Liebermann, Philippine
geb. BöhmAm 7. Juni 1880 kam Philippine Böhm als Tochter von Max und Rosalie Böhm, geborene Loewy, in Gardawitz zur Welt. Der Ort lag im damaligen Oberschlesien im Regierungsbezirk Oppeln. Seit 1922 war das Gebiet polnisch. Philippine hatte sieben Geschwister: Maria (1875-1942), Jenny (1876-1941), Salomon Salo (1877-1942), Rudolf (1878-1881), Selma (1882-1957), Amalie (1884-1946), Josef (1886-1937) und Siegfried (1889-1941).
Um die Jahrhundertwende wohnte Philippine Böhm (mit ihren Eltern) in Bochum. Am 22. April 1906 verlobte sie sich mit dem Kaufmann Max Moritz Liebermann, der zu dieser Zeit in Herne wohnte. Er stammte aus Gorzen (heute Gorzyn, Polen), wo er am 13. Juni 1879 geboren worden war. Ihr Mann unterhielt einen Großhandel für Textilwaren. Nach der Verlobung übernahm ihr Ehemann die Filiale der Firma ihrer Brüder, Warenhaus Gebrüder Böhm in Bochum. Er führte nun das Warenhaus „Gebrüder Böhm, Inhaber Max Liebermann“ in Herne in der Bahnhofstraße 37. Am 10. September 1906 heirateten die beiden. Am 14. Juli 1907 kam in Hörde bei Dortmund ihr einziges Kind. Sie nannten es Hertha Cecilie. Im Juli 1907 verkaufte ihr Mann das Warenhaus und orientierten sich nach Düsseldorf, wo Max Liebermann schon vor der Jahrhundertwende gewohnt hatte. Philippine Liebermann wohnte mit ihrer Familie in der Konkordiastraße 63 in einer Wohnung in der ersten Etage. Ihr Mann unterhielt ein Weiß- und Wollwarengeschäft in der Bilker Allee 19. Am 9. November 1913 verstarb ihre Mutter Rosalie Böhm in Bochum. Im September 1917 inserierte Philippine Liebermann im Düsseldorfer Generalanzeiger: „Ordentliches sauberes Mädchen für sämtliche Hausarbeit für kleinen Haushalt (3 Personen) zum 15.9. gesucht. Fr. Liebermann, Konkordiastraße 63, 1. Stock“.
Ihr Vater zog am 5. Januar 1925 nach Düsseldorf, wo neben Philippine auch ihre Schwester Selma mit ihrem Mann Hermann Meyer lebte. Er bezog eine Wohnung in ihrer unmittelbaren Nähe in der Konkordiastraße 59. Am 19. April 1925 verstarb ihr Vater Max Böhm in Düsseldorf. Am 15. Oktober 1931 heiratete ihre Tochter den Schuhmacher Elias Zanker und zog aus der elterlichen Wohnung aus. Im Jahr 1932 kam ihr Mann mit seiner Firma in finanzielle Schwierigkeiten. Möglicherweise war der Grund in den Folgen der Weltwirtschaftskrise zu suchen. Gleichzeitig zog Philippine Liebermann mit ihrem Ehemann um. Sie wohnten nun in der Wupperstraße 25.
Am 8. März 1935 wurde in Düsseldorf ihre Enkeltochter Eva geboren. Ihr Enkelsohn Klaus kam am 20. März 1936 zur Welt. Seit dem 6. Oktober 1938 wohnte Philippine Liebermann mit ihrem Ehemann in der Adersstraße 46. Im Zuge des Pogroms wurde ihr Ehemann am 10. November 1938 verhaftet und mit anderen jüdischen Männern in das Polizeipräsidium gebracht. Dort war er bis zum 22. November 1938 inhaftiert. Vermutlich war ihre Wohnung im Zuge des Überfalls zerstört worden oder sie hatten die Kündigung ihres Vermieters erhalten. Denn am 3. Dezember 1938 erfolgte der nächste Umzug: das Ehepaar zog in die Hüttenstraße 18. Dort wohnte seit einem Jahr ihre Tochter mit ihrem Ehemann Elias Zanker und den beiden Kindern. Am 20. März 1939 meldete sich ihre Tochter mit der Familie nach Großbritannien ab. Ob auch Philippine Liebermann und ihr Ehemann eine Emigration planten ist leider nicht bekannt. Am 21. August 1939 zog Philippines Schwester Selma Meyer für einige Tage zu ihnen in das Haus in der Hüttenstraße. Selmas Mann Hermann Meyer war im Jahr 1936 in Düsseldorf verstorben. Am 26. August 1939 emigrierte sie dann ebenfalls nach Großbritannien.
In der Folgezeit blieben Philippine Liebermann und ihr Mann neben dem Schneider Isidor Frank die einzigen jüdischen Mieter im Haus. Am 11. November 1941 wurde Philippine Liebermann mit ihrem Ehemann vom Güterbahnhof Düsseldorf-Derendorf in das Ghetto Minsk deportiert. Sie haben nicht überlebt.
Eine letzte Spur von ihnen findet sich in der Korrespondenz ihres Verwandten Joel Julius Liebermann. Er lebte mit seiner Frau Jente zuletzt in Düsseldorf in der Schillerstraße 25. Am 2. Mai 1942 schrieben sie an Verwandte in Berlin: „Onkel Max Liebermann nebst Tante mussten im November 41 schon den Wohnsitz wechseln. Wir hören nichts, da kein Postverkehr stattfindet.“