Gedenkbuch

Deutsch, Karl Samuel

Karl Samuel Deutsch wurde am 6. Februar 1901 als Sohn der Eheleute Ludwig und Elfriede Deutsch, geborene Lilienfeld, in Düsseldorf geboren. Sein Vater Ludwig war 1856 in Groß-Wardein in Ungarn geboren worden. Durch die Heirat mit der Elberfelderin Elfriede Lilienfeld (1871-1943) erhielt auch sie die ungarische Staatsbürgerschaft. Auch der in Düsseldorf geborene Karl Deutsch hatte einen ungarischen Pass. Als er am 18. Oktober 1936 Cecil Haase, geboren 1904 in Exin (Posen), heiratete, wurde auch sie Ungarin. Die gesamte Familie Deutsch wohnte in den 1930er Jahren in der Klosterstraße 65.

Am 20. April 1939 wurde in Düsseldorf ihre Tochter Henriette geboren. Karl Deutsch arbeitete als Kaufmann und Drogist. Da alle Familienmitglieder die ungarische Staatsangehörigkeit besaßen waren sie zunächst von den Deportationen ausgenommen. Sie mussten auch keinen sogenannten Judenstern tragen. Am 30. Mai 1942 mussten sie in die Kurfürstenstraße 59 umziehen. Zu diesem Zeitpunkt galt das Wohnhaus bereits als „Judenhaus“. Am 25. Juni 1943 zogen alle zusammen in die Zietenstraße 10.

Am 9. Oktober 1943 wurde die gesamte Familie von der Gestapo verhaftet. Cecil Deutsch gab nach dem Krieg zu Protokoll: „Wir wurden am 10.10.1943 durch [den Gestapobeamten] Waldbillig verhaftet, und zwar mit der bewußt falschen Angabe, daß wir in unsere Heimat zurückbefördert würden. Als er unsere Wohnung, Zietenstraße 11, betrat, forderte er sofort von meinem Mann in der gemeinsten Form seine Brieftasche, welche mein Mann ihm auch aushändigte. Ich selbst lag krank zu Bett und wurde durch W. gezwungen, direkt aufzustehen und die Koffer mit den notwendigsten Sachen zu packen. Wir gingen dann zu Fuß, mein Mann, mein damals vierjähriges Kind und ich, zum Gestapogebäude in der Prinz-Georg-Straße. Da dort keine Gefängniszelle frei war, wurden wir mit dem Gefängniswagen zum jüdischen Gemeindebüro Bilkerstraße 25 transportiert. Im Gemeindehaus befanden sich auch meine Schwiegereltern, die infolge ihres hohen Alters im jüdischen Krankenhaus untergebracht waren. Auch ihnen wurde in äußerst schroffer Form gesagt, daß sie ihre Koffer zu packen hätten, was für den alten blinden Mann von 87 Jahren kaum faßbar war. Mein Mann wandte sich an Waldbillig mit der Bitte, seinen alten Vater in Düsseldorf zu lassen, welches Ansinnen in gemeinster Art zurückgewiesen wurde. […] Dann wurde dem damaligen Vorsitzenden der Gemeinde gesagt, ‚wir kommen in einer Stunde wieder und Ihr Kopf ist fällig, wenn einer der Familie Deutsch flüchten sollte‘. So sah der Abtransport in unsere Heimat aus. Nach einer Stunde erschien W. um uns abzuholen. Draußen stand der Polizeiwagen, in dem sich schon einige Russen befanden. Wir wurden dazu geladen und dann sagte uns W., daß wir alle zusammen bleiben. In Anrath angekommen, wurde mein Mann und meine Schwiegervater von uns getrennt, und mein Kind, meine Schwiegermutter und ich wurden weiter in das Gefängnis in M.-Gladbach transportiert. Seit diesem Zeitpunkt habe ich weder meinen Mann, noch meinen Schwiegervater jemals wiedergesehen.“

Von der Haftanstalt Anrath kamen Cecil Deutsch, ihre Schwiegermutter Elfriede Deutsch und die vierjährige Henriette in das Gefängnis nach Mönchen-Gladbach. Von dort kamen alle drei in das Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück. Dort starb Elfriede Deutsch am 26. Dezember 1943. Cecil Deutsch und ihre Tochter Henriette kamen zuletzt in das Lager Bergen-Belsen, wo sie zu Kriegsende befreit wurden.

Der Weg der beiden Männer war schwieriger zu recherchieren: der 87-jährige Ludwig Deutsch starb am 20. Januar 1944 im Polizeigefängnis Hof. Seine Leiche wurde nach Würzburg überführt. Karl Deutsch dagegen wurde am 28. Januar 1944 in das Konzentrationslager Buchenwald eingeliefert. Er erhielt die Häftlingsnummer 29819. Karl Deutsch starb im Block 22 des Lagers am 11. Mai 1944.

Autorin: Hildegard Jakobs, Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf