Gedenkbuch

Altmann, Johanna

geb. Lesem

Johanna Lesem kam am 8. Juni 1889 in Thaleischweiler als viertes Kind des Ehepaars Abram und Karoline Lesem zur Welt. Ihre Mutter und ihre Schwester lebten ebenfalls in Düsseldorf. Ihr Bruder Isidor wohnte im nahen Krefeld. David Altmann und Johanna heirateten 1921. Ihr Mann war am 31. Januar 1883 als jüngstes Kind des Schneidermeisters Koppel Altmann und dessen Frau Rosalie, geborene Feuerstein, in Schrimm an der Warthe (polnisch Srem) geboren worden. Sein Elternhaus war orthodox geprägt. David Altmann schrieb darüber in seinem Abschiedsbrief 1941: „Die sel. Eltern haben vor allem in uns gepflanzt das fromme Herz und das unverbrüchliche G’ttvertrauen, das uns auch in dieser schweren Stunde nicht verlässt und unser fester Halt für die Zukunft ist.“

Auch ihr Mann David arbeitete als Schneider. Sein Bruder Samuel Altmann führte schon seit 1892 ein Konfektionshaus im westfälischen Münster. Dessen Düsseldorfer Filiale übernahm David Altmann. Johanna Altmann, ebenfalls gelernte Schneidermeisterin, betrieb einen Modesalon in der Blumenstraße 9, wo die Familie – am 28. Dezember 1921 wurde der einzige Sohn Alfred geboren – auch wohnte.

Während des Pogroms 1938 wurden Wohnung und Arbeitsstätten der Familie Altmann von zwei SS-Männern völlig verwüstet. Im Februar 1939 konnte ihr Sohn Alfred Altmann mit einem Kindertransport nach Großbritannien einreisen.

Johanna und David Altmann mussten in ein sogenanntes „Judenhaus“ in die Teutonenstraße 9 ziehen. Ihren Modesalon in der Blumenstraße mussten sie aufgeben, er wurde fortan von einer „Arierin“ geführt. In einer Akte, die die Gestapo am 15. April 1941 über sie anlegte, ist vermerkt, dass sie als „jüdische Näherin für jüdische Personen von der Stadtverwaltung Düsseldorf zugelassen“ sei.

Bis zum Tag ihrer Deportation bekam das Schneiderehepaar Altmann Hilfe von ihrer langjährigen Freundin und ehemaligen Angestellten, der Schneiderin Martha Schumacher. Sie besorgte u.a. Lebensmittel, die sie als Juden nicht kaufen durften. Sie trafen sich dann in Parks oder abgelegenen Straßen und Martha Schumacher übergab das Brot und andere Dinge, die Juden nicht mehr erwerben durften. Vor der Deportation übergab ihr das Ehepaar Altmann einige Gegenstände, die sie, wenn möglich an den ins Ausland emigrierten Alfred geben sollte.

Am 27. Oktober 1941 verließ das Ehepaar Düsseldorf und wurde mit weiteren 1001 Personen in das Ghetto von Łódź deportiert. Dort wurden Johanna und David Altmann mit weiteren 71 Personen in das Zimmer 1 der Kollektivunterkunft des „Düsseldorfer Kollektivs“, Fischstraße 15, eingewiesen. Im Dezember 1941 schrieb David Altmann an seine Schwester Lina Kochmann nach Köln: „Meine sehr Lieben! Wir erhielten Eure Sendungen und danken Euch recht herzlich dafür. Es war sehr lieb von Euch, dass Ihr so an uns gedacht habt, da wir uns damit helfen können. (…) Von uns können wir Euch berichten, dass wir soweit gesund sind und uns eingelebt haben. Leider haben wir von Max und Irma noch nichts gehört, [mit] der lieben Johanna, Gertie, Werner sind wir öfters zusammen, sie sind wohlauf. Lasst es Euch weiter gut gehen, mit den herzlichsten Grüssen und Küssen. Euer David.“ Die Karte wurde beschlagnahmt und nicht zugestellt.

Anfang Mai 1942 sollten Johanna und David Altmann „ausgesiedelt“ werden, sie wurden aber zurückgestellt. Am 27. Mai 1942 zogen Johanna und David Altmann in ein Zimmer der Wohnung 5 in der Sudetenstraße 16. Aus den Eintragungen des Evidenzbuches des „Düsseldorfer Kollektivs“ geht hervor, dass beide im Juli 1944 noch im Ghetto von Łódź gelebt haben. Es ist anzunehmen, dass sie im August 1944 mit einem der Transporte aus dem Ghetto in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert wurden.

Autorin: Hildegard Jakobs, Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf