Gedenkbuch

Falk, Edith

geb. Simon

Edith Falk, geborene Simon, kam am 22. Mai 1884 in Osnabrück als Tochter von Friedrich Simon und Fanny, geborene Nordwald, auf die Welt. Ihr Vater stammte aus Essen-Werden, ihre Mutter aus Arnsberg. Edith  hatte noch fünf weitere Geschwister: Arthur Simon (1875-1977), Anna Francken, geborene Simon (1879-1970), Walter Simon (1881-1965), Olga Cohn, geborene Simon (1885-1986), Bella Kaufmann, geborene Simon (1885-1999). Ihr Vater führte mit ihrem Onkel Max Simon eine Firma zur Herstellung von Textilien „F & M Simon“. Am 23. Februar 1902 verstarb ihr Vater in Osnabrück.

Im Dezember 1904 verlobte sich Edith mit dem Bankier Siegfried Falk, den sie am 10. Mai 1905 in Osnabrück heiratete. Sie zog aus Osnabrück am 26. Juli 1905 zu ihm nach Düsseldorf in die Wohnung am Schadowplatz 14. Ihr Mann führte seit 1903 eine angesehene Privatbank in der Steinstraße 20 in Düsseldorf. Ein Jahr nach der Hochzeit, kam das erste von drei Kindern von Edith und Siegfried Falk zur Welt. Ihre Tochter Vera wurde am 18. März 1906 in Düsseldorf geboren. Im Mai des gleichen Jahres schaltete sie eine Anzeige mit folgendem Inhalt: „Zum 15. bis 20. Mai suche ich zu einem dann 2 Monate alten Kinde eine erfahrene Person, die auch Hausarbeit übernimmt. Zeugnisse bitte einzusenden an Frau Siegfried Falk im 14 Schadowplatz, Düsseldorf“. Möglicherweise hing die Anzeige mit dem späteren Umzug der Familie zusammen. Am 22. August 1906 zog Edith Falk mit ihrem Mann und der kleinen Vera zur Königsallee 64. Am 2. Dezember 1907 kam Friedrich (später Frank), der in der Familie Fritz genannt wurde, zur Welt. Ihm folgte die jüngste Tochter namens Gisela, die am 7. Juni 1910 geboren wurde.
Acht Jahre nach der Geburt ihrer jüngsten Tochter, zog das Ehepaar mit ihren Kindern nach Düsseldorf-Oberkassel, wo die Familie ein Haus am Kaiser-Friedrich-Ring 5 bewohnte. Das Haus hatte ihr Mann Siegfried erworben.

Ihre Kinder waren mittlerweile erwachsen, begannen eine Berufsausbildung und gründeten ihre eigenen Familien. Ediths Sohn Fritz Falk trat zunächst in die Fußstapfen seines Vaters und absolvierte zwischen 1926 und 1928 eine Banklehre in Essen und Hamburg. 
Ihre Tochter Vera heiratete am 1. März 1928 den Kaufmann Franz Grunsfeld. Edith und Siegfried Falk wurden Großeltern von zwei Enkeln, Ursula Marianne und Gerd Ullrich. 

Im Sommer 1928 entschied sich ihr Sohn für ein Jura Studium in Bonn und Berlin. Sein Referendariat absolvierte er wieder im Rheinland am Amtsgericht Neuss und am Landgericht in Düsseldorf.  

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 emigrierte ihre jüngste Tochter Gisela nach Frankreich und ihrem Sohn Fritz Falk war es nicht mehr gestattet als Jurist zu arbeiten. Die Falks und andere jüdische Familien wurden sukzessive aus dem gesellschaftlichen Leben verdrängt. Ein Teil ihrer Verwandtschaft wanderte ebenfalls ins Ausland aus. 

Ihr Mann Siegfried Falk war in Düsseldorf sehr bekannt. Er war ein aktives Mitglied in der jüdischen Gemeinde Düsseldorf und wurde später zum Vorsitzenden. Er amtierte auch als Vorsitzender der Chewra Kadischa. Edith und Siegfried Falk zeigten großes Engagement für ihre Gemeinde. Die Gemeindezeitung für den Synagogenbezirk Düsseldorf ehrte Siegfried Falk 1934 anlässlich seines 60. Geburtstag mit einem Artikel und schrieb: „Zu den Männern unserer Gemeinde, die über Berufs- und Privatleben hinaus in selbstloser Weise ihre Kräfte und Fähigkeiten der Gemeinschaft zu widmen als ihre Pflicht betrachten, gehört in vorderster Reihe Siegfried Falk. Seit vielen Jahren ist er eines der regsten Mitglieder der Repräsentanz, in der Loge einer der tätigsten Brüder, der überall mit Rat und Tat zur Verfügung steht, wenn es gilt, Gutes zu tun.“

Ihre Mutter Fanny Simon lebte mittlerweile ebenfalls in Düsseldorf. Sie feierte am 13. März 1935 in ihrer Wohnung in der Markgrafenstraße 11 ihren 82. Geburtstag. Auch Ediths Tanten Olga Reifenberg, geborene Nordwald, und Milly Baumann, geborene Nordwald, waren nach Düsseldorf gezogen. Letztere wohnte einige Wochen bei ihnen im Haus Kaiser-Friedrich-Ring. 

Das Engagement ihres Mannes schützte die Familie allerdings nicht vor den antijüdischen Maßnahmen des nationalsozialistischen Regimes. 1937 musste ihr Mann Siegfried dem Druck der Nationalsozialisten beugen und seine Bank verkaufen. Die Commerzbank übernahm seine Bank. Am 2. Januar 1937 war zudem ihre Mutter Fanny Simon in Düsseldorf verstorben.

Edith und Siegfried Falk bemühten sich um eine Auswanderung, „sie hatten [aber] eine sehr hohe Quotennummer“, wie sich ihr Sohn Fritz, der sich später Falk nannte, in einem Interview 1995 erinnerte. Die Chance auf eine baldige Emigration war gering, sodass Edith und Siegfried Falk notgedrungen in Düsseldorf bleiben mussten.

Am 25. März 1938 zogen Edith und ihr Mann in eine 6-Zimmer-Wohnung in der Luegallee 18. Ihre Wohnung war „sehr reich und wohlhabend ausgestattet“ und sie verfügten über hochwertige, „teilweise antike Möbel“ und wertvolles Porzellan, wie Maria Nowaczysk, die ehemalige Haushälterin der Falks im Jahr 1960 bei einem Prozess aussagte, wo die Rückerstattung des Erbes von Edith und Siegfried Falk an ihre Kinder verhandelt wurde.

Ediths Tante Milly Baumann emigrierte am 21. Juli 1938 nach Mexiko. In der Pogromnacht am 9./ 10. November 1938 wurde das Ehepaar in ihrer Wohnung überfallen. „Ölgemälde wurden zerschnitten, das Service für 36 Personen, Meißner-, Delfter-, Rosenthal-Porzellan wurde, wie auch das „Tägliche“, zerschlagen, ebenso Glastüren, Spiegel, Bilder, Garderobe. Im Schlafzimmer stürzte man einen schweren Kleiderschrank über die Betten“, so erinnerte sich ihr Sohn später. Am 10. November 1938 wurde ihr Mann Siegfried Falk verhaftet und zehn Tage im Polizeigefängnis festgehalten, bis er am 19. November 1938 wieder entlassen wurde. Ihr Sohn Fritz Falk wurde ebenfalls verhaftet und wurde bis Ende Dezember 1938 im KZ Sachsenhausen inhaftiert. Die Zeit der Verhaftungen nahm kein Ende und so wurde ihr Mann ein Jahr später erneut in Gewahrsam genommen und war vom 21. bis 23. November 1939 in Haft in Düsseldorf. 

Edith Falk wußte ihre Tochter Gisela in Frankreich bereits in Sicherheit. Ihre älteste Tochter wanderte 1939 mit ihrer Familie nach Palästina aus. Ihr Sohn Fritz Falk erhielt die Möglichkeit nach England auszureisen.
So waren Edith und Siegfried Falk ab 1939 alleine in Düsseldorf. Nur noch über Briefe konnte der Kontakt zu ihren Kindern und Verwandten erfolgen. Edith Falk bekam zu ihrem 55. Geburtstag zahlreiche Glückwünsche, wie ihr Mann in einem Brief an „Meine Lieben Alle!“ und „Verwandte und Freunde!“ am 1. Juni 1939 schrieb: „die regelmäßige Korrespondenz an und einem sonst simplen Tage, wie an einem Geburtstage, ist es mehr ‚an Inhalt und Herzlichkeit‘, was uns aus weiter, und weitester Ferne entgegengebracht wird, als früher bei besonderen Anlässen an Äußerlichkeiten und äusserem Glanz geschah.“ Ediths Mann berichtete außerdem, dass ein Gesetz erlassen wurde, „gemäß welchem die Wohnungen von jüdischen Menschen zusammengelegt werden müssen, wodurch ohnedies der Wohnungsmangel noch mehr verstärkt wird; jüdische Häuser gibt es immer weniger und daher ist diese Frage, die natürlich auch für uns entsprechende Sorge bereitet, fast zu einer Unmöglichkeit geworden, auch nur in einer annähernd befriedigenden Weise gelöst zu werden. Und dennoch muß es sein! 

Ihr Mann schrieb im selben Brief bezüglich ihrer Auswanderungspläne: „wenn wir anstatt No. 44 000 für Amerika eine Nummer von 10 – 15 000 besitzen würden und es würde uns eine Bürgschaft für England gestellt, so würden wir alsbald dorthin ausreisen können, wo es von Deutschen und Düsseldorfer Menschen “wimmelt“, während wir hier in Düsseldorf weder in der Innenstadt, noch im Grafenberger Wald, etc. überhaupt noch irgendeinem jüdischen Menschen begegnen; in Holland ist es ähnlich so ! Aber was ist da zu machen ?!“.

Nach Beginn des Zweiten Weltkrieges nahmen die antijüdischen Maßnahmen zu. Als Mitglied des Vorstandes der jüdischen Gemeinde Düsseldorf musste Ediths Mann die Anweisungen der Nationalsozialisten an die Gemeindemitglieder weitergeben. Nachdem in Düsseldorf im Oktober 1941 die ersten Deportationen von Jüdinnen und Juden begannen, wuchs die Sorge bei Edith und Siegfried Falk. Wenig später, Im Dezember 1941 sollten auch sie deportiert werden. Daraufhin entschieden sich Edith Falk und ihr Mann mithilfe einer Überdosis an Schlaftabletten ihr Leben zu beenden. Das Ehepaar wurde danach in ihrer Wohnung gefunden und in das Theresienhospital in die Altstadt gebracht. Die Ärzte kämpfen jedoch vergeblich um das Leben des Ehepaars. Ihr Mann Siegfried Falk verstarb am Morgen des 5. Dezembers 1941 und Edith Falk am 9. Dezember 1941.

Autorin: Maren Marohn, Förderkreis der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf e.V.