Gedenkbuch

Paradies, Johanna

geb. Windmüller

Johanna Windmüller kam am 13. August 1887 in Schlitz im Vogelbergkreis als Tochter von Moses und Sara Windmüller, geborene Wahlhaus, zur Welt. Sie hatte noch fünf Geschwister: Franziska (1879-1942), Frieda (1882-1942), Julius (1883-1941), Selmar (1890-1960) und Salomon Ludwig Windmüller (geboren 1892). Das erste Kind ihrer Eltern war 1878 wenige Monate nach der Geburt verstorben. Ihre Brüder führten das 1878 gegründete Geschäft ihres Vaters, Spezerei-, Spirituosen und Viehhandel, als „Gebrüder Windmüller“ weiter. Die Firma existierte bis 1939, letzter Inhaber war ihr Bruder Julius Windmüller. Am 27. August 1916 verstarb ihr Vater Moses Windmüller im Alter von 68 Jahren. Ihre Mutter Sara Windmüller folgte ihrem Ehemann am 7. Juni 1919. Beide wurden auf dem jüdischen Friedhof in Schlitz begraben.

Am 28. Dezember 1922 heiratete Johanna Windmüller in Schlitz den Elektriker Albert Paradies. Ihr Mann war am 21. November 1879 in Cappel (Lippe) geboren worden. Er hatte eine Ausbildung als Mechaniker absolviert und später arbeitete er als Elektrotechniker und Elektriker. Ihr Mann war in erster Ehe mit Frieda Cohen (1889-1922) verheiratet gewesen. Bei der Geburt der Tochter Hanna am 8. Januar 1922 kam es vermutlich zu Komplikationen. Vier Tage später verstarb Frieda Paradies im Alter von 34 Jahren.

Johanna und Albert Paradies wohnten nun in Düsseldorf. Am 8. April 1924 wurde die (zweite) Tochter Sella Helga Paradies geboren. In der NS-Zeit besuchte ihre Tochter Sella die 1935 gegründete jüdische Volksschule in der Kasernenstraße. Ein Klassenfoto mit ihr hat sich erhalten und befindet sich heute im Archiv der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf. Auch Zeichnungen von Sella aus dem Kunstunterricht bei Julo Levin haben sich erhalten.

Zu Beginn des Jahres 1939 wohnte Johanna Paradies mit seiner Familie noch in der Millrather Straße 10. Das Haus gehörte zu einer Landhaussiedlung des Gemeinnützigen Bauvereins in Düsseldorf-Wersten. Vermutlich hat die Familie aber nach den Ereignissen des Pogroms im November 1938 die Kündigung bekommen. Am 8. Februar 1939 zog Johanna Paradies mit ihrem Mann und den Töchtern in das Haus der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf in der Grafenberger Allee 78. Am 24. März 1939 konnte sich von dort die Tochter Hanna nach Palästina abmelden.

Im Juli 1939 war Johanna Paradies einige Zeit bei der Familie ihrer Schwester Franziska Kornblum in Rathenow in Brandenburg. Ein Sohn ihrer Schwester war zu diesem Zeitpunkt bereits nach Palästina emigriert. In einem Brief an Günther vom 24. Juli 1939 schrieb auch Johanna Paradies einige Zeilen: „Ich freue mich, auch einmal ein paar Zeilen beifügen zu können. (…) Ich bin bald 14 Tage hier bei Deinen lieben Eltern und gefällt es mir sehr gut hier. (…) Sella war auch einige Tage hier, sie kam von Blankenese, wo es ihr sehr gut gefallen hat. Sie ist für Palästina bestätigt, leider sind die Aussichten sehr trübe. Schreibe uns auch einmal nach Düsseldorf, Grafenberger Allee 78, wir werden uns sehr freuen und prompt antworten.“
Und in einem Brief vom 2. August 1939 berichtete ihre Schwester Franziska Kornblum ihrem Sohn nach Palästina: „Tante Johanna ist jetzt in Berlin, kommt aber noch mal [nach Rathenow] zurück, sie hat eine sehr schwere Operation durchgemacht, und sie hat so mit den Füßen zu tun, dieselben sind immer geschwollen, ich habe sie massiert und Umschläge gemacht.“
Nach ihrer Rückkehr nach Düsseldorf erfolgte ein weiterer Umzug der Familie. Am 5. Dezember 1939 zog Johanna Paradies mit ihrem Mann und der jüngeren Tochter Sella in die Adersstraße 8. Im August 1940 meldete sich ihr Mann Albert Paradies von der Düsseldorfer Adresse Adersstraße 8 für einige Tage zu Verwandten nach Detmold ab. Die dortige Adresse war Hornsche Straße 33. Dort wohnte Johannas Schwägerin Paula Paradies seit 1939.

Am 10. November 1941 wurde Johanna Paradies mit ihrem Mann Albert und der Tochter Sella Helga von Düsseldorf in das Ghetto Minsk deportiert. Sie haben nicht überlebt.

Autorin: Hildegard Jakobs, Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf