Gedenkbuch

Goldschmidt, Margaretha (Grete)

geb. Grunewald

Am 24. August 1894 kam Margaretha Grunewald in Köln als Tochter von Emil und Julie Grunewald, geborene Levenbach, zur Welt. Ihre Eltern hatten sich 1885 verlobt. Ihr Vater wohnte zu diesem Zeitpunkt noch in seiner Geburtsstadt Kaldenkirchen, ihre Mutter in Jülich. Der jüngere Bruder ihres Vater, Isidor Grunewald, heiratete fünf Jahre später Julie Levenbachs jüngere Schwester, und zog mit ihr nach Gelsenkirchen. 

Nach der Hochzeit am 12. September 1885 zogen ihre Eltern Emil und Julie Grunewald nach Solingen. Margarethe hatte zwei Geschwister: Agathe (geboren 1887 in Solingen) und Max (geboren 1888 in Solingen). Ihr Vater Emil Grunewald hatte in Solingen in der Kaiserstraße 115 ein großes Textilgeschäft geführt. 1891/92 hatte er einen großen Ausverkauf durchgeführt, da er den Standort in Solingen aufgab und mit seiner Familie nach Köln zog. Daher wurde Margarethe in Köln geboren und nicht wie ihre Geschwister in Solingen. Im April 1892 war die Familie nach Köln gezogen. Am 5. Mai 1892 ließ ihr Vater seine neue Firma in das Kölner Handelsregister eintragen. Doch das Geschäft am Alten Markt 16 lief nicht gut an und ihr Vater musste am 26. April 1893 ein Konkursverfahren eröffnen lassen. Im September 1893 wurde es nach einem Zwangsvergleich rechtskräftig aufgehoben.

Zum Zeitpunkt ihrer Geburt im August 1894 arbeitete ihr Vater als Versicherungs-Inspektor mit der Adresse, Brabanter Straße 70 in Köln. Im Januar 1905 verstarb ihr Vater im Alter von nur 51 Jahren. Die Familie wohnte zu diesem Zeitpunkt in Köln am Brüsseler Platz 5.

Nach dem Tod ihres Vaters zog die Familie nach Düsseldorf. Margaretha (Grete) Grunewald verlobte sich im November 1922 mit Siegfried Goldschmidt. Zu diesem Zeitpunkt wohnte sie bei ihrer Mutter in der Kleverstraße 82 und ihr zukünftiger Mann mit seinen Eltern am Brehmplatz 2.

Ihr Mann war am 18. November 1883 in Dortmund als Sohn von Adolf und Henriette Goldschmidt, geborene Meyer, zur Welt gekommen. Er gründete 1924 seine eigene Firma („Siegfried Goldschmidt, Lebens- und Futtermittel“. Die Firmenadresse war Harkortstraße 2/4.

In Düsseldorf wohnte die Familie Goldschmidt zunächst am Brehmplatz 2. Am 23. Mai 1924 wurde das einzige Kind geboren. Es erhielt den Namen Werner Emil. Den zweiten Vornamen „Emil“ in Erinnerung an ihren verstorbenen Vater Emil Grunewald. Margarethes Bruder Max Grunewald lebte auch in Düsseldorf. Auch ihre Schwester wohnte hier viele Jahre in der Grimmstraße 37.

Margarethe Goldschmidt führte mit ihrer Familie ein normales Familienleben. Mittlerweile wohnte die Familie in der Grunerstraße 30. Die Geschäfte ihres Mannes liefen gut. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 wurde der Alltag aber deutlich schwerer. 1934 verstarb ihre Mutter Julie Grunewald.

Ihr Sohn Werner besuche seit Ostern 1934 das Jacobi-Gymnasium, die frühere Oberschule für Jungen an der Rethelstraße. In der Klasse war er der einzige jüdische Schüler und zog sich immer mehr ins Private zurück. Werner Goldschmidt (später Goldsmith) erinnerte sich: „Ja, ich bin zur Synagoge gegangen, aber wir waren nicht fromm. Wir gingen zu den Hohen Feiertagen, aber das war alles. Wir sind, genau wie hier in Amerika, eingegliedert, ich meine, wir dachten nicht, dass die Religion irgendwie eine besondere Sache sei. Wir waren zuerst Deutsche. Und so war’s doppelt schlimm, es so zu finden.“

Im Mai 1937 feierte die Familie die Bar Mitzwa ihres Sohnes Werner. Zum Feiern zumute war der Familie jedoch zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht. Zwei Wochen zuvor war ihr Bruder Max Grunewald auf einer Radtour mit Werner an einem Herzinfarkt verstorben. Für den knapp 13-jährigen Werner war dies eine sehr schlimme Erfahrung gewesen, zumal er sehr an seinem Onkel gehangen hatte.

In Düsseldorf wohnte das Ehepaar Goldschmidt zuletzt in der Grafenberger Allee 398. Nach den Ereignissen der Pogromnacht 1938 und des anhaltenden Boykotts „jüdischer Geschäfte“, musste auch ihr Mann Siegfried Goldschmidt seine Firma „arisieren“ lassen. Sein Firmeneintrag im Düsseldorfer Handelsregister erlosch offiziell am 14. Dezember 1938. Bereits im Mai des Jahres 1938 hatte der Sohn Werner mit einem Kindertransport in die Vereinigten Staaten emigrieren können. Ein entfernter Verwandter stellte das dafür nötige Affidavit, damit er in den Vereinigten Staaten bleiben konnte.

Im April 1939 floh Margarethe Goldschmidt mit ihrem Mann zunächst nach Dordrecht, wo ihre Schwägerin Margarethe van den Bergh mit ihrer Familie wohnte und wo sich bereits seit Ende 1938 ihr Schwiegervater Adolf Goldschmidt befand. Später zog Margarethe Goldschmidt mit ihrem Mann nach Breda. Sie wohnten in der Burgemeester Pastoorsstraat 6. 

Nachdem 1940 die deutsche Wehrmacht die Niederlande besetzt hatte, wurde das Leben der jüdischen Bevölkerung Schritt für Schritt eingeschränkt. Auch das Ehepaar Goldschmidt war von den nun erfolgenden Verboten betroffen. 1941 mussten sie sich bei den Behörden registrieren lassen. Ab dem 3. Mai 1942 waren auch Margarethe Goldschmidt und ihr Mann gezwungen an ihrer Kleidung einen sogenannten Judenstern zu tragen. Ab August 1942 wurden die ersten jüdischen Bewohnerinnen und Bewohner aus Breda in das sogenannte Durchgangslager Westerbork deportiert. Das Ehepaar Goldschmidt war davon noch nicht betroffen, aber ihr Alltag war schon sehr schwer. Aus einer Inventarliste geht hervor, dass sich am 8. September 1942 nur noch wenige Dinge in ihrem Besitz befanden: 1 runder Tisch, 3 leichte Stühle, 1 Matte, 1 kleiner Teppich, 2 Wandteller, Besteck und verschiedene Küchenutensilien.

Aus der Karteikarte des Amsterdamer Judenrates bezüglich ihres Mannes Siegfried Goldschmidt wurde vermerkt, dass er von dem Sohn Werner Goldsmith aus Austin Texas einen Rote Kreuz Brief (RK) am 2. Juni 1943 erhalten hatte. Auch für den 15. September 1942 ist auf der Karteikarte „RK“ vermerkt worden.

Am 5. Januar 1944 wurde ihr Mann Siegfried Goldschmidt verhaftet. Im Rotterdamer Stadtarchiv befindet sich ein Dokument, dass anlässlich der Verhaftung ausgefüllt wurde. Darauf ist als aktuelle Adresse Breda, Mauritssingel 11 angegeben. Ausserdem wurde vermerkt, dass die Verhaftung durch den deutschen SD (Sicherheitsdienst) erfolgte. Am 8. Januar 1944 wurde Siegfried Goldschmidt, zusammen mit Margarethe Goldschmidt, in das Durchgangslager Westerbork gebracht. Für sie ist überliefert, dass sie der Baracke 66 zugewiesen wurde.

Am 25. Januar 1944 wurde Margarethe Goldschmidt mit ihrem Mann von dort in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Dort wurden sie am 28. Januar 1944 ermordet.

Autorin: Hildegard Jakobs, Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf