Gedenkbuch

Cohen, Betty

geb. Spier

Betty Spier wurde am 7. Januar 1884 in Momberg als Tochter von Michael und Bertha Spier, geborene Frank, geboren. Der Ort ist heute ein Stadtteil von Neustadt und ist etwa 35 km von der Stadt Marburg entfernt. Betty hatte noch zwei Brüder und zwei Schwestern. Ihr Schwester Kathi verstarb, als Betty zwei Jahre alt war. Auch ihr vier Jahre älterer Bruder Moritz Spier verstarb früh. Er fiel 1917 als Soldat im Ersten Weltkrieg. Ihr Vater Michael Spier arbeitete als Bäcker. Er stellte auch die für das Pessach-Fest benötigten Mazzen (ungesäuerte Brote) für die jüdischen Gemeinden der Umgebung her.

Betty Spier heiratete Josef Cohen aus Düsseldorf. Ihr Mann war dort am 28. Mai 1882 zur Welt gekommen. Seine Eltern war Louis Cohen und Jeanette Cohen, geborene Fuchs. Er hatte vier Geschwister, die alle unverheiratet blieben und im Hause der Eltern in der Oststraße 18 wohnten: den zwei Jahre älteren Bruder Siegfried und die Schwestern Clara (geboren 1885), Sofie (geboren 1888) und Martha (geboren 1892). Ihre Schwiegermutter Jeanette Cohen war 1908 im Alter von 60 Jahren verstorben.

Bettys Ehe mit Josef Cohen blieb kinderlos. Sie hatten aber eine Pflegetochter: Sidonie „Toni“ Spier, die am 5. September 1906 in Momberg zur Welt gekommen war. Ihr Mann war 1924 Mitglied des Vorstands der Jüdischen Gemeinde in Düsseldorf, in der Leitung der Bnai-Brith-Loge und Vorsitzender des Vereins zur Verbreitung und Förderung der Handwerke unter den Juden. Seit Februar 1920 wohnte das Ehepaar Cohen im Haus Oststraße 52. Das Haus gehörte dem nicht-jüdischen Kunsterzieher Heinrich Nobis-Wicherding und seiner Frau Anny. In beiden Häusern auf der Oststraße verkehrten Musiker und Schriftsteller. Ihr Mann spielte Violine in einer Kammermusik-Gruppe, und ihre Schwägerinnen Clara und Martha sangen im Tonhallen-Chor.

Ihr Mann Josef Cohen arbeitete als Handelsvertreter für Textilstoffe. Nach Beginn der NS-Diktatur liefen seine Geschäfte immer schlechter. Ihr Schwager Siegfried Cohen starb am 6. September 1934. Ihre Pflegetochter Toni heiratete im September Ernst Jacob. Sie emigrierte am 16. Oktober 1934 ins damalige Palästina.

Ob die Familie Cohen vom Pogrom im November 1938 persönlich betroffen war, ist nicht bekannt. Sicherlich waren die Überfälle auf jüdische Familien und der Brand der Synagoge auch ein Schock für das Ehepaar Betty und Josef Cohen und ihre weiteren Familienangehörigen.

Ihre Schwägerin Clara Cohen flüchtete am 14. August 1939 zusammen mit dem damals 91-jährigen Schwiegervater Louis Cohen in die Niederlande. Beide wurden nach der deutschen Besetzung der Niederlande im Durchgangslager Westerbork interniert. Clara wurde im Dezember 1942 in Auschwitz ermordet, ihr Schwiegervater Louis Cohen im März 1943 im Vernichtungslager Sobibor.

Am 10. November 1941 wurde Betty Cohen zusammen mit ihrem Mann Josef und ihren Schwägerinnen Martha und Sofie in das Ghetto von Minsk deportiert. Sie haben nicht überlebt.

Autorin: Hildegard Jakobs, Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf