Gedenkbuch

Leeser, Sibilla Bella

geb. Isaacs

Am 4. März 1880 kam in Duisburg Sibilla Isaacs zur Welt. Ihr Vater war der Kaufmann Isaak Isaacs. In ihrer Familie wurde sie Bella genannt. In vielen Quellen wird ihr Geburtsname fälschlicherweise mit „Isaak“ angegeben. 

Sibilla war mit dem aus Elberfeld stammenden Kaufmann Benno Leeser verheiratet. Am 22. August 1904 wurde ihr erster Sohn Kurt in Straatsburg geboren. Kurze Zeit später zog sie mit Mann und Kind nach Düsseldorf. Noch im gleichen Jahr gründete ihr Mann die Damenhut-Firma „Benno Leeser“. Zum Hauptsitz in Düsseldorf kamen später noch weitere Filialen in Essen, Dortmund, Köln und Berlin dazu. Der zweite Sohn Ludwig kam am 27. November 1907 in Düsseldorf zur Welt. Der jüngste Sohn Edgar wurde am 8. Juli 1913 geboren.

Bella Leeser blieb berufstätig in der Firma ihres Mannes. Sie kontrollierte die Ateliers und die Einteilung der Ware für die verschiedenen Filialen; vor allem leitete sie jedoch bis Mai 1933 das Geschäft in der Königsallee 38-40 in Düsseldorf. Es arbeiteten dort etwa 20 bis 25 Angestellte. Ihre Schwiegertochter Else beschrieb sie später als „Seele des Geschäfts“. Vor ihrer Hochzeit mit Benno Leeser hatte sie eine kaufmännische Ausbildung bei Firma „Cohn und Epstein“ in Duisburg absolviert.

Die Familie wohnte in Düsseldorf im eigenen Haus in der Schillerstraße 27. Das Haus gehörte offiziell ihr. Es wurde später, im März 1936, zwangsversteigert.

Noch 1931 eröffnete die Firma Benno Leeser ihre größte Filiale. Sie befand sich in Berlin in der Leipzigerstraße. Bekannte Schauspielerinnen und weitere Prominente Berlinerinnen kauften hier ihre extravaganten Hüte. Die Geschäftsführung hatte ihr Sohn Ludwig Leeser. Die Filiale in Essen leitete ihr ältester Sohn Kurt Leeser. Der jüngste Sohn Edgar übernahm die Geschäftsführung in der Schadowstraße 21/23 in Düsseldorf.

1932 etablierte das Ehepaar Bella und Benno Leeser noch eine Filiale in Dortmund. Die Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 stellte die Firma vor ungekannte Probleme. Durch massive Boykottmassnahmen gingen die Umsätze zurück. Bei der reichsweiten Boykottaktion waren die Düsseldorfer Filialen der Firma Benno Leeser massiv mit sogenannten Boykottwachen zugestellt worden. Ein Foto davon wurde sogar in der nationalsozialistischen Zeitung „Volksparole“ veröffentlicht. Als Konsequenz des massiven Drucks emigrierte das Ehepaar Leeser im August 1933 in die Niederlande. Das Hauptgeschäft und die Filialen wurden zunächst weitergeführt.

Zunächst wohnte Bella Leeser mit ihrem Mann im Ort De Bilt bei Utrecht, dann ab dem 26. Juni 1934 in Amsterdam. Hier wohnten sie zunächst in der Schubertstraat 88. Noch im Jahr 1934 gründete Bella Leeser das Modehaus „Maison Bella“ in der Kalverstraat 42-44. In diesem Ladengeschäft wurden Damen- und Kinderhüte sowie Pelzwaren verkauft. Ihr Sohn Edgar, der 1934 emigrierte, fungierte später als Direktor des Geschäfts. Am 13. August 1941 wurde das Geschäft „arisiert“ und im Januar 1942 ganz geschlossen.

Ab dem 17. August 1936 wohnten Bella Leeser und ihr Mann im Haus Stadionweg 115. Das Haus hatten sie erworben. Ab dem 1. Februar 1940 war auch ihr Sohn Edgar Leeser im Haus Stadionweg 115 gemeldet. Ihr Sohn Ludwig Leeser, aus Berlin kommend, war schon am 13. November 1936 bei ihnen eingezogen.

Ihr Mann Benno Leeser starb am 4. August 1940 in Amsterdam. Bella Leeser veröffentlichte mehrere Todesanzeigen, darunter eine Todesanzeige im Nieuw Israëlietisch Weekblad in der Ausgabe vom 9. August 1940. Im Mai 1941 verlegte Bella Leeser ihr Geschäft in die Kalverstraat 21.

Von Januar 1941 bis zum 11. Juni 1941 die 32-jährige Lina Kahn aus Niederzissen als Dienstmädchen in ihrem Haushalt. die Arbeit. An 26. Dezember 1941 inserierte Bella Leeser im „Het joodsche weekblad“, dass sie eine (Haushalts) Hilfe suche. Am 9. Januar 1942 sowie am 27. März 1942 schaltete sie jeweils eine weitere Anzeige. 

Im September 1942 wurden regelmässig Juden in Amsterdam auf der Straße verhaftet oder aus ihren Wohnungen geholt, um deportiert zu werden. Scheinbar geriet auch Bellas Sohn in eine solche Aktion. Er wurde  verhaftet und umgehend über das Durchgangslager Westerbork in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort nach Ankunft am 30. September 1942 ermordet. 

Sibilla Leeser wurde erst 1943 über das Lager Vught in das Durchgangslager Westerbork gebracht. Dort kam sie in die Baracke 65. Aus dem Lager Westerbork wurde sie am 25. Mai 1943 in das Vernichtungslager Sobibor deportiert und ermordet.
Die Söhne Kurt und Ludwig Leeser überlebten; Kurt starb jedoch schon 1947 in Amsterdam. Ludwig, der sich später Lou nannte, emigrierte in die USA.

Autorin: Hildegard Jakobs, Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf