Gedenkbuch

Katzenstein, Erna

geb. Hartoch

Erna Katzenstein kam am 6. Juni 1889 als älteste Tochter des Kaufmanns Simon Hartoch (1862-1921) und seiner Frau Martha Hartoch (1866-1922), geborene Kalter, in Düsseldorf zur Welt. Mit Johanna (1890-1944), Karola (1892-1923) und Hans (1899-1988) hatte sie drei jüngere Geschwister. Ernas Vater Simon Hartoch war neben seinem Bruder Theodor Mitinhaber des Warenhauses Gebr. Hartoch A.G auf der Bolkerstraße 17/19, was von Ernas Großvater Salomon Hartoch gegründet wurde. 

Erna Hartoch und ihre Familie wohnten zunächst auf der Grabenstraße 14/16. Von hier zogen sie auf die Königsallee 52, wo sie mindestens seit 1897 wohnten. 1900 folgte der Umzug auf die Friedrichstraße 2. Ernas Vater Simon und ihr Onkel Theodor bauten das Warenhaus stetig aus und gründeten weitere Filialen. Der Warenhauskomplex erreichte einen hohen Standard und konnte sich mit dem bekannten Wertheim-Warenhaus in Berlin messen lassen.

Erna Hartoch heiratete den in Wetzlar geborenen Albert Katzenstein. Mit Charlotte (geboren 1916) und Gerda (geboren 1919) bekamen sie zwei Töchter. Die Familie zog kurz nach der Geburt der ersten Tochter nach Düsseldorf und wohnte hier von 1916 bis etwa 1925 auf der Steinstraße 82. 1924 zog auch Ernas Schwager Bernhard Katzenstein mit seiner Familie nach Düsseldorf und wohnte nur wenige Häuser von ihnen entfernt.

Am 16. Dezember 1921 verstarb Ernas Vater Simon Hartoch im Alter von 59 Jahren. Ernas Mann Albert Katzenstein übernahm neben Theodor Hartoch die Leitung des Warenhauses. Nur drei Monate nach dem Tod ihres Vaters verstarb auch Ernas Mutter Martha im Alter von 56 Jahren. 1925 zogen Erna Katzenstein und ihre Familie in eine größere Wohnung in die erste Etage auf der Kaiserswerther Straße 79, wo sie bis 1933 wohnten. 

Die Weltwirtschaftskrise ging auch an dem Warenhaus der Familie nicht spurlos vorbei und das Unternehmen kam seit 1929 zunehmend in Zahlungsschwierigkeiten. Die finanzielle Situation des Warenhauses erholte sich nicht und am 13. August 1932 wurde das Konkursverfahren eröffnet. Kurze Zeit später zogen Erna Katzenstein und ihre Familie in eine kleinere Wohnung auf der Zietenstraße 16. 

Ernas Töchter Charlotte und Gerda besuchten das Müller-Lyzeum. Charlotte war zudem einige Zeit bei einer Familie in Belgien, um ihre Französischkenntnisse zu verbessern. Die Tochter Gerda begann Anfang des Jahres 1938 ein Praktikum im Jüdischen Kinderheim in Bad Kreuznach. 

In einem Interview von 1997 erinnerte sich Charlotte, dass ihre Familie von einer Haushaltshilfe vor den Pogromen 1938 gewarnt und ihnen für die Nacht eine Unterkunft angeboten wurde. Die Familie kehrte am 10. November in ihre Wohnung auf der Zietenstraße 16 zurück, die unversehrt geblieben war. Die Nachbarn sollen behauptet haben, dass in dem Haus keine Juden leben würden. Aus anderen Quellen geht jedoch hervor, dass die Überfälle in der Zietenstraße abgebrochen wurden. Ernas Mann, Albert Katzenstein, wurde in Folge der Pogrome am 10. November 1938 festgenommen und zunächst in Düsseldorf im Polizeipräsidium inhaftiert. Am 17. November wurde er mit weiteren männlichen Verhafteten in das Konzentrationslager Dachau deportiert. Dort musste er bis zum 9. Dezember bleiben. Nach seiner Rückkehr war das Thema Ausreise aus Deutschland das wichtigste.

Ernas Tochter Charlotte verbrachte die Zeit in Berlin, wo sie in einem Jüdischen Säuglings- und Kinderheim ihren Abschluss machte. 1939 bekamen Ernas Töchter ein Affidavit von einer Großcousine aus Amerika. Charlotte reiste 1939 nach Amerika aus, während Gerda nach England ging und später nach Israel zog. Erna und Albert Katzenstein blieben zunächst in Deutschland und zogen in eine Zwei-Zimmer-Wohnung auf der Steinstraße 82.

Erna und Albert Katzenstein gelang keine rechtzeitige Emigration, obwohl ihre Tochter Charlotte in den Staaten bereits eine Garantieleistung für ihre Eltern auf den Weg gebracht hatte. Beide wurden am 10. November 1941 von Düsseldorf aus in das Ghetto Minsk deportiert. Im selben Transport waren auch Ernas Schwager Bernhard Katzenstein mit seiner Frau und dem Sohn Günther. Aus dem Ghetto Minsk sind keine schriftlichen Quellen überliefert, die Erna Katzensteins weiteren Weg dokumentieren. Sie hat nicht überlebt. Ernas Mann Albert Katzenstein musste Zwangsarbeit leisten. Er verstarb vermutlich 1943/1944 an den Folgen der schweren Arbeit.

Erna Katzensteins Töchter Charlotte und Gerda überlebten den Holocaust. Charlotte Cohen, geborene Katzenstein, hatte geheiratet und war Mutter von drei Töchtern. Sie lebte bis zu ihrem Tod 2001 in den USA. Gerda Kazir, geborene Katzenstein, war ebenfalls verheiratet und Mutter von zwei Kindern. Sie verstarb 2009 in Israel.

Autorin: Frederike Krenz, Förderkreis der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf