Gedenkbuch

Mehler, Johanna

geb. Levy

Johanna Levy wurde am 16. Mai 1880 als Tochter des Textilkaufmanns Liebmann Levy und dessen Frau Fanny, geborene Aronstein, in Lippstadt geboren. Sie hatte fünf Geschwister, von denen ihr Bruder Fritz als Baby verstarb und ihr sieben Jahre jüngerer Bruder Georg Levy 1914 als Soldat im Ersten Weltkrieg getötet wurde.

Johanna Levy heiratete am 4. September 1905 dem gebürtigen Kölner Alfred Mehler. In Düsseldorf zog sie zusammen mit ihrem Mann ihre beiden Töchter Ruth (geboren 1906) und Liselotte (geboren 1909) groß. Die Familie wohnte im Düsseldorfer Zooviertel in der Schumannstraße 39. Durch die Stellung ihres Mannes bei der Waggonfabrik „Gebr. Schöndorff“ hatte die Familie ein sehr gutes Auskommen. Johanna Mehler konnte einen gutbürgerlichen Haushalt führen und ihren Töchtern eine gute Ausbildung sowie ein Studium ermöglichen. 

1931 heiratete die ältere Tochter Ruth und zog mit ihrem Mann Martin Weissenberg nach Frankfurt am Main. Die jüngere Tochter Lieselotte blieb in Düsseldorf. In der Pogromnacht 1938 wurden Johanna Mehler und ihre Familie in ihrer Wohnung in der Schumannstraße 39 überfallen und die Wohnung demoliert.
Johanna Mehlers Brüder Ludwig und Max Levy wurden in Lippstadt Opfer der Pogromübergriffe. Beide wurden verhaftet und in das Konzentrationslager Sachsenhausen überführt. Dort waren die Brüder schweren Misshandlungen ausgesetzt, an deren Folgen Ludwig Levy am 26. Dezember 1938 und Max Levy am 12. Januar 1939 in Lippstadt verstarben. Ihre Schwester Emilie (Milli) Levy (geboren am 25.07.1898 in Lippstadt) zog am 16. Mai 1939 kurzzeitig zu ihrer Schwester Johanna Mehler nach Düsseldorf. Danach konnte sie über die Niederlande nach England flüchten.

Im Februar 1940 wurde Johanna Mehlers Tochter Lieselotte der „Rassenschande“ verdächtigt, da sie in Kontakt mit dem „arischen“ Studienassessor Dr. Hans Schuckart stand. In der Folge wurden ihre Wohnung und die ihrer Eltern in der Schumannstraße 39 durchsucht und ihr Mann Alfred und ihre Tochter Lieselotte von der Gestapo verhaftet und verhört. Ihr Mann Alfred Mehler wurde nach drei Wochen aus der Haft entlassen, ihre Tochter musste nach siebenwöchiger Haft in ein „Umerziehungslager“. Dort lernte sie ihren späteren Ehemann Hans Wilhelm Karpe kennen, von dem sie schwanger wurde. Nach ihrer Freilassung zog sie wieder zu ihren Eltern nach Düsseldorf. 

Johanna Mehler und ihr Mann lebten mittlerweile am Kaiser-Wilhelm-Ring 1 in Düsseldorf-Oberkassel. Ihr Enkelkind Tana wurde am 30. August 1941 in Düsseldorf geboren. Als Johanna und Alfred Mehler die Benachrichtigung erhielten, dass sie für den ersten Transport vorgesehen seien, schloss sich ihre Tochter Lieselotte mit ihrem Ehemann und ihrem erst sieben Wochen alten Kind freiwillig der Deportation ihrer Eltern in das Ghetto von Litzmannstadt/Łódź an. 

Im Ghetto wurden alle zunächst in der Kollektivunterkunft Fischstraße 15, Zimmer 11, untergebracht. Am 14. Mai 1942 wurden Johanna und Alfred Mehler mit dem XI. „Aussiedlungstransport“ aus dem Ghetto von Litzmannstadt/Łódź in das Vernichtungslager Chełmno gebracht und dort ermordet. Ihre Tochter Lieselotte war von der Deportation zurückgestellt worden und wurde zusammen mit ihrem Kind im September 1942 während der „Sperre“ ermordet.

Autorin: Hildegard Jakobs, Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf