Gedenkbuch

Steinberg, Helmut

Helmut Steinberg kam am 12. Dezember 1914 in Düsseldorf als zweiter Sohn des Ehepaars Albert und Anna Steinberg, geborene Magnus, zur Welt. Er hatte noch zwei Brüder: Richard (geboren 1916) und Herbert (geboren 1920). Sein Bruder Richard Steinberg war geistig behindert. Eine Cousine berichtet, dass er in seiner Entwicklung auf dem Stand eines Dreijährigen stehen geblieben, aber sehr ruhig, sehr lieb und niemals irgendwie aggressiv oder unruhig war. „Ich erinnere mich, wie er als ca. 20-jähriger mit Bausteinen spielte und sehr gerne Musik hörte. (…) keiner hätte daran gedacht, ihn in ein Heim zu geben.“

Sein Vater Albert Steinberg hatte auf der Düsseldorfer Königsallee 46 das Modehaus Steinberg gegründet. Als er 1927 überraschend starb, übernahm seine Mutter Anna Steinberg zusammen mit ihrem Bruder Richard Magnus die Leitung des Geschäfts.

Am 21. Juli 1938 heiratete Helmut Stein in Düsseldorf Gerda Oliven. Seine Frau war am 28. August 1919 in Plauen zur Welt gekommen und lebte seit 1937 mit ihrer Familie in Düsseldorf. Ihr Vater Julius Oliven hatte zeitweilig für das Modehaus Steinberg gearbeitet. Vermutlich hatten sich Helmut und Gerda darüber kennengelernt.

In der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurden die Geschäftseinrichtung und der Warenbestand des elterlichen Modehauses schwer beschädigt. „Außer der sehr wertvollen Einrichtung unseres Geschäftes, die fast vollständig zerstört worden ist, hat auch ein sehr großer Teil der Warenbestände Schaden erlitten“, schrieb seine Mutter Anna Steinberg am 28. November 1938 in einem Brief an die Firma A. Doering & Co. in Appenzell in der Schweiz. „Obgleich wir seit dem 10. November keinerlei Einnahmen mehr haben, verbleiben auf der anderen Seite die laufenden Spesen, wie Miete, Löhne, Gehälter usw. in voller Höhe bestehen. Außerdem werden wir (…) für die Wiederherstellung unserer Schaufensterpassage, deren Spiegelscheiben restlos in Trümmer gingen, in Anspruch genommen. Um aus dieser schwierigen Lage einen Ausweg zu finden (…), haben wir uns schweren Herzens dazu entschlossen, einen Antrag zum Konkurs zu stellen (…).”

Helmut und sein Bruder Herbert flohen nach der Pogromnacht ins Ausland. Herbert meldete sich am 15. Mai 1939 nach London ab. Auch Helmuts Frau Gerda konnte am 5. Mai 1939 nach England emigrieren. Der direkte Emigrationsweg zu ihr nach Großbritannien war Helmut Steinberg nicht möglich. Daher emigrierte er am 14. September 1939 zunächst nach Brüssel.

Nach der deutschen Besetzung wurde Helmut Steinberg in Belgien verhaftet und in der Folgezeit in mehreren französischen Lagern interniert: So kam er zuerst nach Le Vigeant. Am 27. Dezember 1940 schrieb Else Oliven aus Düsseldorf an ihre Tochter Gerda Steinberg in Großbritannien: „Von Helmut haben wir nach 9 Monaten jetzt auch einen Brief an uns direkt bekommen, sonst hatte uns die Mutter Änne immer seine teils vorgelesen, der arme Junge hat es im Augenblick wohl auch sehr schwer? Es geht der Mutter Änne soweit gut, sie ist gesund, u. arbeitet mit in der Gemeinde, macht sich natürlich wie wir alle, viel Sorgen um ihre Kinder.“ Der Brief wurde von der Gestapo abgefangen und befindet sich heute im Landesarchiv NRW.

Später kam Helmut Steinberg ins Lager nach Saint-Cyprien. Am 26. August 1942 wurde er von dort nach Rivesaltes überführt. Von dort wurde er am 11. September 1942 über das Sammellager Drancy nach Auschwitz-Birkenau deportiert und ermordet.

Seine Mutter Anna Steinberg war am 10. November 1941 ins Ghetto von Minsk deportiert und ermordet worden. Auch sein Bruder Richard Steinberg hat die nationalsozialistische Judenverfolgung nicht überlebt. Er war bereits am 15. Februar 1941 im Rahmen der Krankenmordaktion „T4“ in die Tötungsanstalt Hadamar gebracht und dort ermordet worden.

Autorin: Hildegard Jakobs, Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf