Gedenkbuch

Zaudy, Carl (Karl)

Am 2. Februar 1874 wurde Carl (manchmal Karl geschrieben) Zaudy als Sohn von Carl und Jenny Zaudy, geborene Jordan, in Wesel geboren. Er hatte drei Geschwister: Julius (1875-1947), Richard (1877) und Margarete (1881-1930). Aus der ersten Ehe seines Vaters mit Julie Wolff (1832-1870) hatte Carl noch die zwei Halbgeschwister Anna (1862-1934) und Helene (1864-1883). Sein Vater führte in Wesel die Eisenwarenhandlung und Bau- und Kunstschlosserei „Z. Zaudy“, seine Mutter Jenny Zaudy unterhielt das Weißwarengeschäft der Familie. Sein Vater Carl Zaudy senior war ein bekannter Mann in Wesel: er war unter anderem im Männergesangverein und im Schützenverein und Gründer der Allgemeinen Ortskrankenkasse in Wesel. Seine 1839 in Einbeck geborene Mutter hatte als junges Mädchen in Paris und dann später in Hamburg gelebt.

Carl Zaudy legte nach dem Besuch der jüdischen Volksschule am Gymnasium zu Wesel das Abiturientenexamen ab, studierte Medizin von 1892 bis 1894 in Bonn. Nach je einem Semester in München und Berlin setzte er seine Studien 1895 in Bonn fort, wo er am 29. Februar 1896 „magna cum laude“ zum Dr. med. promovierte. Seine Doktorarbeit erschien im Archiv für klinische Chirurgie. Im Februar 1897 bestand er das ärztliche Staatsexamen und trat nach einer Studienreise nach England am 1. April 1897 als Einjähriger-Freiwilliger beim Infanterie-Regiment 57 in Wesel ein.
Carl Zaudy arbeitete dann zunächst aushilfsweise als Assistent am Krupp-Krankenhaus in Essen und vom Frühjahr 1898 als Assistenzarzt an der medizinischen Universitätsklinik in Göttingen. Am 15. Juni 1901 ließ er sich als Spezialarzt für Magen- und Darmkrankheiten in Düsseldorf nieder. Am 25. Dezember 1906 verstarb sein 75-jähriger Vater in Wesel.

Im Ersten Weltkrieg kämpfte Dr. Carl Zaudy vom 10. September 1914 bis zum 20. September 1918 als freiwilliger Arzt bei Kämpfen in Belgien. Er erhielt die Kriegsauszeichnung Eisernes Kreuz, Zweiter Klasse. Am 24. Dezember 1919 verstarb seine Mutter Jenny Zaudy in Wesel. Dr. Carl Zaudy wohnte zu dieser Zeit in Düsseldorf in der Bismarckstraße 98, später in der Bismarckstraße 90.

Im März 1928 hielt Dr. Zaudy einen Vortrag über das Leben und Werk von Dr. Albert Schweitzer im Ibachsaal in Düsseldorf. Am 23. Oktober 1930 verstarb in Wesel seine Schwester Margarethe, die mit Hugo Brandenstein verheiratet gewesen war. Am 11. November 1930 schrieb Carl Zaudy ihren Töchtern Nelly (1906-1991) und Luise (1910-1988) und vermachte ihnen ein Bündel mit 86 holländischen Gulden. Carl Zaudy hatte Ende der 1920er Jahre aus wirtschaftlicher Not heraus und mit Einverständnis seiner Geschwister Originalbriefe der Mutter des Schriftstellers Heinrich Heine verkauft.

Im November 1938 wohnte Dr. Carl Zaudy immer noch in der Bismarckstraße 90. In der Pogromnacht wurde er in seiner Wohnung überfallen und die Möbel und Einrichtungsgegenstände auf die Straße geworfen. Am 10. November 1938 wurde er nach der Zerstörung seiner Wohnung verhaftet und bis zum 19. November 1938 im Polizeipräsidium festgehalten.
In seiner Gestapoakte wurde außerdem vermerkt, dass er am 3. August 1939 vom Sondergericht Düsseldorf wegen angeblichen Verbrechens gegen den § 8 des Volksverratsgesetzes (Nichtanmeldung von ausländischen Wertpapieren als Jude) und wegen Devisenvergehens zu einem Jahr und sechs Monate Zuchthaus sowie 10.000 Reichsmark Geldstraße verurteilt wurde. Die bei ihm von der Gestapo beschlagnahmten Wertpapiere wurden zugunsten des Deutschen Reiches eingezogen.

Am 29. März 1940 meldete sich Dr. Carl Zaudy nach Berlin ab. In Berlin heiratete er die Krankenschwester Martha Benjamin. Seine Frau war am 22. August 1891 in Horn zur Welt gekommen. Dr. Carl Zaudy wohnte zunächst Kaiserdamm 101 (Gartenhaus IV), ab Januar 1941 dann zur Untermiete in der Soorstraße 28 IV und zuletzt mit seiner Ehefrau in Berlin-Charlottenburg in der Kuno-Fischerstraße 16. Dort wohnten sie zur Untermiete bei der jüdischen Witwe Frieda Kindt auf 1 1/2 Zimmern mit Küchenbenutzung seit dem 17. August 1942. Dr. Zaudy arbeitete bei der Jüdischen Kultusvereinigung in Berlin als „unbesoldeter Helfer“. Seine Frau arbeitete in einer Berufskleiderwäscherei. In seiner erzwungenen Vermögenserklärung vom Anfang November 1942 schrieb Carl Zaudy in der Sparte Liegenschaften: „Mein gesamtes Vermögen ist durch Arrest-Anordnung des Finanzamtes Düsseldorf-Süd vom 26. April 1939 gepfändet worden.“
Am 5. November 1942 wurde Carl Zaudy mit seiner Ehefrau von Berlin in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Dr. Carl Zaudy verstarb im Ghetto Theresienstadt am 15. August 1943.

Autorin: Hildegard Jakobs, Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf