er ist dann wieder normal geworden. (…).“
Auch die Wohnung von Philipp Weinberg an Cranachplatz 4 war überfallen und zerstört worden Das gleiche passierte in der Wohnung seiner Tochter Ruth im Nachbarhaus. Seiner Tochter Ruth gelang zusammen mit ihrem Mann im März 1939 die Ausreise nach Großbritannien.
Im April 1939 zogen Philipp Weinberg und seine Frau in das Haus Rochusstraße 57. Sein Schwager Rudolf Anschel befand sich seit 1937 in Haft. Aus dem Konzentrationslager Sachsenhausen schrieb er am 16. Mai 1939 an seine Tochter Lore: „Bin ich wieder da, so muß ich erst Mutter zur Seite stehen“. Seine Hoffnung auf eine baldige Freilassung erfüllte sich jedoch nicht. Noch während er als Häftling im KZ Dachau war, verstarb seine Schwiegermutter Hedwig Sondheimer am 16. November 1940 in Düsseldorf. In dieser Zeit korrespondierten Philipp und Hildegard Weinberg regelmäßig mit ihrer Tochter Ruth, die sich mittlerweile mit ihrem Ehemann Lothar Hirschkind in Amerika befand. Am 7. Januar 1941 schrieb seine Frau: „Vater (Theodor Sondheimer) ist immer bei jeder Gelegenheit in Tränen aufgelöst, der arme Kerl. Er sagt, er komme sich vor wie ein herrenloser Hund und richtig helfen kann man ihm ja auch nicht. Er ist am liebsten bei uns und kommt meistens schon am Vormittag auf eine halbe Stunde zu uns. In seinem Zimmer hält er es überhaupt nicht aus.“ Und sie fügte an: „Ich trage heute zum ersten Mal einen schwarzen Pullover, an dem meine liebe selige Mutter so fleissig gestrickt hat. Frau Alexander hat ihn mir fertig gearbeitet.“
Seit Ende 1938 bemühte sich das Ehepaar Weinberg um die eigene Emigration als auch die seines Schwiegervaters Theodor Sondheimer. Es schien nun alles beantragt zu sein. Seine Frau schrieb am 17. Juni 1941 an die Tochter Ruth: „Bleibt recht gesund und betet, dass alles so bleibt wie bisher und wir am 5.9. gesund unser Schiff in Lissabon erreichen.“ Doch die Emigrationspläne zerschlugen sich, weil sich die Visa Erteilung verzögerte.
Philipp Weinberg wurde mit seiner Frau und seinem Schwiegervater Theodor Sondheimer am 10. November 1941 vom Düsseldorfer Güterbahnhof Derendorf in das Ghetto von Minsk deportiert. Sie haben nicht überlebt. Sein Schwager Rudolf Anschel verstarb an 12. Februar 1942 im KZ Buchenwald. Seine Urne wurde auf dem jüdischen Friedhof in Düsseldorf an der Ulmenstraße begraben.