Gedenkbuch

Seligmann, Friedrich

Am 28. Oktober 1886 kam Friedrich Moritz Seligmann, der Fritz genannt wurde, in Düsseldorf zur Welt. Er war der älteste von drei Söhnen der Eheleute Jakob und Berta Seligmann, geborene Weinberg (28.02.1859 -12.12.1935). Friedrichs Bruder Leopold wurde am 19. Januar 1888 in Düsseldorf geboren und sein Bruder Karl kam am 16. Juni 1890 ebenfalls in der Stadt am Rhein zur Welt. Er hatte noch zwei Schwestern: Henriette (geboren am 20. Dezember 1884 in Düsseldorf) und Martha (geboren am 9. April 1889 in Düsseldorf) Seligmann.

Friedrich Seligmann lebte seit seiner Geburt in der Grabenstraße 2 in Düsseldorf. Später erbte er mit seinem Bruder Leopold das Elternhaus. Sein Vater Jakob Seligmann verstarb 1914 in Düsseldorf. Friedrich und seine Brüder kämpften als Soldaten im Ersten Weltkrieg. Sein jüngerer Bruder Karl fiel als Soldat am 5. Mai 1917. Friedrich und sein Bruder Leopold kehrten nach Kriegsende nach Düsseldorf zurück.

Friedrich Seligmann war nicht verheiratet und arbeitete als Kaufmann. Sein Bruder Leopold Seligmann handelte mit Kaffee und besaß ein eigenes Lager in der Nähe vom Bahnhof Wehrhahn. Am 26. November 1924 wurde seine Nichte Marianne Seligmann, die Tochter seines Bruders Leopold und seiner Schwägerin Gertrud Seligmann, geborene Freund (26.10.1902 – 00.10.1944) in Düsseldorf geboren. Elf Jahre später, am 12. Dezember 1935, verstarb seine Mutter Berta Seligmann im Alter von 76 Jahren. Sie wurde auf dem alten jüdischen Friedhof in Düsseldorf neben ihrem Ehemann begraben.

Ab dem Jahr 1939 musste Friedrich Seligmann Zwangsarbeit als Hilfsarbeiter beim Städtischen Straßenbauamt in Düsseldorf leisten. Auch in dieser Zeit wohnte er noch mit seinem Bruder in der Grabenstraße 2.
Zwei Jahre später, am 27. Oktober 1941, wurde er zusammen mit seinem Bruder Leopold und dessen Frau Gertrud Seligmann von Düsseldorf in das Ghetto Litzmannstadt/Łódź deportiert. Am 28. Oktober 1941 kamen sie mit über 1000 weiteren Personen im Ghetto an. Die drei kamen zunächst in der „Düsseldorfer Kollektivunterkunft“ in einem alten Schulgebäude in der Fischstraße 21 im Zimmer 8 unter. Es mangelte an Platz, Privatsphäre, sanitären Anlagen, fließendem Wasser, ausreichend Nahrung und vielen Dingen des täglichen Lebens. Entscheidend zum Überleben war es, im Ghetto eine Arbeitsstelle zu finden. Friedrich Seligmann arbeitete im April/Mai 1942 als Arbeiter bei „Demolierungsarbeiten“ außerhalb des Ghettos. Er konnte auf Antrag seines Bruders Leopold Seligmann von der Deportation am 14. Mai 1942 mit dem XI. Transport zurückgestellt werden. Sein Bruder führte unter anderem in seinem Widerspruch an, dass Friedrich außerhalb des Ghettos zu „Demolierungsarbeiten“ eingesetzt wurde. 

Nach der Auflösung der „Kollektivunterkünfte“, zog Friedrich Seligmann am 1. Juni 1942 in die Kreutzstraße 2a. Einen Monat später, am 7. Juli 1942, starb Friedrich Seligmann im Ghetto Litzmannstadt. Als offizielle Todesursache wurde „Unterernährung“ angegeben.

Sein Bruder Leopold litt ebenfalls unter den lebensbedrohlichen Bedingungen im Ghetto. Er hielt zwei Jahre durch und musste dann am 30. Juni 1944 in ein Krankenhaus des Ghettos eingeliefert werden. Seine Schwägerin Gertrud konnte verhindern, dass sein Bruder Leopold in dieser Zeit als Patient „ausgesiedelt“ wurde. Beide lebten noch bis Sommer 1944 im Ghetto. Im August 1944 sollte das Ghetto Litzmannstadt endgültig geräumt werden und alle noch verbliebenen Ghettobewohner- und bewohnerinnen wurden aufgefordert sich zur „Aussiedlung“ einzufinden. Das Ziel der „Aussiedlungen“ war diesmal das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Im August 1944 befanden sich noch 65 ehemalige „Düsseldorfer Kollektivmitglieder“ im Ghetto, darunter auch Leopold und Gertrud Seligmann. Namenslisten für die letzten Deportationen sind nicht überliefert, sodass nicht bekannt ist, wann genau die beiden in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert wurden. Leopold Seligmann wurde vermutlich kurz nach der Ankunft in Auschwitz-Birkenau ermordet.
Seine Schwägerin Gertrud Seligmann wurde zunächst als „Häftling“ ins Lager aufgenommen. Nach zwei Monaten wurde sie mit ungefähr 1500 anderen „Häftlingen“ in das Konzentrationslager Stutthof in der Nähe von Danzig überführt. Dort wurde sie als „Nummer 76599“ ins Lager aufgenommen. Im dortigen Sterbebuch ist ihr Name ohne Datum vermerkt worden.

Seine Nichte Marianne Seligmann überlebte die Shoah in England. Sie hatte Deutschland am 25. August 1939 mit einem Kindertransport nach Großbritannien verlassen können. Marianne Seligmann ging in den 1950er-Jahren nach Israel. Sie heiratete Chanan Choresh und änderte ihren Vornamen in Miriam. Sie bekamen drei Kinder: Judith, Avner und Gadi. Im September 2003 besuchte sie mit ihrem Mann ihre Heimatstadt und die Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf.

Autorin: Hildegard Jakobs, Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf