Gedenkbuch

Strauss, Beatrice

Beatrice Strauss kam am 13. November 1902 in Geisenheim im Rheingau als zweites Kind des Weingroßhändlers Sebald Strauss und seiner Frau Hedwig, geborene Rödelheimer, zur Welt. Sie hatte noch zwei Geschwister: Alfred (1901-1968) und Käthe (1904-1997). In ihrer Familie wurde Beatrice Strauss „Bea“ genannt. Sie absolvierte an der Universität Frankfurt am Main ein sozialwissenschaftliches Studium, welches sie mit der Promotion abschloss. Nach dem Studium zog sie nach Bremen. Dort arbeitete sie als Lehrerin im Frauenerwerbs- und Ausbildungsverein und gab Unterricht an einer Mädchenberufsschule. 1933 wurde der Frauenerwerbsverein von den Nationalsozialisten aufgelöst und Dr. Beatrice Strauss wurde arbeitslos. Daraufhin zog sie zu ihren Eltern nach Wiesbaden.

Sie zog 1936 nach Düsseldorf um eine Stelle an der 1935 eingerichteten Jüdischen Volksschule anzutreten. Dr. Strauss lehrte dort Sprachen und auch Landeskunde. Der frühere Düsseldorfer Henry Rose, früher Heinz Rosenstein, Jahrgang 1919, beschreibt sie als eine ganz großartige Lehrerin mit enormem Mut in der schweren Zeit der Diskriminierung und Verfolgung. Seit dem 16. April 1936 wohnte Dr. Beatrice Strauss in der Feldstraße 34. Dort wohnten schon zur Untermiete auch ihre Schulkollegin Grete Eichelberg und der Lehrer Kurt Schnook.

Am 25. April 1938 zog Beatrice Strauss nach Essen und unterrichtete an der dortigen jüdischen Schule. Vom 23. Dezember 1939 bis zum 3. Januar 1940 sollte an der Gartenbauschule in Ahlem ein Fortbildungslehrgang für Lehrkräfte des Englischen veranstaltet werden. Dr. Beatrice Strauss gehörte zu den Dozentinnen.

Ähnlich wie ihre beiden Geschwister überlegte Beatrice Strauss, ob sie emigrieren sollte. Doch ihre Eltern lebten noch in Wiesbaden und sie kümmerte sich liebevoll um sie. Regelmäßig fuhr sie zu ihnen. Ihre Eltern hatten ein schönes Mehrparteienhaus in Wiesbaden in der heutigen Bahnhofstraße 46. Das Haus wurde später zu einem so genannten Judenhaus. Die Sommerferien 1940 verbrachte sie bei ihren Eltern in Wiesbaden. Sie schrieb in einem Brief an ihren Bruder Alfred, der 1939 über Peru nach Bolivien emigriert war: „Ich habe in den Ferien nur gebummelt. Seit vorgestern ist hier richtiges Sommerwetter, sonnig und heiss. (…) Heute erwarten wir den Mann wegen des Verkaufs der Möbel, da wir voraussichtlich 2 Zimmer abgeben müssen.“ Am 22. September 1940 schreib sie an ihren Bruder: „Eltern haben sich über deine Briefe gefreut, denn sie scheinen sehr schlechter Laune zu sein wegen der Wohnungsgeschichte. Dein ehemaliges Wohnzimmer wird auf Vaters Kosten zur Wohnküche umgebaut, Salon und Balkonzimmer werden abgegeben.“

Am 10. November 1941 wurde Dr. Beatrice Strauss aus Essen über den Güterbahnhof Düsseldorf in das Ghetto von Minsk deportiert und später ermordet. Ihre Eltern sorgten sich sehr, als sie keine aktuelle Adresse oder ein anderweitiges Lebenszeichen von ihrer Tochter erhielten. Am 18. November 1941 schrieben sie ihren Sohn: „Bei uns ist die Stimmung gedrückt, seit Bea nicht mehr da ist und wir ihre neue Adresse noch nicht haben. Sie schrieb uns noch von unterwegs, dass sie aus Zeitmangel weder Dir, noch Käte schreiben konnte.“ Am 1. September 1942 wurden Sebald und Hedwig Strauss in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Hedwig Strauss verstarb dort zwanzig Tage nach der Ankunft. Ihr Mann starb im Ghetto am 6. Oktober 1942.

Autorin: Hildegard Jakobs, Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf