Gedenkbuch

Leeser, Edgar

Am 8. Juli 1913 wurde Edgar Leeser in Düsseldorf als Sohn des Ehepaars Benno und Sybilla/Sibilla (Bella) Leeser, geborene Isaacs, geboren. Er hatte zwei Geschwister: Kurt (geboren 1904) und Ludwig (geboren 1907).

Sein Vater Benno Leeser hatte 1904/05 in Düsseldorf die Damenhutfirma Leeser gegründet, zu der später noch weitere Filialen in Essen, Dortmund, Köln und Berlin gehörten. Seine Mutter Bella kontrollierte die Ateliers und die Einteilung der Ware für die verschiedenen Filialen; vor allem leitete sie jedoch bis Mai 1933 das Geschäft in der Königsallee 38-40. Ihre Schwiegertochter Else beschrieb sie später als „Seele des Geschäfts“. Vor ihrer Hochzeit hatte seine Mutter eine Ausbildung bei der Firma Cohn und Epstein in Duisburg absolviert.

Edgar Leeser sollte später auch in das Geschäft einsteigen. Zunächst besuchte er die Handelsschule und absolvierte eine kaufmännische Ausbildung beim Kaufhaus „Geschwister Guttmann“ in der Grabenstraße in Düsseldorf. Anschließend arbeitete Edgar Leeser als Geschäftsführer in der Düsseldorfer Filiale in der Schadowstraße 21/23. Das Hauptgeschäft befand sich weiterhin in der Königsallee 38-40. Edgar Leeser wohnte mit seinen Eltern in der Schillerstraße 27 in Düsseldorf und später in der Blumenstraße 16.

Noch 1931 eröffnete die Firma Benno Leeser ihre größte Filiale. Sie befand sich in Berlin in der Leipzigerstraße. Bekannte Schauspielerinnen und weitere Prominente Berlinerinnen kauften hier ihre extravaganten Hüte. Die Geschäftsführung hatte sein Bruder Ludwig Leeser. Die Filiale in Essen leitete sein älterer Bruder Kurt Leeser. 1932 etablierten seine Eltern noch eine Filiale in Dortmund. Die Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 stellte die Firma vor ungekannte Probleme. Durch massive Boykottmassnahmen gingen die Umsätze zurück. Einige Tage vor der reichsweiten Boykottaktion waren die Düsseldorfer Filialen der Firma Benno Leeser bereits massiv mit sogenannten Boykottwachen zugestellt worden. Ein Foto davon wurde in der nationalsozialistischen Zeitung „Volksparole“ veröffentlicht. Als Konsequenz des massiven Drucks emigrierten seine Eltern im August 1933 in die Niederlande. Das Hauptgeschäft und die Filialen in Düsseldorf wurden zunächst von Edgar Leeser weitergeführt.

1934 emigrierte auch Edgar Leeser in die Niederlande. Ab dem 26. Juni 1934 war er in Amsterdam gemeldet. Dort war er im Modehaus seiner Mutter tätig. Sie hatte in Amsterdam noch 1933 das Modehaus „Maison Bella“ in der Kalverstraat 42-44 eröffnet. Im Ladengeschäft wurden Damen- und Kinderhüte sowie Pelzwaren verkauft. Edgar Leeser fungierte ab 1937 als Direktor des Geschäfts. Am 12. August 1938 heiratete Edgar in Amsterdam Irene Anna Meyer aus Berlin. Er zog einen Tag später mit seiner Frau in die Milletstraat 1. Die Ehe wurde drei Jahre später wieder geschieden. Sie hatten keine Kinder. Ab dem 1. Februar 1940 war Edgar Leeser im Haus Stadionweg 115 gemeldet. Dort wohnten seine Eltern seit August 1936, und sein Bruder Ludwig Leeser, aus Berlin kommend, ab dem 13. November 1936.

Am 4. August 1940 verstarb sein Vater Benno Leeser in Amsterdam. Ein Jahr später, am 13. August 1941, wurde das Geschäft „Maison Bella“ „arisiert“. Edgar Leeser verlobte sich am 28. September 1941 mit Anita Monnikendam. Sie feierten die Verlobung im engen Familienkreis im Haus der Familie Leeser. Sein Bruder Kurt Leeser zog am 22. Juni 1942 aus Arnhem kommend ebenfalls in das Haus am Stadionweg 115.

Im September 1942 wurden regelmässig Juden in Amsterdam auf der Straße verhaftet oder aus ihren Wohnungen geholt, um deportiert zu werden. Scheinbar geriet auch Edgar Leeser in eine solche Aktion und wurde zunächst ins Lager Westerbork gebracht. Das Lager Westerbork, ursprünglich 1939 von der niederländischen Regierung als Lager für Flüchtlinge aus Nazideutschland eingerichtet, war von den deutschen Besatzern im Juli 1942 als polizeiliches SS-Durchgangslager umfunktioniert worden. Von dort wurden in der Folgezeit regelmäßig Deportationen in die Todeslager Auschwitz und Sobibor durchgeführt. Die ersten Transporte mit 2030 Juden verließen Westerbork am 15. und 16. Juli 1942 in Richtung Auschwitz. Edgar Leeser gehörte zu denjenigen, die am 15. Juli 1942 im Lager Westerbork registriert und noch am selben Tag in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert wurden. Er hat nicht überlebt.

Auch seine Mutter Bella wurde ermordet. Sie befand sich ab 25. Mai 1943 im Lager Westerbork und wurde von dort am 25. Mai 1943 in das Vernichtungslager Sobibor deportiert. Seine Brüder Ludwig (später Lou) und Kurt Leeser überlebten; Kurt starb 1947 in Amsterdam. Lou Leeser ging nach Amerika.

Autorin: Hildegard Jakobs, Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf