Gedenkbuch

Wallach, Sophie

geb. Löwenstein

Am 28. August 1853 kam Sophie Löwenstein in Ahaus zur Welt. Sie war die zweite Tochter des Metzgers David Löwenstein und seiner Frau Lina, geborene Davidson. Ihre Mutter stammte aus Tecklenburg, ihr Vater aus Ahaus. Sophies ältere Schwester Caroline war am 31. Dezember 1850 in Ahaus zur Welt gekommen. Ihre Eltern hatten am 25. April 1851 geheiratet. Sophies Vater David Löwenstein verstarb bei einem Unfall am 30. Dezember 1854.  Sophie war da erst ein Jahr alt und ihre Schwester erst vier. Ihre Mutter Lina Löwenstein heiratete am 7. September 1855 Jacob Alexander aus Werther bei Bielefeld. Daraufhin zog ihre Mutter mit ihnen nach Werther. Ihr Stiefvater wohnte 1852 in Werther, Rosenstraße 7. Er arbeitete als Handelsmann. Dort bekam Sophie noch einen Halbbruder: Joseph Alexander. Er kam am 26. August 1856 in Werther zur Welt. Ihre Halbschwester Hannchen Alexander kam am 5. Juli 1861 in Werther zur Welt. Ihr folgte die Halbschwester Minna, geboren am 30. Januar 1859 in Werther.

1877 heiratete Sophie den Metzger und Viehhändler Lazarus Wallach. Ihr Mann war am 15. Oktober 1846 zur Welt gekommen. Die beiden lebten in (Willich) Schiefbahn in der Willicher Straße 15. Sie bekamen sechs Kinder: David (1878-1941), Gustav (1879-1933), Lina (1881- deportiert 1941), Isidor (1884 – emigriert 1939), Klara (1886-deportiert 1941) und Siegfried Wallach (1888-1950).

Ihr Ehemann Lazarus Wallach hatte eine Viehhandlung im Ort. 1914 heiratete ihre Tochter Klara den Düsseldorfer Metzger Albert Rosenberg und zog mit ihm nach Düsseldorf. Ihr Enkel Benno Rosenberg kam am 15. Februar 1914 in Düsseldorf zur Welt. Währenddessen kämpfte ihr Sohn Gustav Wallach als Soldat im Ersten Weltkrieg. Er wurde schwer verwundet. Von dieser Kriegsverletzung erholte er sich nie ganz.

Ihre Tochter Lina Wallach arbeitete als Verkäuferin in Schiefbahn. Sie blieb unverheiratet und wohnte bei Sophie Wallach in der Willicher Straße 15. Ihr jüngster Sohn Siegfried Wallach arbeitete in der Nachfolge ihres Mannes ebenfalls als Viehhändler.

Ihr Sohn Isidor Wallach hatte Anfang der 1920er Jahre in Bielefeld geheiratet und wohnte mit seiner Frau Irma Grünewald später in Kamen.

1927 kam die ganze Familie anlässlich ihrer Goldenen Hochzeit am 14. Juni 1927 in Schiefbahn zu einem großen Fest zusammen. Ihr Mann Lazarus verstarb ein Jahr später am 10. Oktober 1928 und wurde auf dem dortigen jüdischen Friedhof begraben.

Im März 1933 verstarb ihr Sohn Gustav Wallach in Schiefbahn.

Durch die Verfolgungsmaßnahmen der Nationalsozialisten musste ihr Sohn Isidor Wallach sein Warenhaus in Kamen verkaufen. Im Februar 1938 zog er mit seiner Familie kurzzeitig nach Düsseldorf. Ziel war die Emigration nach Südamerika. In Düsseldorf bezog die vierköpfige Familie zunächst eine Wohnung in der Deichstraße 27.

Nach dem Pogrom 1938 in Schiefbahn wurde am 17. November 1938 ihr jüngster Sohn Siegfried Wallach in Schiefbahn verhaftet. Über das Gefängnis in Anrath kam er mit weiteren Verhafteten in Konzentrationslager Dachau. Erst am 3. Januar 1939 sollte er nach Schiefbahn zurückkehren und zu Sophie Wallach ins Haus ziehen können.

Auch ihre Tochter Klara und ihr Ehemann Albert waren in der Pogromnacht 1938 überfallen und verhaftet worden. Ihre Tochter Klara Rosenberg wurde am 11. November 1938 wieder freigelassen. Albert Rosenberg wurde in das Konzentrationslager Dachau überführt.

Am 13. Dezember 1938 emigrierte ihre Tochter Bertha mit dem Ehemann Adolf Weinberg nach Baltimore in die Vereinigten Staaten von Amerika.

Ihre Tochter Klara und deren Mann Albert Rosenberg wurden Leiter des jüdischen Altersheims in Düsseldorf in der Grafenberger Allee 78, wo sie auch seit dem 5. Januar 1939 wohnten.

Am 11. Oktober 1939 wurde ihre Tochter Lina von der Gestapo einbestellt. Es ging um die Flucht ihres Sohnes Siegfried Wallach. Dieser hatte am 2. Oktober 1939 sein Elternhaus in Schiefbahn verlassen und war illegal über die Grenze geflüchtet. Ihr Tochter Lina sagte aus, dass sie davon ausgegangen sei, dass ihr Bruder vom Krefelder Hauptbahnhof nach Sinzenich in die Eifel gefahren sei, um einen Verwandten zu besuchen. In Wirklichkeit war Siegfried Wallach nach Belgien geflüchtet.

Am 27. Januar 1940 zog ihre unverheiratete Tochter Lina Wallach aus Schiefbahn zu ihnen in die Grafenberger Allee 78. Lina hatte all die Jahre zusammen bei Sophie Wallach im Haus in Schiefbahn gelebt. Am 5. März 1941 folgte auch Sophie Wallach, ebenfalls aus Schiefbahn kommend. Am 20. Juni 1941 meldete sie sich noch einmal nach Schiefbahn ab. Möglicherweise hatte dies mit der Krankheit ihres Sohnes David Wallach zu tun.

Ihre Tochter Klara Rosenberg und ihr Ehemann wurden am 10. November 1941 nach Minsk deportiert. Sie haben nicht überlebt.

Im Januar 1941 verstarb ihr Sohn David Wallach in Schiefbahn. Ihre Schwiegertochter Hulda Wallach, geborene Frenkel wurde mit ihrer Tochter Klara, deren Ehemann Otto Schönewald und dem kleinen vierjährigen Enkel Bruno aus Schiefbahn am 11. Dezember 1941 nach Riga ins Ghetto deportiert. Der Transportzug startete am Düsseldorfer Güterbahnhof Derendorf. Im Zug saß auch ihre Tochter Lina Wallach.

Am 9. Mai 1942 wurde Sophie Wallach wieder im Jüdischen Altersheim in Düsseldorf aufgenommen. Die 89-Jährige wurde am 21. Juli 1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Von dort kam sie am 21. September 1942 in das Vernichtungslager Treblinka, wo sie nach der Ankunft ermordet wurde. Bereits im Juli 1942 teilte die Gemeindeverwaltung Schiefbahn dem Krefelder Finanzamt mit, das Sophie Wallach das Haus der Familie verkauft habe.

Autorin: Hildegard Jakobs, Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf