Gedenkbuch

Silbermann, Karl

Karl Josef Silbermann kam am 20. Juli 1861 in Mikultschütz (heute: Mikulcyze) in Oberschlesien zur Welt. Seine Eltern hießen Simon und Jetta (geborene Spitzer) Silbermann. Karl war der Jüngste von sechs Geschwistern, er hatte drei Schwestern – Anna (1848-1918), Selma (1856-1927) und Olga (1857-1924) – und zwei Brüder – Eduard (1849-1912) und Siegfried (1858-1908). Als junger Mann absolvierte Karl eine Tischlerlehre und zog 1886, mit 24 Jahren, nach Posen (heute: Poznan). Hier lernte der junge Tischler seine zukünftige Ehefrau kennen. Karl Silbermann heiratete das katholische Dienstmädchen Anna Pawlowska, die am 10. Juli 1864 in Posen zur Welt gekommen war, am 8. Mai 1887 in der katholischen St. Adalbert-Kirche in Posen. Karl hatte vermutlich einen jüdischen Elternteil, war aber selbst katholisch getauft. Ob seine Taufe im Kindesalter oder später stattfand, ist nicht bekannt. Auf der Heiratsurkunde ist seine Religion als katholisch angegeben.

Vier Monate nach der Hochzeit, am 18. September 1887, wurde der erste Sohn des Paares, der auf den Namen Stanislaus getauft wurde, geboren. Er verstarb bereits im Kindesalter. Es folgten drei weitere Söhne: Stefan am 25. August 1891, Josef am 6. Mai 1893 und Viktor am 12. Januar 1897. Am 2. August 1898 kam die einzige Tochter der Silbermanns zur Welt, Hedwig Clara. Auch sie verstarb sehr jung, wenige Wochen vor ihrem vierten Geburtstag.

Noch Ende 1899 verließ die Familie Posen, lebte in den folgenden Jahren in Berlin, Driesen (heute: Drezdenko), von 1902 bis 1903 noch einmal in Posen und Erfurt, bevor die Silbermanns 1905 nach Uerdingen am Rhein (heute: Krefeld) zogen. Die beiden älteren Söhne Stefan und Josef kämpften als Soldaten im Ersten Weltkrieg. 1916 zogen Karl und Anna Silbermann ein letztes Mal um. Ihr langfristiges Zuhause fanden sie in einer Wohnung im zweiten Stock der Düsseldorfer Straße 238 (nach der Eingemeindung 1929 Bonner Straße 5) in Holthausen, was damals Teil von Benrath war.

Im Benrather Adressbuch ist Karl Silbermann als Mühlenbauer aufgeführt, in seiner Meldekarte ist als Beruf Monteur angegeben. Auch seine Söhne ergriffen nach Kriegsende handwerkliche Berufe. Stefan wurde ebenfalls Monteur, Josef arbeitete als Schlosser und später als Maschinenmeister und Viktor machte sich 1919 als Friseur mit einem eigenen Salon in der Heyestraße 32 in Holthausen selbstständig. Auch in ihrer Freizeit fand Familie Silbermann Anschluss im Stadtteil: Karl Silbermann war Mitglied im katholischen Arbeiterverein und seine Söhne waren im Turn- und Spiel-Verein Holthausen und anderen örtlichen Sportvereinen aktiv.

Anfang der 1920er Jahre wuchs die Familie. Am 9. Juli 1921 heiratete sein Sohn Viktor die am 21. Mai 1896 geborene Düsseldorferin Philippine Josephine Mäder. Am 8. September 1922 bekam das Paar einen Sohn, den sie nach seinem Großvater Karl Joseph Silbermann nannten. Im selben Jahr, am 29. April 1922 heiratete sein Sohn Stefan Gertrud Kurz, geboren am 6. November 1898 in Düsseldorf-Eller. Der mittlere Sohn Josef eheliche die in Osterode in Ostpreußen geborene Maria Sapiletzki. Das genaue Hochzeitsdatum ist nicht bekannt, es muss allerdings zwischen Josefs Rückkehr vom Militär Mitte 1917 und dem gemeinsamen Umzug des Ehepaares nach Langenfeld-Immigrath im August 1924 liegen.

Mit dem Jahr 1933 veränderte sich das Leben der Familie. Dem bis dahin stark in der katholischen Gemeinde Holthausens verwurzelten Karl Silbermann wurde aufgrund seiner Vorfahren eine jüdische Identität zugeschrieben. Dementsprechend war er von den zahlreichen antisemitischen Gesetzen und Maßnahmen des NS-Regimes betroffen. Mittlerweile waren alle drei Söhne ausgezogen, Stefan lebte vermutlich in Köln, Josef in Hilden und Viktor zog mit seinem Friseursalon Ende 1933 in die Pfeillstraße 2. Im Jahr 1936 wird der Meldekarte des 75-jährigen Karl Silbermann „Invalide“ vermerkt. Dennoch ist er bis zu seiner Deportation weiter als Mühlenbauer im Düsseldorfer Adressbuch aufgeführt. Am 28. Dezember 1937 verstarb seine 73-jährige Ehefrau Anna Silbermann. Dadurch verlor Karl den gewissen Schutz, den seine „Mischehe“ mit einer „Arierin“ ihm von den Nationalsozialisten gewährt hatte.

Am 21. Juni 1942 wurde Karl Silbermann mit dem Transport VII/1 mit 964 anderen Menschen aus dem Regierungsbezirk Düsseldorf in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Auf der Deportationsliste wurde als letzte Adresse Bonner Straße 5 angegeben. Am 11. September 1944 verstarb er Im Ghetto.

Karl und Anna Silbermanns Söhne scheinen nicht direkt verfolgt worden zu sein, jedoch berichtet Viktor in seinem Entnazifizierungsfragebogen, dass sein Geschäft unter der Deportation seines Vaters gelitten habe. Über Stefan und Josefs Erfahrungen im Nationalsozialismus und insbesondere nach der Deportation ihres Vaters ist nichts bekannt. Viktor blieb bis in die 1970er-Jahre in Holthausen als Friseur tätig. Ende 1977 zog er nach Grefrath, wo er kurz darauf im Alter von 80 Jahren verstarb.

Autorin: Luisa Dixneit, Förderkreis der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf