Gedenkbuch

Rindskopf, Leo

Am 13. Juni 1891 wurde Leo Rindskopf in Essen Werden geboren. Seine Eltern waren Moritz und Berta Rindskopf, geborene Herzfeld. Leo erhielt seinen Vornamen in Gedenken an seinen Urgroßvater Leopold Levy Rindskopf (1784 in Fürth – 1878 in Steele).

Sein Vater Moritz Rindskopf war am 11. April 1861 in Essen zur Welt gekommen und hatte zehn Geschwister. Er hatte am 26. März 1889 mit seinem Bruder Otto Rindskopf (1863-1934) in Essen Werden die Firma Gebr. Rindskopf gegründet. Das Unternehmen für Manufakturwaren unterhielt seit 1907 eine Zweigniederlassung in Herne.

Am 16. Juni 1916 schied sein 55-jähriger Vater Moritz aus der Firma „Gebr. Rindskopf“ aus und sein Onkel Otto Rindskopf führte das Unternehmen alleine weiter. Die Niederlassung in Herne hatten sie bereits 1914 an Oskar Schiffmann verkauft.
Im Ersten Weltkrieg kämpfte Leo Rindskopf als Obermatrose für die deutsche Marine. Seine Eltern zogen mit ihm 1919 nach Düsseldorf. Die Familie wohnte in der Grunerstraße 17.

Am 21. Juni 1921 verstarb sein Vater Moritz Rindskopf. Er wurde auf dem jüdischen Friedhof in Essen Steele begraben. Seine Mutter wohnte weiterhin in Düsseldorf in der Grunerstraße 17.

Am 21. August 1923 heiratete Leo Rindskopf die katholische Petronella, genannt Nelly, Frings. Die beiden hatten keine Kinder. Leo Rindskopf arbeitete als Kaufmann und Vertreter in der Textilwarenbranche. Leo Rindskopf zog mit seiner Frau in die Grunerstraße 27/29. Später zog seine Mutter zu ihnen. 

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde seine berufliche Tätigkeit immer schwieriger. Ob Leo Rindskopf in der Pogromnacht 1938 auch überfallen wurde, ist nicht bekannt. Auf jeden Fall wollte er das Deutsche Reich verlassen. Die Gestapo Düsseldorf stimmte am 29. Juni 1939 einer Paßerteilung zu.

Nach November 1938 konnte Leo Rindskopf seinem Beruf überhaupt nicht mehr nachgehen. Er war nun arbeitslos gemeldet. Seine Frau, die als Modeberaterin berufstätig war, sorgte nun für das Auskommen des Paars. Im Jahr 1939 wohnten sie immer noch in der Grunerstraße. Als Beruf wurde im Düsseldorfer Adressbuch des Jahres 1939 „Handelsvertreter“ angegeben. 

Leo Rindskopf befand sich im „geschlossenen Arbeitseinsatz“, ein Zwangseinsatz für jüdische Arbeitslose. Am 5. Dezember 1940 meldete das Straßenbauamt dem Düsseldorfer Arbeitsamt, dass seit 2 Wochen elf jüdische Arbeiter unentschuldigt bei ihrer Arbeitsstelle (Baustelle Freibad Stoffeln) fehlen würden. Leo Rindskopf war einer von ihnen. Das Arbeitsamt gab am 3. Dezember 1940 die Namen der elf an die Gestapo Düsseldorf weiter.

Leo Rindskopf war in dieser Zeit krank. Ab dem 3. Dezember 1940 war er wieder auf der Arbeitsstelle. Seit 1942 wohnte er mit seiner Frau im Haus Schillerstraße 25.

Am 21. Juli 1942 wurde seine Mutter Berta Rindskopf von Düsseldorf ins Ghetto Theresienstadt deportiert. Sie hatt seit dem 26. Juni 1942 in der Graf-Recke-Straße 21 gewohnt.

Seit dem 1. September 1941 galt die Verordnung, dass jüdische Bürgerinnen und Bürger in der Öffentlichkeit einen gut sichtbaren „Judenstern“ an ihrer Kleidung tragen mussten. Am 14. September 1942 wurde Leo Rindskopf festgenommen, da er bei einer Straßenbahnfahrt den „Judenstern“ mit einer Aktentasche verdeckt haben sollte. Er kam in das Gerichtsgefängnis Düsseldorf-Derendorf.

Am 29. September 1942 vermerkte der Gestapobeamte Pütz: „Die Ehefrau des zur Zeit in Schutzhaft befindlichen Juden Leo Israel Rindskopf, Petronella Rindskopf, geb. Frings, erschien unaufgefordert bei der hiesigen Dienststelle und erklärte, daß sie sich von ihrem jüdischen Ehemann scheiden lassen wolle. Gleichzeitig bat sie, ihren Ehemann einem Judentransport nach Theresienstadt, zu dem sich Rindskopf freiwillig melden würde, mitzugeben. Dieser Antrag wurde abgelehnt.

Vermutlich waren sich Leo Rindskopf und seine Frau der Gefahr in einem Konzentrationslager bewußt. Die Deportation ins Ghetto Theresienstadt, wo Leo Rindskopf Mutter seit knapp zwei Monaten war, schien das geringere Übel zu sein.

Der zuständige Beamte der Gestapo Düsseldorf beantragte einen Tag später, am 30. September 1942, beim Reichssicherheitshauptamt (RSHA) – Referent IV C 2 – die Anordnung der Schutzhaft mit Überführung in ein Konzentrationslager (Stufe 3).

Nelly Rindskopf beauftragte die Düsseldorfer Rechtsanwältin Charlotte Juchacz mit der Scheidungsklage vor dem Düsseldorfer Landgericht. Die formale Verteidigung von Leo Rindskopf übernahm der jüdische Rechtsanwalt Kurt Frank, der als „Konsulent“ für jüdische Klienten noch arbeiten durfte. In dem Schreiben der Rechtsanwältin Juchacz hieß es, die Ehe sei zerrüttet.

Am 4. Oktober 1942 fing die Postkontrolle einen sehr liebevollen Brief von Nelly Rindskopf an ihrem Mann im Gefängnis Ulmer Höh ab. Daraufhin schrieb die Gestapo an das Landgericht: „Die hierbei vorgebrachten Scheidungsgründe stehen offensichtlich im krassen Gegensatz zum Inhalt eines hier erfassten Briefes der Rindskopf an ihren Ehemann.“

Am 13., 14. und 29. Oktober 1942 bat Nelly Rindskopf per Schreiben an das RSHA in Berlin um Entlassung ihres Mannes aus der Schutzhaft. Am 21. Oktober 1942 bestätigte das RSHA die endgültige Schutzhaft. Als Haftprüfungstermin wurde der 17. Januar 1943 festgelegt.

Am 23. November verhaftete die Gestapo auch Nelly Rindskopf und überführte sie ins Frauengefängnis der Ulmer Höh. Sie wurde in Schutzhaft genommen, da sie den Behörden gegenüber falsche Angaben gemacht hätte. Am 14. Dezember 1942 wurde sie wieder entlassen.

Am 15. Dezember 1942 wurde Leo Rindskopf in das Konzentrationslager Mauthausen eingewiesen. Sein Tod wurde am 27. Januar 1943 vermerkt. Im Fernschreiben an die Gestapo Düsseldorf hieß es, er wäre an Herzschwäche verstorben und eine Leichenbesichtigung sei nicht gestattet. Seine Urne wurde auf dem neuen jüdischen Friedhof in Düsseldorf bestattet.

Autorin: Hildegard Jakobs, Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf