Gedenkbuch

Moser, Kurt Erich

Kurt Erich Moser kam am 3. Juni 1920 in Wuppertal-Elberfeld zur Welt. In der Familie wurde er Erich genannt. Sein Vater Sally Moser stammte aus Kaldenkirchen, wo er am 24. Mai 1884 zur Welt gekommen war. Seine Mutter war als Jenny Heidt am 17. Juni 1892 in Warburg geboren worden. Sein Bruder Hans war am 10. Juni 1918 in Paderborn zur Welt gekommen. Seine Schwester Eva kam am 2. Juli 1923 in Wuppertal-Elberfeld zur Welt. Die Familie wohnte in Wuppertal in der Bergstraße 48. Sein Vater Sally Moser arbeitete als Handelsvertreter. Am 18. März 1938 zog die Familie Moser nach Düsseldorf. Erich Moser wohnte nun mit seinen Eltern und seiner Schwester in der Zietenstraße 16. Sein Großvater Simon Heidt zog kurze Zeit später aus Warburg zu ihnen.

Am 10. Oktober 1938 meldete sich Erich Moser bei den Düsseldorfer Behörden mit Ziel Werkdorp Nieuwesluis in die Niederlande ab. Im Jahr 1934 war im Wieringermeer, in der Nähe des Dorfes Nieuwesluis, ein landwirtschaftliches Ausbildungszentrum für deutsche Flüchtlinge im Alter von 18 bis 24 Jahren eingerichtet worden. Offiziell hieß es: „Arbeitsdorf der Stiftung für jüdische Arbeit“. Das Dorf erhielt den Status einer Hachschara-Einrichtung, die es den Schülern ermöglichte, nach ihrer Ausbildung nach Palästina auszuwandern. Im Werkdorp Nieuwesluis lebte auch sein Bruder Hans. Die Eltern und die jüngere Schwester Eva blieben in Düsseldorf. In der Wohnung in der Zietenstraße erlitten seine Eltern, seine Schwester und der Großvater die Pogromnacht 1938. Am 1. Dezember 1938 zogen sie in die Konkordiastraße 66. Seine Schwester Eva konnte  mit einem Kindertransport am 30. Juni 1939 nach London emigrieren. Erich blieb sowohl mit seinen Eltern als auch mit seiner Schwester in Briefkontakt.

Das Werkdorp Wieringermeer wurde 1941 auf Anordnung der deutschen Besatzungsmacht geschlossen. Einige der Bewohner wurden bei einer Großrazzia in Amsterdam festgenommen und in das Konzentrationslager Mauthausen deportiert. Andere ehemalige Werkdorp-Bewohner gingen in den Untergrund, einige wurden Widerstandskämpfer in der sogenannten Westerweel-Gruppe. Seinen Eltern hatte Erich noch die neue Situation mitteilen können. Sie schrieben am 3. August 1941 an Eva in England: „Geliebtes! (…) Jungs nicht mehr im Werkdorp“. Nach der Schließung des Werkdorps wohnte Erich Moser einen Monat lang in De Korenbloem, einer Unterkunft des Vereins in Deventer in der Papenstraat 45. Erich Moser kam dann im September 1941 als landwirtschaftlicher Lehrling zur Familie Sanderman. Er wohnte und arbeitete er bei ihnen auf dem Hof Leuvelt in Hasselo Nr. 5. Dieser Bauernhof steht noch immer im heutigen Hengelo.

Erich Moser heiratete am 11. August 1942 in Weerselo Ruth Liemann. Seine Frau stammte aus Berlin, wo sie am 16. Februar 1923 zur Welt gekommen war. Er kannte Ruth bereits von der Ausbildung im Wieringermeer und auch sie hielt sich vorübergehend in Deventer auf. Die Trauzeugen waren Hendrik Willem Sanderman und sein Sohn Hendrik Barend. Erichs Eltern Sally und Jenny Moser konnten ihre Zustimmung zur Hochzeit nicht geben, da sie zu diesem Zeitpunkt schon aus Düsseldorf deportiert worden waren. Sie waren am 10. November 1941 mit dem zweiten großen Deportationstransport aus Düsseldorf in das Ghetto Minsk deportiert worden. Am 30. September 1942 schrieb Erich an seine Schwester in England: „Liebes Pünkchen, lange keine Nachricht von Dir! Alles gut? (…) Von Eltern noch keinen Bericht! Mit uns noch alles gut. Schreibe bald! Erich“ Nach ihrer Heirat waren Erich und Ruth nach Amsterdam gezogen. Hier lebten sie illegal in einer Wohnung, deren Bewohner zuvor von den Deutschen deportiert und die Wohnung versiegelt worden war. Scheinbar erreichten Erich und seinen Bruder in den Niederlanden Nachrichten aus dem Ghetto Minsk. Sein Bruder Hans schrieb am 5. Dezember 1942 an Eva in England: „(…) Die Eltern schreiben ganz gut“.

Am 26. Dezember 1942 wurde Erichs Sohn Rudi Max geboren. Als Rudi (später Reuven) neun Monate alt war, gaben Erich Moser und seine Frau ihn mit falscher Identität an das Ehepaar Cornelis und Isabella Pouwer-Ganzevoort in Arnhem. Das Baby erhielt den Decknamen Freddy Pouwer. Dank ihnen überlebte er den Krieg. Das Ehepaar Pouwer wurde 1975 von der Gedenkstätte Yad Vashem in Israel als „Gerechte unter den Völkern“ ausgezeichnet. 

Erich Moser wurde während einer Razzia in Amsterdam verhaftet und kam am 26. August 1943 in das Durchgangslager Westerbork. Als Untergetauchter wurde er in die Strafbaracke 67 eingewiesen. Auch sein Bruder Hans war bereits im Lager Westerbork. Er konnte am 28. August 1943 eine Nachricht an Eva senden: „Erich and I are well, from parents no news.

Am 31. August wurde 1943 Erich Moser in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Sein Bruder Hans durfte sich von ihm am Zug verabschieden. Er schrieb kurz nach seiner Befreiung darüber an seine Schwester: „I saw him at Westerbork, trying to get him free from transport, but it was impossible. after having stayed 5 days there he went away. I was allowed to accompany him to the train, it was a goodbye with a lot of tears which have not yet ceased to run till today, when I am thinking of him. We have not heard nothing of him!!!“ Erich Moser überlebte nicht. Sein Tod wird im Gedenkbuch der Bundesrepublik mit dem 31. März 1944 vermerkt. Seine Frau Ruth bekam 1944 in ihrem Versteck in Velp den zweiten Sohn Kurt Eric junior. Sie und beide Söhne überlebten die Verfolgungszeit.

Sein Bruder Hans wurde aus dem Durchgangslager Westerbork am 1. Februar 1944 in das Konzentrationslager Bergen-Belsen deportiert. Er überlebte und ging wieder in die Niederlande. Die letzte Nachricht von seinen Eltern im Ghetto von Minsk hatte er im September 1942 erhalten.

Autorin: Hildegard Jakobs, Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf