Gedenkbuch

Stern, Max

Max Stern wurde als jüngstes von vier Kindern am 15. Juni 1872 in Düsseldorf geboren. Seine Eltern Adolph und Rosalie Stern, geborene Rothschild, verstarben früh. Sein Vater Adolph Stern verstarb noch bevor Max Stern ein Jahr alt war. Als seine Mutter Rosalie Stern starb, war Max Stern erst 11 Jahre alt. Max wuchs er zusammen mit seinen Geschwistern Leopold (geboren 1868), Louise (geboren 1870) und Ida (geboren 1866) bei der Schwester seiner Mutter, der Geschäftsfrau Victorine Sternefeld, und ihrem Ehemann Salomon auf. Sie ermöglichten Max Stern von 1888 bis 1892 ein Studium an der Düsseldorfer Kunstakademie und eine vierjährige Studienzeit in München. Zurückgekehrt in seine Heimatstadt wurde Max Stern später u.a. Mitglied des Düsseldorfer Künstlervereins Malkasten. 

Im Jahr 1900 heiratete er Alice Burnier. Seine Frau war am 15. August 1877 in Düsseldorf als Tochter des Malers Richard Burnier zur Welt gekommen. Max Stern lernte seinen in den Niederlanden geborenen Schwiegervater allerdings nie kennen. Er starb, als Alice Burnier sechs Jahre alt war.

Das Ehepaar Stern lebte viele Jahre im eigenen Haus in Düsseldorf in der Gartenstraße 58 (heute Vagedesstraße 19). Die Schwiegermutter, Julia Burnier, geborene Furnivall, wohnte in den 1930er Jahren im gleichen Haus. Sterns Bruder Leopold Stern wohnte nicht weit entfernt  im eigenen Haus auf der Gartenstraße 21. 

1932 veranstaltete der Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen zu Max Sterns 60. Geburtstag eine große Ausstellung seiner Werke in Düsseldorf. In der Kölnischen Zeitung vom 15. Juni 1932 hieß es unter anderem: „Der Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen hat zu Ehren des Düsseldorfer Malers, der am 15. Juni 60 Jahre alt wird, eine Sammelausstellung eröffnet. Es sind durchweg Arbeiten aus den letzten Jahren. Max Stern, Sohn einer Düsseldorfer Familie, studierte an der Rheinischen Kunstakademie. Peter Janssen war ihm als Lehrer zugetan. Aber der junge Stern glaubte schließlich in München mehr Leben aufzutreiben als in Düsseldorf. Er blieb dort kurze Zeit Schüler von Marr. Bei der Münchener Sezession, (…), stellte er aus. Nach einer italienischen Reise ließ er sich in seiner Heimatstadt nieder. Er schuf große Bilder, in Italien schon eine Prozession, der am Niederrhein die Kevelaerer Prozession folgte. (…) Max Stern besann sich im Pastorale. Und es ist, als ob in diesen schönen beruhigten Bildern, in denen Mensch, Pflanze und Tier, Wald, Feld und Meer still beieinander sind, die natürlichen Mächte, die guten Geister zu Hilfe eilten. (…) Wenn wir sagen, diese Malerei ist gepflegt und sie hat etwas Endgültiges, so möchten wir damit auch die tiefe Beglückung andeuten, die ein echter Maler, allen Verkrampfungen abhold, nur haben kann. Das Auge ist befriedigt und doch immer wieder trunken in erneutem Verlangen zu schauen und zu erleben. (…) Max Stern bekennt sich gern zu Düsseldorf. Er ist einer der vornehmsten Maler dieser Stadt. Seine Kultur kommt nicht zuletzt den Bildnissen zustatten, die mit der künstlerischen Meisterschaft die unaufdringliche Haltung selbstbewußten und echten Bürgertums verbinden.“

1933 schloss der Malkasten Max Stern als „Nichtarier“ umgehend aus. Er erhielt Berufsverbot, konnte aber bis 1935 noch in Ausstellungen jüdischer Organisationen seine Bilder zeigen. Nach den Bestimmungen der 1935 erlassenen „Nürnberger Gesetze“ galt Max Stern als “Volljude“. Er genoss nur durch seine Ehe mit der „arischen“ Alice Burnier, die zusätzlich die niederländische Staatsangehörigkeit besaß, einen gewissen Schutz.

In der Pogromnacht vom 10. November 1938 wurde dennoch die Wohnung des Ehepaares in ihrem Haus in der Gartenstraße 58 vollständig verwüstet und Max Sterns Gemälde wurden zerstört. 

Durch seinen „Mischehestatus“ und mit Hilfe der Dominikanerinnen, in deren Krankenhaus Sterns Bruder Dr. Leopold Stern als Arzt gewirkt hatte, blieben Max Stern und seine Geschwister im Juli 1942 von der Düsseldorfer Deportation ins Ghetto Theresienstadt verschont.

Ab dem 25. Januar 1943 wohnte in ihrem Haus auch der ehemalige Amtsgerichtsrat Dr. Arthur Asch. Er galt für die Nationalsozialisten als „Nichtarier“, durch seine „arische“ Frau Bertha, geborene Scholz, war auch er von den ersten großen Deportationen verschont geblieben.

Am 12. Juni 1943 kam es zu einem der folgenschwersten Bombenangriffe auf Düsseldorf. Der Angriff ging als Pfingstangriff in die Düsseldorfer Kriegschronik ein. Das Gebäude Gartenstraße 58 wurde durch Bombentreffer schwer getroffen. Max Stern starb dabei am 12. Juni 1943 im Keller seines Hauses. Seine Frau Alice, die mit ihrer Mutter auch den Keller aufgesucht hatte, überlebte, ihre Mutter Julia Burnier dagegen starb ebenfalls. Auch die Ehefrau von Arthur Asch überlebte den Angriff nicht. Ihr Mann berichtete später Dr. Fritz Friedländer in Melbourne über diesen Angriff: „Im Laufe einer ausgedehnten Unterhaltung erzählte er mir, dass bei einem schweren Luftangriff auf Düsseldorf, 1943, der Keller, in dem er und seine erste Frau sich befanden, durch einen Bombentreffer zum Einsturz gebracht wurde. Wie durch ein Wunder, kam er selber mit dem Leben davon; seine Frau jedoch war in den Trümmern verschwunden. In verzweifelter Anstrengung versuchte er, sie zu finden, musste jedoch dieses Vorhaben schweren Herzens aufgeben, weil er bei seinem krampfhaften Suchen in Gefahr geriet, von den nachstürzenden Trümmern erschlagen zu werden.“ Dr. Asch konnte sich aus den Trümmern schließlich befreien und tauchte unter. Im Versteck und mit falscher Identität überlebte er die restliche NS-Zeit.

Alice Stern wurde später schwer verletzt aus den Trümmern geborgen und vermutlich in ein Krankenhaus gebracht. Über den Tod ihrer engsten Angehörigen blieb Alice Stern untröstlich. Die 66-Jährige beging am 14. Dezember 1943 aus Verzweiflung Suizid.

Autorin: Hildegard Jakobs, Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf