Gedenkbuch

Kaufmann, Sibilla

Sibilla Kaufmann kam am 14. Oktober 1856 als Tochter von Jakob Kaufmann und Karolina Kaufmann, geborene Levy, in Neuss zur Welt. Sie hatte mit Leonhard (geboren 1869) einen jüngeren Bruder.
Sibilla Kaufmann wohnte fast die gesamte Zeit ihres Lebens in Neuss, lange Jahre auf der Thywissenstraße 26. Auch ihr Bruder Leonhard wohnte mit seiner Frau Ida in Neuss, führte hier eine Futtermittelhandlung und engagierte sich in der jüdischen Gemeinde. Mit Charlotte (geboren 1901) und Richard (geboren 1903) hatte Sibilla eine Nichte und einen Neffen.

Die Machtübernahme der Nationalsozialisten war für die kleine jüdische Gemeinde mit 227 Mitgliedern schnell spürbar. Zahlreiche Geschäfte mussten in Folge der Boykottmaßnahmen schließen, so auch das Geschäft von Sibillas Bruder Leonhard. 

Während der Novemberpogrome 1938 wurde das Haus, in dem Sibilla Kaufmann wohnte, überfallen. Sibilla wurde von ihrem Vermieter geschützt, der sie am nächsten Tag in das Kloster Immaculata brachte, wo sie vor weiteren Angriffen sicher war.  Sibillas Bruder Leonhard wurde ebenfalls Opfer der Novemberpogrome geworden. So hatte er versucht vor der SA zu fliehen und sich auf dem Dach seines ehemaligen Geschäftes versteckt. Dort wurde er aufgegriffen, im Keller des Hauses misshandelt und anschließend in Düsseldorf inhaftiert. Von hier kam er in das Konzentrationslager Dachau und wurde erst im Januar 1939 entlassen.

Nach den Novemberpogromen scheint Sibilla Kaufmann für kurze Zeit auf die Kölnerstraße 46 gezogen zu sein. 

1940 verließ sie ihre Geburtsstadt und zog nach Düsseldorf in das jüdische Altenheim auf der Grafenberger Allee 78, wo ihr Einzug für den 21. Oktober 1940 dokumentiert wurde. Ein Jahr später zogen hier auch ihr Bruder Leonhard Kaufmann und seine Frau Ida ein.

Die 85-jährige Sibilla Kaufmann wurde am 21. Juli 1942 von Düsseldorf aus in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Aus dem Ghetto wurde sie in das Vernichtungslager Treblinka deportiert, wo sie ermordet wurde. Sibillas Bruder Leonhard und seine Frau Ida wurden mit demselben Transport in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Auch sie haben nicht überlebt.

Sibillas Neffe Richard Kaufmann war bereits am 27. Oktober 1941 von Düsseldorf aus in das Ghetto Litzmannstadt/Łódź deportiert worden. Aus dem Ghetto wurde er am 7. Mai 1942 in das Vernichtungslager Kulmhof (Chełmno) deportiert, wo er einen Tag später ermordet wurde.

Ihre Nichte Charlotte war im August 1939 mit ihrem Mann Isaak Klein nach Großbritannien emigriert. Sie überlebte den Holocaust.

Autorin: Frederike Krenz, Förderkreis der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf e.V.