Gedenkbuch

Reiss, Lotte

geb. Marcus

Am 18. Juli 1902 wurde Lotte Marcus in Bochum geboren. Ihre Eltern Hugo und Johanna Marcus, geborene Leeser, besaßen in Bochum-Linden ein Haus in der Hattinger Straße 776. Lottes Schwester Hilde kam 1906 in Bochum-Linden zur Welt.

Lotte Marcus heiratete den Kaufmann Moritz Reiss. Beruflich war Moritz Reiss als Kaufmann tätig und führte als Mitinhaber die Firma „Alfred Fröhlich“ (später Firma „Rosenthal“) in Bochum-Gerthe. Beide zogen später ins Rheinland nach Düsseldorf, woraufhin ihr Ehemann seine Beteiligung an der Bochumer Firma aufgab und in Düsseldorf-Gerresheim in der Heyestraße 145 ein Textilgeschäft übernahm. In dem Kaufhaus „Moritz Reiss – Manufakturwaren“, das zuvor „Samuel Michel“ hieß, verkaufte er Arbeitsschuhe und Arbeitskleidung an die Arbeiter der Gerresheimer Glashütte. 

1938 musste ihr Mann Moritz Reiss unter dem Druck der nationalsozialistischen Verfolgung sein Geschäft aufgeben. Es wurde „arisiert“, und der neue Besitzer Franz Osterwind nannte es in Kaufhaus „Görgens“ um. Nach den Ereignissen der Pogromnacht 1938 musste das Ehepaar Reiss in die Truchseßstraße 33 umziehen, ein Haus, das dem jüdischen Ehepaar Callmann gehörte. Im Dezember 1939 emigrierte ihre Schwester Hilde Marcus von Antwerpen nach Amerika. Auch das Ehepaar Reiss versuchte eine Ausreise nach Nordamerika zu organisieren. Hilda Marcus zahlte aus Amerika im Juni 1941 eine größere Zahlung für Lotte und ihren Mann sowie für ihre Eltern als Deposit über das „Jewish Transmigration Bureau“ ein. Doch eine rechtzeitige Ausreise kam nicht zustande. 

Nach der von den Nationalsozialisten erzwungenen Vermögenserklärung ihr Mann ein Wohnhaus in der Straße Auf’m Hennekamp 33 im Wert von 23.600 RM, das allerdings mit 8.600 RM belastet war. Weiterhin besaß er Wertpapiere in Höhe von 25.200 RM und Sparbücher im Wert von ca. 74.000 RM. Das gesamte Vermögen wurde später beschlagnahmt.

Lotte Reiss wurde am 27. Oktober 1941 zusammen mit ihrem Mann von Düsseldorf in das Ghetto von Litzmannstadt/Łódź deportiert. Sie mussten dort mit weiteren Deportierten im Zimmer 3 der Kollektivunterkunft Fischstraße 15 leben. Ihr Mann konnte erreichen, dass sie vom II. Transport am 5. Mai 1942 zurückgestellt wurden. Das Ehepaar zog am 21. Mai 1942, nach der Auflösung der Kollektivunterkünfte Mitte Mai 1942, in die Wohnung 20 in der Hamburger Straße 42.

Am 8. Juli 1942 musste sie in ein Krankenhaus des Ghettos eingeliefert werden, und zehn Tage später, am 18. Juli 1942, ihrem 40. Geburtstag, verstarb Lotte Reiss im Ghetto von Litzmannstadt/Łódź. Als offizielle Todesursache wurde „Lungentuberkulose“ angegeben. Auch ihr Ehemann Moritz Reiss war erkrankt und starb am 20. Oktober 1942 im Ghetto. Als offizielle Todesursache wurde eine Krankheit der Lunge angegeben.

Autorin: Hildegard Jakobs, Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf