Gedenkbuch

Sommer, Moritz

Am 19. Juni 1872 wurde Moritz Sommer in Lentholt, einem Weiler, der zu Schwanenberg, einem Stadtteil von Erkelenz im Kreis Heinsberg, gehört geboren. In erster Ehe war er seit Juni 1901 verheiratet mit Bertha Wallach. Die beiden bekamen eine gemeinsame Tochter: Else wurde am 2. Februar 1902 in Essen geboren.

Später lebte die Familie in Düsseldorf. Moritz Sommer arbeitete als Installateur und Klempner. Die Ehe mit Bertha Wallach wurde geschieden und Moritz Sommer heiratete Minna Mann. Beide Frauen verstarben im Jahr 1943.

Für die Nationalsozialisten galt Moritz Sommer als „Halbjude“. Bis 1942 wohnte Moritz Sommer in einer Wohnung unter dem Dach in der Linienstraße 19. Im gleichen Haus betrieb der 1877 in Düsseldorf geborene Heinrich Rondi eine Gastwirtschaft. Rondi und Sommer freundeten sich an. Rondi war eine imposante Persönlichkeit: In jüngeren Jahren war er Welt- und Europameister sowie Olympiasieger im Ringen, Gewichtheben und Tauziehen gewesen. Als während des Novemberpogroms 1938 SA-Leute Sommers Wohnung stürmen wollten, stellte sich ihnen Heinrich Rondi in den Weg. Der SA-Trupp war daraufhin so eingeschüchtert, dass er unverrichteter Dinge wieder abzog. Bei drohenden späteren „Besuchen“ von Nationalsozialisten, warnte Heinrich Rondi seinen Freund mit einem verabredeten Zeichen. Moritz Sommer konnte jedes Mal rechtzeitig über die Dächer fliehen. 

Bis 1942 sorgten Rondi und weitere Nachbarn dafür, dass Moritz Sommer in der Dachgeschosswohnung bleiben konnte. Dann begannen die Deportationen jüdischer Bürgerinnen und Bürger und Moritz Sommer wusste nicht, ob auch er nun aktiv gefährdet sei. Sicherheitshalber wurde von seinen Freunden für ihn ein Versteck in einer Kleingartenanlage in Oberbilk eingerichtet – Moritz Sommer schien gerettet – bis zum April 1945: Am 14. April 1945 wurde Moritz Sommer von der Heeresstreife August Kaiser in Düsseldorf entdeckt und zunächst schwer misshandelt. Er wurde von Hauptmann Kaiser und Feldwebel Adolf Stender jedoch nicht als „Halbjude“ aufgegriffen, sondern der Vorwurf lautete, er habe Deserteuren Zivilkleidung und Lebensmittel zur Verfügung gestellt.

Sie erhängten Moritz Sommer am 15. April 1945 auf dem Oberbilker Markt. Zur Abschreckung der Zivilbevölkerung hängten ihm seine Mörder ein Schild um den Hals auf dem stand: „Ich bin ein Volksverräter“.

Die beiden Haupttäter der Heeresstreife wurden wegen Mordes beziehungsweise wegen Beihilfe letztlich zu je fünf Jahren Zuchthaus verurteilt.

Autorin: Hildegard Jakobs, Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf