Gedenkbuch

Hohenstein, Max Mayer

Der Kaufmann Max Mayer Hohenstein kam am 20. Februar 1875 als Sohn von Jakob Hohenstein (1837-1903) und seiner Frau Dora Hohenstein (ca. 1845-1910), geborene Rehfeld, in Tuchel zur Welt. Er entstammte einer großen Familie und hatte mit Isidor (1868-1938), Marcus (1869-1942), Gustav (1873-1943), Moritz (geboren 1876) und Bertha (geboren 1880) sechs Geschwister. 1874 kam zudem noch eine Schwester zur Welt, ihr Name ist jedoch unbekannt. Mit Charles (geboren 1861) hatte er einen älteren Halbbruder, der in erster Ehe seines Vaters geboren wurde.

Max Hohenstein eröffnete am 7. September 1901 ein Geschäft für Herren- und Knabengarderobe auf der Bahnhofstraße 20 in Witten. Noch im selben Jahr suchte er im Wittener Tageblatt nach einer Verkäuferin und einem Lehrling.

Ein Jahr später verlobte er sich mit der in Sievershausen geborene Johanna Blumenberg (geboren 1875). Im Mai 1902 bestellte das Paar das Aufgebot. Nach der Hochzeit wohnten die Eheleute zunächst in Witten auf der Bismarckstraße 8. Am 12. Juni 1903 kam ihr Sohn Ernst zur Welt. Im selben Jahr verstarb Max Vater Jakob Hohenstein im Alter von 66 Jahren. 

1904 musste Max Hohenstein für seine Firma Konkurs anmelden. Im August 1904 fand der Ausverkauf der Ware des Geschäfts statt. Im Juli desselben Jahres meldete Max Hohenstein eine Firma in Schwelm an, die kurzzeitig auf den Kaufmann Albert Kleestadt übertragen wurde. Im Oktober 1904 wurde die Firma dann offiziell auf Max Frau Johanna überschrieben, während er selbst als Prokurist der Firma eingesetzt wurde. Es folgte der Umzug nach Schwelm in die Neustraße 17, wo die Eheleute kurze Zeit später ein Hausmädchen für den Haushalt suchten.

In Schwelm wurden Max Hohenstein und seine Frau im April 1905 öffentlich in einem Zeitungsartikel der Zeitung Rheinische Volksstimme antisemitisch angegriffen. In dem Artikel hieß es: „Der Inhaber der Firma Max Hohenstein in Schwelm setzt sich mit einigen Konfirmanden in Verbindung und läßt sich von ihnen die Adressen ihrer Mitkonfirmanden angeben, dann besucht er sie, um die Konfirmationsanzüge zu liefern! Auf diese Weise soll er ein großartiges Geschäft gemacht haben, zum Schaden der Schneidermeister. Aber die Juden sind auch aufmerksame Leute, wenigstens in geschäftlicher Hinsicht, und die Firma Max Hohenstein macht keine Ausnahme. Den Konfirmanden, denen sie Anzüge lieferte, übersandte sie ein Gratulationskärtchen, ein Doppelkärtchen, auf dessen Vorderseite steht ‚Herzliche Segenswünsche zur Konfirmation,‘ und auf dessen Innenseite der Spruch Joh. 11 V. 25: ‚Ich bin die Auferstehung usw.‘; dieser Karte ist die Visitenkarte ‚Max Hohenstein und Frau‘ beigefügt. Wann wird sich der Deutsche aufraffen, um gegen diese jüdischen Geschäftspraktiken und bösen Kniffe Front zu machen!“ Die Zeitung Rheinische Volksstimme war eine täglich in Köln publizierte Zeitung, die unter dem Titel „Rheinische Volksstimme. Tageszeitung für die christlichen Berufsstände“ erschien und politisch dem Zentrum zugeordnet wurde.

Zwei Jahre später, im Februar 1907, mussten Max Hohenstein und seine Frau Johanna auch für ihre Firma in Schwelm Konkurs anmelden. Ob dies eine Folge der antisemitischen Anfeindungen gegen sie war, ist unklar. Am 12. September 1908 wurde dann ihre Tochter Irma geboren. 

1910 verstarb Max Mutter Dora Hohenstein im Alter von 65 Jahren.

Max Hohenstein zog mit seiner Familie nach Düsseldorf, das genaue Datum ist jedoch unbekannt. Hier besuchte seine Tochter Irma von 1918 bis 1926 das Auguste-Victoria-Lyzeum.

Max Hohenstein arbeitete in Düsseldorf als Handelsvertreter für Textilstoffe. Er war Inhaber der im Dezember 1922 von ihm gegründeten Firma „Rheinischen Hemdenfabrik“, die sich auf der Herderstraße 44 befand, während er bis 1929 mit seiner Familie in der zweiten Etage der Schumannstraße 40 wohnte. Anschließend zog die Familie auf die Luegallee 102. 

Von 1934 bis 1939 wohnten die Eheleute in der vierten Etage der Reisholzer Straße 26. Ob ihre Kinder Ernst und Irma zu diesem Zeitpunkt noch bei ihnen wohnten, ist unklar. Nach 1939 gibt es für die Eheleute Hohenstein keine weiteren Einträge in den Adressbüchern der Stadt Düsseldorf. Möglicherweise mussten sie in Folge der Novemberpogrome ihre Wohnung auf der Reisholzer Straße 26 verlassen. Bis zum 27. Juli 1939 wohnte Max Hohensteins Schwager Dr. Ernst Blumenberg für fünf Monate bei ihnen auf der Reisholzer Straße 26. Er flüchtete dann nach Schanghai. Dort arbeitete er bis 1949 als Arzt und emigrierte anschließend in die USA.

Seiner Tochter Irma war die Emigration nach Großbritannien geglückt. Sie wurde dort allerdings als ehemalige deutsche Staatsbürgerin nach Beginn des Zweiten Weltkrieges interniert.

Am 21. Juli 1942 wurden der 67-jährige Max Hohenstein und die 67-jährige Johanna Hohenstein von Düsseldorf aus in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Auf der Deportationsliste wurde die Gartenstraße 112 als letzte Adresse verzeichnet.

Aus dem Ghetto Theresienstadt wurden die Eheleute Hohenstein am 21. September 1942 in das Vernichtungslager Treblinka deportiert und dort ermordet.

Max jüngerer Bruder Moritz Hohenstein wurde am 2. Mai 1939 zusammen mit seiner Frau in ein „Judenhaus“ auf der Neue Marktstraße 13 in Hameln zwangseingewiesen. Am 31. März 1942 wurde sie aus Hameln über Hannover-Ahlem in das Ghetto Warschau deportiert. Er hat nicht überlebt.
Seine jüngere Schwester Bertha Hohenstein wurde am 29. Oktober 1941 von Berlin aus in das Ghetto Litzmannstadt deportiert. Aus dem Ghetto wurde sie in das Vernichtungslager Kulmhof (Chelmno) deportiert. Auch sie hat nicht überlebt.
Der ältere Bruder Marcus Hohenstein wurde am 3. Oktober 1942 von Berlin aus in das Ghetto Theresienstadt deportiert, wo er im November 1942 verstarb. Max älteste Bruder Charles Hohenstein war bereits 1923 in die USA emigriert, während Bruder Isidor Hohenstein 1938 verstorben war.

Autorin: Frederike Krenz, Förderkreis der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf