Gedenkbuch

Weyl, Elfriede (Elly)

geb. Dalberg

Am 16. Mai 1886 kam Elfriede Dalberg in Brilon im Hochsauerlandkreis zur Welt. Ihre Eltern Julius und Selma Dalberg, geborene Herzheim, hatten 1883 geheiratet. Elfriede, die im Familien- und Freundeskreis Elly genannt wurde, bekam noch vier Geschwister: Rudolf (1885 Brilon-1954), Friedrich (geboren 1888), Ernst (1893-1915) und Hans (geboren 1899 in Iserlohn). Die Familie lebte in Iserlohn in der Hagener Straße 48. Ihr Vater führte zusammen mit seinem Bruder Sally die Firma „Gebr. Dalberg“ in Iserlohn. Eine Großhandlung für Holz- und Baumaterialien.

Als Elly zehn Jahre alt war, wurde ihre Schwester Käthe geboren. Sie verstarb am 7. Februar 1898 noch keine zwei Jahre alt. Für die Familie war dies ein schwerer Schlag. Am 1. Januar 1899 kam ihr Bruder X in Iserlohn zur Welt. Zu diesem Zeitpunkt wohnte die Familie in der Hagener Straße 64. Am 24. Juli 1907 verstarb ihr Vater Julius Dalberg in Iserlohn im Alter von 52 Jahren.

Am 26. März 1909 heiratete Elly Dalberg in Iserlohn Carl Weyl. Ihr Mann stammte aus Bocholt, wo er am 27. Dezember 1876 zur Welt gekommen war. Seiner Familie gehörte eine mechanische Weberei mit 450 Webstühlen in Bocholt, die ihr Mann später mit seinen Brüdern führte. Die beiden lebten gemeinsam in Bocholt. Am 3. Juli 1912 kam ihr einziges Kind, die Tochter Erna, zur Welt.

Am 18. August 1915 starb ihr 22-jähriger Bruder als Soldat im Ersten Weltkrieg. Auch ihre beiden Brüder Dr. Rudolf Dalberg und Friedrich Dalberg kämpften zu diesem Zeitpunkt als Soldaten. Auf der Todesanzeige für ihren Bruder steht hinter dem Namen ihres Mannes Carl Weyl „z. Zt. Berlin“.

Ihr Bruder Rudolf Dalberg, der seit 1913 als Rechtsanwalt am Oberlandesgericht in Düsseldorf zugelassen war, ging 1918 nach Berlin und wurde dort Ministerialbeamter. Ihr Bruder Friedrich Dalberg führte das elterliche Geschäft in Iserlohn in der Hagener Straße 62. 1919 heiratete er Minning Linden in Iserlohn.

Elly Weyl blieb zunächst mit ihrer Familie in Bocholt in Friedenstraße 2 wohnen. In Bocholt wohnten 1932 etwa über 200 Juden. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten kam es zu Überfällen auf jüdische Geschäfte und zu Übergriffen durch SA Männer. Am 2. November 1933 zog Elly Weyl mit ihrem Ehemann nach Düsseldorf. Ihr Ehemann hatte das Haus seiner Schwester in der Lindemannstraße 35 geerbt. Das Haus war eigentlich ein Einfamilienhaus mit 18 Zimmern. Über die Jahre zogen aber noch andere jüdische Mieter dort ein. 

Am 5. Mai 1934 verstarb ihre Mutter Selma Dalberg in Iserlohn. Sie wurde 75 Jahre alt. Vermutlich wurde sie auf dem jüdischen Friedhof in Iserlohn begraben.

Elly Weyl und ihr Mann nahmen 1935 die ersten jüdischen Mieter in ihr Haus auf. Am 1. Juni 1935 zog das Ehepaar Isidor und Berta Herz ein. Wenige Tage später heiratete Ellys Bruder Rudolf in Berlin. Seine Frau Hildegard war keine Jüdin. Währenddessen absolvierte ihre Tochter Erna in Berlin eine Ausbildung zur Säuglingsschwester. Möglicherweise hatte ihr Schwager, der Kinderarzt Dr. Julius Weyl, sie zu dem Beruf inspiriert.

Am 28. September 1938 emigrierte ihre Tochter Erna Weyl nach Amerika. Im November 1938 lebten neben Elly Weyl und ihrem Ehemann noch das Ehepaar Isidor und Grete Herz sowie ab dem 2. Juni 1938 Eugen und Hermine Simson in ihrem Haus. Während des Novemberpogroms 1938 wurde das Haus überfallen. In der Wohnung von Elly und Carl Weyl wurde besonders viel zerstört: wertvolle Gemälde wurden aus den Rahmen gerissen, Teppiche und Möbel auf die Straße geworfen. Ihr Ehemann Carl Weyl wurde bei dem Überfall so schwer misshandelt, dass er am 28. Dezember 1938 seinen Verletzungen erlag. Rabbiner Dr. Eschelbacher schrieb in seinem Bericht über den Pogrom in Düsseldorf, dass Weyl so auf den Schädel geschlagen wurde, dass er wie tot liegen blieb. Ihr Ehemann wurde auf dem jüdischen Friedhof an der Ulmenstraße begraben.

Im Januar 1940 zog Elly Weyl aus dem Haus Lindemannstraße 35 in die Beethovenstraße 8. Etwa um die gleiche Zeit zogen alle anderen jüdischen Mietparteien aus. Vermutlich wurde das Haus in dieser Zeit (zwangs)verkauft. Elly Weyl lebte in ihrer neuen Unterkunft noch etwa zwei Jahre. Sie beantragte einen Paß, um vermutlich zu ihrer Tochter nach Amerika auszuwandern. 

Ihr Bruder Dr. Rudolf Dalberg war zusammen mit seiner Ehefrau und dem Bruder Hans Dalberg nach Großbritannien emigriert. Eine Emigration von Elly Dalberg gelang nicht mehr rechtzeitig. Am 22. April 1942 wurde sie vom Güterbahnhof Düsseldorf Derendorf in das Ghetto Izbica deportiert und ermordet.

Autorin: Hildegard Jakobs, Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf